// aufgelesen vol. 55 – „interessant, nicht?“

mit Büchern von Christoph Dreher, Florian Weber, Dirk Stermann, Gerhard Henschel, Klaus Modik und Matthias Bischoff. // Wirklich empfehlenswert für jeden TV-Serien Fan ist das im „merz & solitude“-Verlag erschienen Werk „Autorenserien – Die Neuerfindung des Fernsehens“, das auf der ambitionierten „REMEDIATE!“-Reihe in Stuttgart basiert, die dort vor zwei Jahren an der Merz-Akademie über die […]

mit Büchern von Christoph Dreher, Florian Weber, Dirk Stermann, Gerhard Henschel, Klaus Modik und Matthias Bischoff.

autorenserien// Wirklich empfehlenswert für jeden TV-Serien Fan ist das im „merz & solitude“-Verlag erschienen Werk „Autorenserien – Die Neuerfindung des Fernsehens“, das auf der ambitionierten „REMEDIATE!“-Reihe in Stuttgart basiert, die dort vor zwei Jahren an der Merz-Akademie über die Bühne ging. Das Werk von Herausgeber Christoph Dreher setzt sich unter wissenschaftlichen Aspekten mit den so genannten „Autorenserien“ auseinander – darunter fallen so renommierte Reihen wie Breaking Bad, The Sopranos oder Deadwood, die allesamt mit einer übergeordneten Rahmenhandlung punkten können und hier dementsprechend intensiv unter die Lupe genommen werden.

Die Beiträge im Buch stammen unter anderem von Diedrich Diedrichsen, der ja bereits für die „Booklet“-Reihe aus dem Hause „diaphanes“ in die Tasten griff. Darüber hinaus geben sich der Filmemacher Christoph Dreher und der angesehene Serienautor Ted Mann (der unter anderem an den Reihen „Deadwood“ und dem hierzulande leider weitestgehend und nur als Import erhältlichen „John From Cincinatti“ mitwirkte) die Klinke in die Hand und versuchen dem Leser (in deutscher und englischer Sprache)ein Bild ihrer Arbeit am Set zu vermitteln. In einer dermaßen vielschichtigen und tiefgründigen Weise wird man derzeit nur selten über die Welt der zeitgenössischen Qualitäts-TV-Serien informiert. Ein Magazin wie „torrent“ oder die „booklet“-Reihe bieten da zwar interessante Ansätze, aber wenn man bedenkt, dass TV-Reihen wie die „Sopranos“, „Big Love“ oder „The Wire“ die meisten aktuellen Hollywood-Produktionen ziemlich alt aussehen lassen, erscheint einem das doch ziemlich dürftig, was hierzulande an interessantem, literarischen Begleitmaterial auf den Markt kommt. Umso mehr freut uns diese Veröffentlichung von Christoph Dreher, die hoffentlich einige Menschen dazu anregen wird, sich intensiv mit der einen oder anderen Reihe auseinander zu setzen. Wer darüber hinaus die eingangs erwähnten Serien bereits durch hat und noch nach aktuellem Nachschub sucht, sei bei dieser Gelegenheit außerdem noch an die Reihen „Homeland“, „Boss“, „Damages“ und „Continuum“ verwiesen, die allesamt sehr empfehlenswert sind.

florian-weber// Wenn Musiker sich als Schriftsteller versuchen, dann sollte man auf der Hut sein. Nicht jeder begnadete Songschreiber hat auch gleichzeitig ein Händchen für Literatur. Florian Weber von den Sportfreunden Sziller wiederum gelingt in seinem Roman etwas Bemerkenswertes. Er hat eine Art Puzzle in Buchform veröffentlicht. Das Buch ist darüber hinaus mit einer gehörigen Portion an Illustrationen von Kai Büschl durchsetzt, welche die Handlung sehr gut ergänzen. Selbige wiederum ist nicht unbedingt einfach zu umreißen. Man möchte ja schließlich noch nicht zu viel verraten. Soviel aber sei schon einmal gesagt. Am Ende ergibt alles irgendwie Sinn. Auch wenn man vorher ganz gehörig an der Nase herumgeführt wird. 1943 jedenfalls lernen wir Ignaz Buchmann kennen, der nicht nur Märchenerzähler, sondern auch Deserteur ist. Er befindet sich gerade auf der Flucht, als er im Ghetto von Warschau landet. Knapp fünfzig Jahre später erscheint dann August Lochner auf der Bildfläche. Er ist selbst Märchenfan und sucht seinen Großvater. Vor allem aber drängt sich im Laufe des Buches immer wieder eine Frage auf: Was hat es mit dem so genannten „Buchmanneid“ auf sich? Weber entwirft hier seine eigene Version eines Märchens, was er bereits mit seinem Buchtitel „Grimms Erben“ andeutet. Darüber hinaus ist das Buch gespickt mit zahlreichen Seitenhieben auf die große, weite Märchenwelt. Ob es mit seiner komplexen Geschichte auch beim Publikum punkten kann, muss sich zwar erst noch herausstellen. Verdient hätte es das Buch aber auf jeden Fall – schon allein wegen der imposanten Aufmachung, die im Hause „Walde + Graf“ inzwischen fast schon so etwas wie Ehrensache ist.

