// aufgelesen vol. (1)05 – „widerstandsfähige wildblumen“

mit Büchern von Lord Whimsy, Sandy Fawkes, der „Victoria Bar“, Max Kersting und Simon Singh. // In „Die Kunst mit einem Hummer spazieren zu gehen“ finden sich jede Menge Vignetten, Schautafeln und Illustrationen für den gehobenen Exzentriker. Das Buch von Lord Whimsy ist ein gefundenes Fressen für all jene, die dem selbst ernannten „König von […]

mit Büchern von Lord Whimsy, Sandy Fawkes, der „Victoria Bar“, Max Kersting und Simon Singh.

lord-whimsy// In „Die Kunst mit einem Hummer spazieren zu gehen“ finden sich jede Menge Vignetten, Schautafeln und Illustrationen für den gehobenen Exzentriker. Das Buch von Lord Whimsy ist ein gefundenes Fressen für all jene, die dem selbst ernannten „König von Wales“ aus der ganz grandiosen österreichischen TV-Serie „Janus“ nacheifern möchten. Das Werk steckt voller Überraschungen und zeigt einen Protagonisten, der intensiv darauf achtet, dass seine Orchideen- (und auch Motten-)Zucht jeden Tag gut gepflegt aussieht. Er beherrscht darüber hinaus nicht nur die zwölf essentiellen Knoten zum Krawattenbinden, sondern klärt auch über die Gefahren von Freizeit- und Straßenkleidung auf.

„Die Kunst mit einem Hummer spazieren zu gehen“ ist ein durch und durch abgehobenes Werk, das einem bei aller Ernsthaftigkeit immer wieder ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubert. Wenn du also auch schon lange mal wissen wolltest, wie man eigentlich ein Einstecktuch auf 16 verschiedene Arten faltet oder etwas mehr über den Reiz von gut durchtrainierten Hinterteilen wissen möchtest, dann schnupper mal rein. „Die Kunst mit einem Hummer spazieren zu gehen“ ist nicht nur für leibhaftige Dandys interessant, sondern auch für alle, die sich nur zu gerne über Selbige aufregen.

sandy-fawkes// Gleich zwei Bücher zum Thema „Trunkenheit“ erscheinen in diesen Tagen beim Pop-Kultur-Verlag „Metrolit“ und so viel schon einmal vornweg: auf solch kunstvolle Art und Weise wurde sich dem Thema bisher nur selten genähert. In „Ernährungsgrundlagen für den leidenschaftlichen Trinker“ werden in diesem Zusammenhang allerhand Geheimnisse ausgeplaudert, die einem als regelmäßiger Genießer alkoholischer Getränke unter Umständen den Tag retten könnten. In dem Buch wird nicht etwa dazu aufgerufen, das Trinken in Zukunft sein zu lassen, sondern in liebevoller Weise darauf aufmerksam gemacht, warum es sich lohnen kann, auf das Eine oder Andere zu achten, wenn man zum exzessiven Genuss neigt. Der inzwischen leider verstorbenen Londoner Journalistin Sandy Fawkes gelingt hier das seltene Kunststück ein gesellschaftliches Tabu-Thema ohne erhobenen Zeigefinger zu thematisieren und so macht es auch als Nicht-Trinker verdammt viel Spaß ihren Aufzeichnungen zu folgen. victoria-barIm Anschluss kann man sich dann noch an das Buch „Die Schule der Trunkenheit“ heranwagen. In dem Werk, das sich vor allem auf das Treiben in der Victoria Bar unweit des Potsdamer Platzes in Berlin bezieht, kommen neben Geschäftsführer und Barkeeper Stefan Weber auch seine Webbegleiter Beate Hindermann und Goncalo de Sousa de Monteiro zu Wort. Sie wollen Deutschland den Wert von Alkohol als Kulturgut aufzeigen und haben es mit ihrer eigenen Kneipe laut dem britischen Independent in die Liste der 50 besten Bars auf der Welt geschafft. Neben zahlreichen Illustrationen von Angela Dwyer finden sich auch ein Vorwort von Oscar-Preisträger Pepe Danquart und ein Nachwort von Schriftsteller Peter Richter in dem Buch, welche beide äußerst informativ sind. So ist „Die Schule der Trunkenheit“ eine liebevoll Hommage an die Kunst des gepflegten Genießers. Da kann man den nächsten Kneipenbesuch kaum mehr erwarten.

kersting// Der Grafikdesigner und Künstler Max Kersting hat sich für sein neues Buch ein ganz besonderes Ziel gesetzt. Er macht sich daran, alte Fotos von Jahrmärkten mit neuen Geschichten zu versehen. Dabei kommen allerhand Absurditäten zum Vorschein, die einem immer wieder die Mundwinkel weit nach oben biegen. „Drei unbeschwerte Tage“ ist ein buntes Sammelsurium verrückter Gedankenspielereien, die einem noch Tage später im Kopf herum schwirren. Der Autor erzählt nicht nur spannende Geschichten mit wenigen Worten, er hat auch einen ausgeprägten Sinn für Humor und so möchte man direkt nach dem Schließen des Rückumschlags auch direkt damit beginnen, das Werk allen Bekannten aus dem persönlichen Umfeld ganz innig ans Herz zu legen. „Drei unbeschwerte Tage“ ist ein nicht nur provokantes, sondern auch herrlich absurdes Buch, das man schon nach wenigen Seiten intensiv ins Herz schließt. Wenn du also auf schrägen Humor stehst, dann schnupper mal rein. Max Kersting wird dir einen völlig neuen Blick auf das alltägliche Leben vermitteln. Er hebt mit seinem Werk im wahrsten Sinne des Wortes die Welt aus den Angeln.

singh// Zu guter Letzt noch der Hinweis auf das aktuelle Werk von Simon Singh. In „Homers letzter Satz“ widmet er sich der Mathematik im Rahmen der Simpsons. Nicht nur der Daniel Kehlmann lobte die Serie ja bereits in den höchsten Tönen und bezeichnete sie als „eines der intelligentesten Kunstwerke unserer Zeit“. Nun aber widmet sich Singh der Mathematik im Simpsons-Universum und stößt auf jede Menge interessanter Querverweise. Immer wieder werden im Rahmen der einzelnen Episoden kleine Überraschungen eingebaut, die oft nur im Standbildmodus zu erkennen sind. In diesem Zusammenhang wird sogar hin und wieder versucht die Welt aus den Angeln zu heben, wenn es darum geht, bestehende Unumstößlichkeiten zu hinterfragen. Die Simpsons sind eine zutiefst durchdachte Serie, die auch abseits des oberflächlichen Anschauens funktioniert. So zappt man sich nach Genuss dieses Werkes unaufhörlich durch längst verblichene Episoden und recherchiert minutiös, ob die hier dargelegten Abhandlungen auch wirklich der Wahrheit entsprechen. Fazit: Am Ende dieses Buch sieht man die beliebte Fernsehfamilie plötzlich mit anderen Augen und ertappt sich beim Ansehen immer wieder dabei, wie man heimlich die Stopp-Taste auf der Fernbedienung betätigt, um das eine oder andere Detail zu erhaschen. Soll heißen: auch wenn du kein Mathegenie bist, schnapp dir dieses Buch. Es wird dir in vielerlei Hinsicht die Augen öffnen. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.