// zuckerbeat vol. (4)02 – „melt me“

mit neuer Musik von Rude Tins, Hanni El Khatib, Nico Suave, Lemur, Bob Marley & The Wailers, Danko Jones, Atari Teenage Riot und Brigitte. // So richtig schön abrocken kann man in diesen Tagen mit den Rude Tins. Die Schweizer Ska-Punk-Crew aus Brugg ist hierzulande zwar noch weitesgehend unbekannt, in Szenekreisen aber konnte sie bereits […]

mit neuer Musik von Rude Tins, Hanni El Khatib, Nico Suave, Lemur, Bob Marley & The Wailers, Danko Jones, Atari Teenage Riot und Brigitte.

rude-tins// So richtig schön abrocken kann man in diesen Tagen mit den Rude Tins. Die Schweizer Ska-Punk-Crew aus Brugg ist hierzulande zwar noch weitesgehend unbekannt, in Szenekreisen aber konnte sie bereits jede Menge Fans hinter sich versammeln. Ihr neues Album klingt dann auch wie ein 16-teiliger Sommer-Hit-Reigen im Grenzgebiet von Reel Big Fish und Less Than Jake. Man kommt einfach nicht mehr aus dem Grinsen heraus, wenn „State Of Flux“ seinen Runden im CD-Player dreht. Keine Ahnung wo die Jungs diese immense Masse an Melodien hernehmen, ihr Enthusiasmus ist dermaßen ansteckend, dass man schon sofort die Möbel zur Seite schiebt um mehr Platz zum Tanzen zu haben. Wenn du also mal wieder ein partytaugliches Ska-Punk-Album hören möchtest, dass sich nicht hinter den Klassikern der Szene verstecken muss, dann gib der Platte mal eine Chance. Du wirst schon nach wenigen Sekunden auf Euphorie-Modus geschubst.

hanni-el-khatib// Hanni El Khatib hat sich in der Zwischenzeit daran gemacht, sein Zweitwerk aus dem Ärmel zu schütteln und präsentiert sich darauf ein wenig zugänglicher, als auf dem kratzbürstigen Debüt, welches von niemand Geringerem als Dan Auerbach in Szene gesetzt worden ist. „Moonlight“ wiederum weiß zu begeistern durch seine hohe Experimentierfreude und jede Menge denkwürdiger Songzeilen, die man sich am liebsten auf den Unterarm kritzeln möchte. Neben den bereits vorab veröffentlichen Tracks „Melt Me“ und „Chasin´“, begeistern vor allem die Krautrock-Hommage „Dance Hall“ und das Motwon-mäßige „The Teeth“. Die Zeichen stehen also auf Abwechslung und so möchte man die Platte auch schon wenige Sekunden nach dem Verklingen der letzten Passage von „Two Brothers“ schon wieder von vorne auflegen. Ein echter Hingucker, dieses Werk, dem man die Bürde des schweren Zweitlings keineswegs anmerkt.

nico-suave// Früher war er noch der Typ, der mal mit Dendemann in einer Band spielte und anschließend mit „Vergesslich“ via MTViva die Mattscheiben der Nation stürmte. Nun meldet sich Nico Suave endlich mit einem neuen Album zurück und präsentiert sich darauf in den Form seines Lebens. 13 Songs finden sich auf „Unvergesslich“ – allen voran natürlich der gefeierte Single Hit „Gedicht“ featuring Flo Mega, dessen Zeilen einem noch Stunden später im Kopf herum schwirren. Ebenfalls auf der Matte stehen alte Kumpels und Kollegen wie Samy Deluxe und Nosliw, die dem Werk eine gehörige Portion an Abwechslungsreichtum einhauchen. Der 35-jährige hat nach all den Jahren endlich wieder zu sich selbst gefunden und wird mit diesem Werk hoffentlich auch in chart-technischer Hinsicht einschlagen. Verdient hätte er es.

lemur// Über Jahre hinweg macht Herr von Grau mit kleinen, aber sehr viel Herzblut dargereichten Veröffentlichungen auf sich aufmerksam. Nun allerdings ist die Gruppe Geschichte und Benny ist fortan solo unterwegs. Unter seinem Alter Ego Lemur veröffentlicht er in diesen Tagen sein erstes Album „Geräusche“ und zeigte sich dabei auch erstmals für die Beats zuständig, die zuvor noch sein Kollege Kraatz beisteuerte. Heraus kommt ein Album, das sich daran macht, die Hörer erst einmal gehörig vor den Kopf zu stoßen. Lemur schert sich einen feuchten Dreck um Erwartungen und verliert sich in einem Spektrum von Sounds, das von jazzigen Tunes bis hin zu Kirmes-Techno reicht. Dass „Geräusche“ dabei trotzdem niemals die unverkennbare Handschrift des agierenden Künstlers vermissen lässt, ist bemerkenswert und sollte an sich schon Grund genug sein, am Sonntag, den 1.3. mal in der Kellerperle in Würzburg vorbei zu schauen. Da steht Lemur nämlich live auf der Bühne.

