// zuckerbeat vol. (3)09 – nothing arrived

mit neuer Musik von Villagers, Jenn Grant, Jill Barber, Patrick Richardt, bergen, Schorsch Kamerun, Cr7z und Flexis. // Die Gruppe Villagers wird gerade von allen Seiten mit Lobeshymnen überhäuft. In einem solchen Fall sollte man als Hörer normalerweise erst einmal vorsichtig sein, doch siehe da: die aktuelle Scheibe der Gruppe um Mastermin Conor O´Brien hält, […]

mit neuer Musik von Villagers, Jenn Grant, Jill Barber, Patrick Richardt, bergen, Schorsch Kamerun, Cr7z und Flexis.

villagers// Die Gruppe Villagers wird gerade von allen Seiten mit Lobeshymnen überhäuft. In einem solchen Fall sollte man als Hörer normalerweise erst einmal vorsichtig sein, doch siehe da: die aktuelle Scheibe der Gruppe um Mastermin Conor O´Brien hält, was sie verspricht. Mit „{Awayland}“ dürften all jene warm werden, die sich schon vor Jahren von Bright Eyes abgewendet haben, weil ihnen die Gruppe zu sehr in Richtung Popmusik schielte. Die Villagers haben mit „Nothing Arrived“ zwar auch einen echten Schmachtfetzen im Gepäck, der ihnen eine Menge Aufmerksamkeit bescheren sollte, darüber hinaus aber lässt sich ihre Musik nur selten in ein gängiges Format quetschen. Im Grenzgebiet von Folk und Pop sucht sich die Band stattdessen ihre eigene Nische und bringt einen mit dem überbordenden „Earthly Pleasure“ oder dem zärtlichen Opener „My Lighthouse“ immer wieder aufs Neue um den Verstand. Wer schon seit Langem mal wieder ein „Liedermacher“-Album hören wollte, das nicht schon nach fünf Liedern langweilig wird, der wird von dieser Platte hier positiv überrascht sein.

jenn-grant// Jenn Grant zählt derzeit zu den gefragtesten Künstlern der inzwischen wieder konkurenzfähigen Americana-Bewegung. Auf ihrem neuen Album „The Beautiful Wild“ verzaubert einen die 32jährige Liedermacherin mit schnörkellosen Folk-Pop-Perlen, die man noch Studnen später im Ohr hat. Allein das wunderbare „The Fighter“ ist das Eintrittsgeld wert und sorgt dafür, dass man schon nach wenigen Sekunden alle Vorbehalte gegen diese Art von Musik ablegt. Jenn Grant hat ihre Hausaufgaben gemacht: Sie hat bereits im Vorprogramm von so illustren Acts wie den Weakerthans oder Great Lake Swimmers gespielt und sich mit ihren Debütalbum „Orchestra For The Moon“ einen Namen gemacht. Nun aber scheint es an der Zeit für den großen Sprung: denn „The Beautiful Wild“ hat alles, was ein Hit-Album braucht. Mehr Lagerfauer-Hymnen wird man so schnell nicht wieder auf einem Album versammelt finden. Also kommt schon… „I´ve Got Your Fire, I´ve Got Your Fire, I´ve Got Your Fire…”

jill-barber// Die kanadische Liedermacherin Jill Barber sehnt sich nun schon seit über 10 Jahren in die 50er zurück. Auch auf ihrem neuen Album „Mischievous Moon“ blickt sie mit hochgesteckter Frisur in Richtung Hörer und verzaubert ihn anschließend mit jazzigen Pop-Melodien. Barber schreibt Songs, an denen sich auch Kolleginnen wie Norah Jones und Konsorten ein Beispiel nehmen könnten. Jedenfalls kommt man aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus, bis der letzte Ton dieses Werkes verklungen ist. Songs wie „Oh My My“ sind wie geschaffen, um dazu im eleganten Look über die Tanzfläche eines örtlichen Tanzcafés zu schweben. Wer auf jazzig-angehauchten Retro-Pop steht, der sollte mal einen Durchlauf riskieren.