stermann// Unter dem Namen „6 Österreicher unter den ersten 5“ ist bereits im vergangenen Jahr ein ausgesprochen witziger Roman erschienen, den wir euch heute nochmal innig ans Herz legen möchten. Das Buch stammt von dem Duisburger Autoren Dirk Stermann, der seit 1987 in Wien lebt und zu den bekanntesten TV-Moderatoren Österreichs zählt. Gleich zu Beginn des Werkes stellt sich die berechtigte Frage, ob es klug ist, als Deutscher ein Buch über Österreicher zu schreiben. Im Falle Stermanns muss man eindeutig sagen: ja! Gerade deshalb, weil er die Menschen um sich herum so intensiv auf ihre Vorlieben, Wünsche und Beweggründe abklopft, gelingt ihm ein nahezu bemerkenswertes Portrait einer Gesellschaft, das sogar den nimmermüden Heinz Strunk dazu veranlasste, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Im Rahmen seines Buches trifft er auf Exildeutsche und zieht mit besoffenen Journalistinnen durch die Straßen Wiens. Sein Werk ist dabei nicht nur eine gelungene Liebeserklärung an das Land, in welchem er lebt, sondern auch ein buntes Sammelsurium an grotesken Momenten und aberwitzigen Ereignissen. Dirk Stermann kommt seinen Figuren so nahe, wie irgend möglich und zaubert seinen Lesern dadurch immer wieder ein breites Grinsen ins Gesicht. Wer also auf aberwitzige Geschichten über die absurdesten Momente des Lebens steht, sollte unbedingt mal reinlesen. Es lohnt sich.

henschel// Das Leben von Martin Schlosser wurde schon im Rahmen diverser Geschichten aus der Feder von Gerhard Henschel treffsicher ausgeleuchtet. Nun macht sich der Autor daran, nach dem „Kindheitsroman, dem „Jugendroman“ und dem „Liebesroman“ ein weiteres Kapitel zu den Verirrungen und Verwirrungen seines Protagonisten hinzuzufügen. „Abenteuerroman“ nennt sich das vierte Werk des Autors. Darin flieht Martin Schlosser aus Meppen. Vorher allerdings gilt es noch die Abi-Prüfungen runter zu reißen und das nötige Kleingeld zusammen zu kratzen. Gerhard Henschel begreift seinen Roman dabei als eine Art Fluchtversuch. Der nervige Alltag wird zur Last, die es zu überwinden gilt, um sich endlich voll und ganz den Abenteuern des Lebens stellen zu können. In seinem Buch entführt er die Leser in die 80er Jahre. Zwischen der „Neuen Deutschen Welle“ und „Anti-Atomkraft-Aktionen“ sucht ein junger Mann seinen Platz im Leben. Er muss sich zwischen Wehr- und Zivildienst entscheiden und nebenbei auch noch seine Experimentierfreude hinsichtlich bewusstseinserweiternder Stimulanzien unter Verschluss halten. Außerdem gibt’s da ja noch Heike. Die große Liebe des Protagonisten, der sich auf einmal immer wieder mit dem Ernst des Lebens konfrontiert sieht. Henschel widmet sich seinem Helden mit einer gehörigen Portion an Einfühlungsvermögen und schreckt auch nicht davor zurück, zahlreiche Nebenschauplätze zu eröffnen. All das aber sorgt für eine gehörige Portion an Abwechslung und verschafft einem als Leser das Gefühl, gerade mittendrin zu sein im Sturm der Ereignisse. Wer auf ebenso witzige wie glaubwürdige Coming of Age-Unterhaltung steht, der sollte mal reinschauen. So einen „Abenteuerroman“ bekommt man nicht alle Tage um die Ohren gehauen.

beatles// Beatles-Fans kommen in der Zwischenzeit bei der Kurzgeschichtensammlung „We´d Love To Turn You On“ auf ihre Kosten. Das Buch von Klaus Modik und Matthias Bischoff soll „eine Liebeserklärung an die Beatles“ sein und versetzt einen als Leser zurück in die 60er Jahre. Niemand Geringeres als Frank Goosen und Elke Heidenreich haben sich im Rahmen des Werkes mit ihrer Faszination für das Phänomen namens „The Beatles“ auseinander gesetzt. Sie sorgen mit ihren Beiträgen für nostalgische Gefühle beim Leser und präsentieren ihre jeweils ganz persönliche Sichtweise auf die Band. Natürlich sind die einzelnen Autoren, welche an diesem Buch beteiligt waren, selbst Fans der Jungs und machen im Großen und Ganzen keinen Hehl daraus, dass die Beatles einen großen Einfluss auf ihr eigenes Leben hatten. Kritische Stimmen sucht man deshalb auch weitestgehend vergebens – was im Rahmen einer „Liebeserklärung“ natürlich auch nicht zu erwarten gewesen ist. Den Machern geht es einzig und allein darum dieser so einflussreichen Band zu huldigen, welche mit ihren Songs noch heute die Massen in Verzückung versetzt. Verdient haben es die Beatles allemal: schließlich gibt es bis heute keine andere Band, die sowohl beim Radiohörer, wie auch in Musikliebhaber-Kreisen auf solch hemmungslose Zuneigung stößt. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.