bob-marley// Bob Marley & The Wailers gehören zu den eindrucksvollsten Protagonisten der Reggae-Szene. Seit dem Tod des Frontmanns wird derweil alles Möglich posthuman veröffentlicht, was noch irgendwo in der Gegen rum liegt. Hinsichtlich eines Live-Auftritts in Boston aus dem Jahre 1978 könnte sich das einschalten tatsächlich lohnen, weil hier wirklich ein spannendes Gesamtpaket geschnürt wurde. Neben der schönen Aufmachung punktet „ Easy Skanking in Boston ´78“ nicht nur mit jeder Menge Song-Perlen aus dem Ouvre des talentierten Künstlers („I Shot The Sheriff“, „“Jamming“ und „No Woman, No Cry“ sind alle mit drauf). Es wirft auch einen interessanten Blick hinter die Kulissen und liefert auf der beiligenden DVD noch sieben handgefilmte Tracks des Auftritts nach, die in dieser Form noch nicht im Handel erhältlich waren. Wenn du also noch nach weiteren Highlights aus der bewegten Karriere von Bob Marley suchst, dann schnapp dir das Box-Set. Es lohnt sich.

danko-jones// Danko Jones hat uns in den vergangenen Jahren immer wieder mit schicken Hits beglückt, die jedem Fan von AC/DC bis Billy Talent ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern. Mit seiner aktuellen Single „Do You Wanna Rock“ aber hat er einen echten Mega-Hit im Gepäck, der sich hoffentlich auch hierzulande breitenwirksam durchzusetzen vermag. „Fire Music“ wiederum ist dann ebenfalls ein überzeugendes Rock-Album geworden, das sich irgendwo zwischen den Polen Power Pop, 80s-Hardcore und skandinavischem Rock festbeist. Alle elf Songs haben packende Hooklines zum Mitgrölen im Gepäck und den Bandmitgliedern merkt man an, dass sie auch nach sieben Alben noch jede Menge Enthusiasmus an den Tag legen. Wenn du also mal wieder so richtig schön abrocken möchtest, dann schnapp dir diese von Eric Ratz produzierte Scheibe. Sie wird dich so richtig schön zum Abgehen anregen.

atari-teenage-riot// Atari Teenage Riot muss man heute eigentlich nicht mehr groß vorstellen. Die Band hat es geschafft sich selbst als Marke zu etablieren und versteht sich daran, konsequent die Grenzen des musikalisch Möglichen auszuloten. Auf ihrem sechsten Album drücken sie nun erst einmal den „Reset“-Button und richten den Blick in Richtung Zukunft. Auf die allseits beliebten, verdrehten Hooks und knallharten Riffs muss man aber natürlich trotzdem nicht verzichten. Vielmehr versuchen Atari Teenage Riot mit dem neuen Album der Gefahr zu entgehen, irgendwann selbst unter dem Stapel „Legenden von früher“ abgeheftet zu werden. Mit ihrem neuen Album zeigen sie nämlich, dass man auch heutzutage noch mit ihnen rechnen muss. Sie wenden sich zeitgenössischen Themen wie der digitalen Überwachung zu und haben sogar die Hymne zum 30 Kongress des Chaos Computer Clubs aus dem Ärmel zu schütteln. Wenn du also noch nach den passenden Soundtrack zu unser verrückten Zeit suchst, dann bist du bei dieser verrückten Band genau an der richtigen Adresse.

brigitte// Mit etwas Verspätung erscheint nun auch hierzulande das neue Album der französischen Pop-Sensation Brigitte. Aurélie Saada und Sylvie Hoarau geben sich darauf alle Mühe, nicht in die allseits beliebten Klischeefallen zu tapsen. Ganz im Gegenteil: „À Bouche Que Veux-Tu“ ist ein äußerst vielschichtiges Werk, das mit zahlreichen Stilrichtungen experimentiert. Heraus kommt am Ende ein zehnteiliger Pop-Entwurf, der einen immer wieder zum Mitwippen anregt, aber auch immer wieder Dissonanzen in die Songs einbaut um den Hörer bei der Stange zu hören. Melancholische Parts und poppige Melodien reichen sich die Hand und tanzen ringelreih, während man als Hörer erst beim fünften Durchlauf rafft, was hier eigentlich geschieht. Brigitte sind eine Band, die Zeit braucht, um sich zu entfalten, die aber in „Hier Encore“ auch mal zu einem tanzenden Biest avanciert. Schlicht bemerkenswert, diese Platte mit Songs, die sich nicht scheuen, auch mal die Sechs-Minuten-Grenze zu überwinden. Also viel Spaß damit. Bis zum nächsten Zuckerbeat.