// zuckerbeat vol. (3)41 – „chancenverwertung“

mit neuer Musik von The Polyphonic Spree, Chvrches, Prezident, Tone, DCVDNS, Jackson Scott, Rah Rah und Tamikrest. // Dass es hierzulande immer noch nicht geklappt hat mit dem großen Durchbruch für ein Kollektiv namens The Polyphonic Spree ist eigentlich kaum zu glauben. Die Band schüttelt in regelmäßigen Abständen himmelhochjauchzende Hymnen im Grenzgebiet von Portugal, The […]

mit neuer Musik von The Polyphonic Spree, Chvrches, Prezident, Tone, DCVDNS, Jackson Scott, Rah Rah und Tamikrest.

polyphonic// Dass es hierzulande immer noch nicht geklappt hat mit dem großen Durchbruch für ein Kollektiv namens The Polyphonic Spree ist eigentlich kaum zu glauben. Die Band schüttelt in regelmäßigen Abständen himmelhochjauchzende Hymnen im Grenzgebiet von Portugal, The Man und diversen Gospelchören aus dem Ärmel und steigert sich von Album zu Album hin zu neuen Höhenflügen. Auf der vierten Scheibe namens „Yes, It´s True“ finden sich (hübsch durchnummeriert) die Kapitel 33 bis 43 das bandeigenen Schaffens und mit „Hold Yourself Up“ und „Popular By Design“ sind auch mal wieder ein paar poppige Kracher für den Tanzboden am Start. Es ist überhaupt bemerkenswert, wie dieses riesige Kollektiv es schafft, all die verschiedenen Instrumente und Stimmen unter einen Hut zu kriegen, ohne dass die Musik irgendwie überladen klingen würde. So jedenfalls dürfen wir uns auch auf dem vierten Werk wieder über zahlreiche, gospel-lastige Alternative-Hymnen mit zuckersüßen Refrains freuen. Und hoffen, dass die Band demnächst auch mal wieder bei uns in Deutschland vorbei schaut.

chvrches// Und ja, manchmal schon unglaublich, wie eine Band aus dem nichts in die Herzen der Indie-Rock-Gemeinde hechtet, ohne dass man anfangs auch nur am geringsten damit gerechnet hätte. Chvrches aber treffen mit ihrer Musik genau den Zeitgeist und haben mit ihren Singles „Recover“ und „The Mothers We Share“ auch schon ein breites Publikum von sich überzeugt. So stand erstgenannte nicht nur auf Platz 1 des renommierten Online-Portals „HypeMachine“, die Band heimste auch den 5. Platz bei der „BBC Soundpoll Shortlist“ des Jahres 2013 ein. Keine Frage also: Die Elektro-Popper um Lauren Mayberry, Iain Cook und Martin Doherty gehört zu den Newcomern des Jahres und mit „The Bones Of What You Believe“ haben sie ein dermaßen mitreißendes Debüt vorgelegt, dass man schon nach wenigen Sekunden den heimischen Parkettboden in eine Tanzfläche umfunktioniert. Wenn du also auf melodischen Synthie-Pop mit schrägen Zwischentönen stehst, schnupper mal rein.

prezident// Wir möchten heute mal die Chance ergreifen euch auf einen wirklich begnadeten Künstler hinzuweisen, der seit acht Jahren immer wieder illustre Mixtapes über die Homepage whiskeyrap.de zum freien Download anbietet. Prezident ist der wohl best gehütete Geheimtipp der hiesigen Rap-Szene und dürfte all jene glücklich machen, die sich an hintersinnigen Wortspielen erfreuen. Nun legt er nach zahllosen Mixtapes sein erstes reguläres Album „Kunst ist eine besitzergreifende Geliebte“ vor und dürfte damit einen Großteil der hiesigen Szene in die Schranken verweisen. „Ohne großes Vorgeplänkel, sturer Loop, monotones Sample, ne Snare die zwiebelt wien Schlag auf den Oberschenkel“ legt er im Opener „Shub-Niggurath“ los und macht sich anschließend gar nicht erst die Mühe allzuviel „Zeit für nen Refrain (zu) verschwenden“. Bei Prezident wird deutscher Rap aufs Wesentliche reduziert und so werden „Raop“-Fans wahrscheinlich schon nach wenigen Minuten kopfschüttelnd abwinken. All jene, die sich allerdings über doppelbödige Punchlines freuen Schrägstrich auf Rap in puristischer Form stehen, werden diese „besitzergreifende Geliebte“ schon nach zehn Sätzen ganz tief ins Herz schließen.