patrick-richardt// Der sicherlich hoffnungsvollste Newcomer aus hiesigen Gefilden, hört derzeit auf den Namen Patrick Richardt. Weil jetzt auch noch die Label-Vertreter vom „Grand Hotel van Cleef“ auf ihn aufmerksam geworden sind, kann man seine tollen Songs inzwischen nicht nur im Live-Kontext abfeiern, sondern sich auch sein packendes Debüt-Album „So, wie nach Kriegen“ mit nach Hause nehmen. Darauf finden sich 13 schmissige Songs, die sich auf dem schmalen Grad zwischen Kettcar, Gisbert zu Knyphausen und den Ton Steine Scherben bewegen, ohne dabei ins Schwanken zu geraten. Es ist schon bemerkenswert, wie der Musiker hier sein Herz vor den Augen (pardon: Ohren) des Hörers auskotzt. Da kommt derzeit in Sachen Lyrics höchstens noch Spaceman Spiff hinterher. Also mehr davon, bitte.

bergen// Hinterher kann man dann gleich mit den Kollegen von bergen weitermachen. Die konzentrieren sich auf ihrem neuen Album „Bärenmann“ darauf, schmissige Pop-Songs in große Kunst zu verwandeln. Schöne Erinnerungen an Anajo werden ebenso wach wie an die Kollegen von Element Of Crime. bergen aber gießen all ihre Einflüsse in ein formvollendetes Ganzes und so klebt man an ihren Lippen, bis einen dieses bezaubernde Werk nach nur acht Songs in die dunkle Nacht entlässt – letztlich allein lässt, mit dem Gefühl, gerade etwas ganz besonderem beigewohnt zu haben. Oder sag mal: „Wie ist das bei dir?“

schorsch// Texte aus dem Theater auf einen Silberling zu überführen, ist ein ambitioniertes Unterfangen. Noch dazu, wenn man sich, wie Schorsch Kamerun, dazu entschlossen hat, das Ganze auch noch musikalisch zu unterfüttern. So ist sein neues Werk „Der Mensch lässt nach“ über die volle Distanz mehr Statement als Musik. Die Texte strotzen nur so vor abgedrehten Passagen und bewegen sich auf dem schmalen Grad zwischen Kopfkino und Alltäglichem. Schorsch Kamerun pflanzt sich mit seinem neuen Werk einfach zwischen alle Stühle und knallt seinen Hörern einen großen Haufen kompromoissloser Tracks vor den Latz. Stellt sich am Ende eigentlich nur noch die rhetorische Frage? Wer bitteschön hätte etwas anderes erwartet?

cr7z// Die Musik von Cr7z hat Soul. Deshalb hat der Rapper auch sein Album danach benannt. Auf „An7ma“ (was soviel heißt wie Seele) finden sich 15 digital-beschwörende Rap-Tracks mit nachdenklichen Lyrics, die sich bisweilen erst nach dem x-ten Durchlauf erschließen. Der Musiker konnt für dieses Album sogar den altehrwürdigen Jamer$on von „Feinkost Paranoia“ zu einem Gastbeitrag bewegen, wobei seine Musik eigentlich überhaupt kein Name-Dropping braucht. Denn Cr7z ist immer dann am Besten, wenn er aus seinem eigenen Leben erzählt. Dass es dabei manchmal etwas düster zugeht, ist nicht weiter schlimm: stattdessen stechen positive Tracks, wie das wunderbare „You“ umso mehr heraus. Wer sich die Zeit nimmt, sich auf diese Platte einzulassen, wird mit einem nachhaltigen Rap-Werk belohnt, das in den nächsten Monaten immer wieder das heimische Soundsystem fluten dürfte.

flexis// Mehr auf die Kacke gehauen wird in der Zwischenzeit von Flexis, der auf „Egotrips“ einfach mal macht, was ihm gefällt. Dazu hat er sich neben Amewu und Mach One auch die Kollegen von K.I.Z. ins Studio eingeladen und steht deren dreisten Lyrics in keiner Weise nach. Hier trifft Irrsinn auf gut verpackte Sozialkritik und so bleibt einem auch immer wieder das Lachen im Halse stecken. Wer auf zeitgenössischen Rap mit frecher Schnauze steht, kommt an dieser Scheibe nicht vorbei. Also worauf wartet ihr noch: folgt eurem „Bauchgefühl“ und feiert den Scheiß. Es lohnt sich. Und damit Schluss füre heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.