tone// Der Franfukrter Rapper Tone zählt schon seit Jahren zu den wegweisenden Figuren im deutschen Rapgeschäft. In den vergangenen drei Jahrezehnten hat er nicht nur zahllose Fans (auch aus Künstler-Kreisen) um sich versammelt, der begnadetet Künstler macht auch in regelmäßigen Abständen immer wieder mit gekonnten Alben auf sich aufmerksam. Sein neuester Wurf hört auf den Namen „T.O.N.E.“ und ist bestückt mit zahllosen, dahin geschmetterten Krachern, welche die unterschiedlichen Facetten seiner Persönlichkeit ausleuchten. Zusammen mit Magic gibt er in „Tone Time“ die Richtung vor und knallt uns kurz darauf mit „Wahnsinn“ einen Track um die Ohren, der seinen Namen aber mal so richtig verdient hat. Daneben gibt’s einen famosen „Killer“-Track zusammen mit Binita und wer es gerne etwas gefühlsbetonter mag, der kommt in „Nicht ohne dich“ (mit freundlicher Unterstützung von Kollege Chima) auf seine Kosten. Wer auf deutschsprachigen Rap steht und gleichzeitig auf futuristische Sounds abfährt, der kommt bei „T.O.N.E.“ voll auf seinen Kosten. Also schnuppert mal rein.

dcvdns// Wenn jemand von sich selbst behauptet, dass er in „ärmellosen Verhältnissen“ aufgewachsen ist, dann sollte man davon ausgehen, dass auch sein musikalisches Schaffen mit einer gehörigen Portion an Selbtironie gespickt ist. Dominik Christoph alias DCVDNS zieht auf seinem zweiten Album namens „D.W.I.S.“ mal wieder alle Register und dürfte sich damit schon bald in einer Reihe mit den angesagtesten Rapper der Gegenwart wiederfinden. Der „Junge Mann, der einen echten scheiß Namen hat“ (Zitat!) und hin und wieder auch mal als DVDS oder so ähnlich bezeichnet wird, scheint ein Augenzwinkern in seine Songs mit eingebaut zu haben. Los geht’s dementsprechend mit dem „Intro vom Intro“ und ja, „Eigentlich wollte Nate Dogg die Hook singen“. Im weiteren Verlauf folgen hektische Bretter der Marke „German Choppers“, an denen man sich beim Nach-Rappen die Zähne ausbeissen dürfte. Dazu gibt’s jede Menge Feature-Gäste der Marke Genetikk, Morlockk Dilemma und MoTrip, die für eine gehörige Portion an Schubkraft sorgen. Soll heißen: wir feiern den Scheiß. Auch wenn wir keine Ahnung haben, was der Albumtitel jetzt eigentlich bedeutet.

jackson-scott// Wer sich schon lange mal gefragt hat, wie es wohl klingen könnte, wenn die Moldy Peaches zusammen mit Weezer ins Studio gehen würden, der sollte sich mal an das aktuelle Album von Jackson Scott heranwagen. „Melbourne“ klingt wie ein dahingerotzter Lo-Fi-Brocken, der sich von Durchgang zu Durchgang zu einem echten, kleinen Meisterstück mausert. Die Scheibe entstand nicht nur unter dem Eindruck, dass der Künstler unter Umständen nichts wirklich nachhaltiges veröffentlichen könnte, bevor er das Zeitliche segnet, wirkt in diesem Zusammenhang aber dermaßen unmittelbar und direkt, dass man immer wieder von einer Gänsehaut nach der anderen übermannt wird. Jackson Scott hat mit „Melbourne“ zwölf kleine Lo-Fi-Perlen aus dem Ärmel geschüttelt, die man so schnell nicht wieder vergisst. Also lasst euch verzaubern von dieser verschrammelten Scheibe.

rah-rah// Kanadische Bands haben es hierzulande immer ein wenig schwer, breitenwirksame Aufmerksamkeit beim Publikum zu erhaschen. Rah Rah wiederum hätten es wirklich verdient von einer ganzen Menge an Leuten tief ins Herz geschlossen zu werden. Ihr aktuelles Album „The Poet´s Dead“ wurde nicht nur mit zahlreichen Preisen überhäuft, sondern hat mit „Art + A Wife“ auch einen echten Über-Hit im Gepäck, dessen Refrain man noch Stunden später im Ohr hat. Ansonsten dürften Fans von Superchunk über Arcade Fire bis hin zu Bright Eyes viel Gefallen an dieser Power-Pop-Platte finden, die von Gus von Go und Werner F (The Stills) produziert worden ist und jetzt schon zu den absoluten Geheimtipps des Jahres zu zählen ist.

tamikrest// Die Gruppe Tamikrest aus Mali verzückte uns schon auf dem diesjährigen Africa-Festival in Würzburg mit ihren psychedelischen Songs, die sie gekonnt mit weltmusikalischen Passagen vermengen. Nun steht das dritte Album namens „Chatma“ in den Regalen und findet via „Glitterbeat“ auch den Weg in hiesige Gefilde. Die Scheibe klingt wie eine gekonnte Hommage an die schönsten Momenten von Pink Floyd bis Kings Of Leon. Dazu gesellen sich eine ganze Menge Echos, Funk und Art-Rock-Elemente, die auf „Chatma“ formvollendet miteinander verwoben sind. Wenn du also auf hoffnungsvoll stimmende Tuareg-Klänge stehst, schnupper mal rein. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.