// aufgelesen vol. (1)35 – „family business“

mit neuen Werken von Teresa Präauer, Maik Brüggemeyer, Christoph Dreher, Stefanie Diekmann und Ian McEwan. // Im März steht wieder die Leipziger Buchmesse vor der Tür und da nutzen wir natürlich die Gelegenheit euch in den kommenden Wochen mal über einige Werk auf dem Laufenden zu halten, die dort für den Buchpreis nominiert sind. Passend […]

mit neuen Werken von Teresa Präauer, Maik Brüggemeyer, Christoph Dreher, Stefanie Diekmann und Ian McEwan.

teresa-praauer// Im März steht wieder die Leipziger Buchmesse vor der Tür und da nutzen wir natürlich die Gelegenheit euch in den kommenden Wochen mal über einige Werk auf dem Laufenden zu halten, die dort für den Buchpreis nominiert sind. Passend dazu widmen wir uns heute zum Auftakt der ersten „Aufgelesen“-Ausgabe in diesem Jahr dem aktuellen Buch von Teresa Präauer. Die Wiener Autorin hat bereits im Jahr 2012 den „aspekte-Literaturpreis“ für ihr Werk „Für den Herrscher aus Übersee“ abgesahnt und legt nun mit „Johnny und Jean“ ein wahrhaftes Kunst-Werk vor. Die Geschichte selbst dreht sich um zwei junge Menschen, die sich auf der Kunsthochschule begegnen und irgendwie auf den großen Karrieresprung hoffen. Das Problem an der ganzen Geschichte ist nur. Um sie herum hat sich Überfluss breit gemacht und so werden nicht nur zahlreiche existenzielle Fragen aufgeworfen, sondern auch noch viel mehr Dinge ausprobiert und durchdekliniert. Es ist in diesem Zusammenhang durchaus bemerkenswert, wie einen die Autorin in einen regelrechten Sog der Emotionen reißt und mit dem Leser auf die Überholspur abbiegt. Dabei wird immer wieder deutlich, dass sich die beiden Protagonisten in einer Art Vorstufe zum echten Leben befinden, wo alles noch möglich zu sein scheint und nichts zu Ende gedacht werden muss. Gerade diese Umtriebigkeit und der damit einhergehende Enthusiasmus machen „Johnny und Jean“ zu einem rasanten Lesevergnügen, das noch lange nachwirkt. Wenn du mal wieder ein ansteckendes Buch lesen willst, dann schnapp dir dieses hier. Es lohnt sich.

maik-bruggemeyer// Bücher über Bob Dylan gibt es ja bereits zuhauf. Das Werk des Musikjournalisten Maik Brüggemeyer ist dennoch eine Erwähnung wert, weil es auf interessante Art und Weise ein ausgiebiges Gespräch in Romanform überführt. „Catfish“ ist nicht nur gespickt mit zahllosen Zitaten, Anekdoten und Textzeilen, es wirft auch einen Blick hinter die Kulissen und lässt einem als Leser viel Raum für Spekulationen. Bob Dylan war ja als Musiker und vor allem als Mensch immer eine Art von Mysterium gewesen, das sich konsequent gegen jegliche Art von Vereinnahmung gewehrt hat. So liefert „Catfish“ auch weniger Antworten, als Denkanstöße und folgt damit Bob Dylans Motto, der auf dem Back-Cover mit folgendem Satz zitiert wird: „Wenn ich nicht Bob Dylan wäre, würde ich vermutlich selbst denken, dass Bob Dylan mit eine Menge Antworten geben kann“. Dass der Journalist den Musiker eines Tages aufgrund zahlloser Zufälle wirklich in einer Bar in Greenwich Village kennenlernt, ist bemerkenswert (und ebenso frei erfunden) und eröffnet dem Leser einen Einblick in eine faszinierende Gedankenwelt, die im Rahmen einiger Magazinseiten nur sehr schwer zu vermitteln wäre. Je länger man liest, umso mehr wird man in den Sog dieses Buches gezogen, das so viel mehr ist als eine weiter Biografie über einen bekannten Musikers. Was genau, das muss allerdings jeder selbst für sich entscheiden.

autorenserien-ii// Vor geraumer Zeit hatten wir euch schon einmal auf die wunderbare Abhandlung „Autorenserien“ aufmerksam gemacht, welche auf dem gleichnamigen Symposium basiert, das sich auf differenzierte Art und Weise mit Qualitäts-TV-Serien der vergangenen Jahre auseinander setzt. Nun ist endlich der zweite Band von Herausgeber Christoph Dreher erschienen und der steht dem ersten Werk in nichts nach. Ganz im Gegenteil: all diejenigen, die sich in diesen Tagen für qualitativ hochwertige Reihen wie „Mad Men“, „Breaking Bad“ oder „Treme“ begeistern, sind hier genau an der richtigen Adresse. Das Buch liefert einen interessanten Überblick über die aktuellen Entwicklungen im TV-Serien-Bereich und widmet sich neben den USA auch den europäischen Phänomenen auf den hiesigen Flimmerkisten. So wird man nicht nur mit zahllosen Geheimtipps konfrontiert, sondern erfährt auch Hintergründiges über den „psychoanalytischen Raum in HBO-Dramen“ (Jane Feuer) oder Skandinavische Ermittlerinnen (Kerstin Stutterheim). Niemand Geringeres als Diedrich Diederichsen setzt sich außerdem mit dem spannenden Thema „Serie und Fragment“ auseinander. Ebenfalls enthalten sind Hintergrundinformationen zur Produktion von „Breaking Bad“ und „Treme“ sowie die Entwicklung von amerikanischen Qualitäts-TV-Reihen. „Autorenserien II“ ist in diesem Zusammenhang ein unsagbarer Schatz für jeden TV-Fan und erscheint wie bereits der Vorgänger wieder auf Deutsch und Englisch zugleich.

six-feet-under// Wer hinterher immer noch nicht genug hat, der sei bei dieser Gelegenheit noch an eine illustre Neuerscheinung aus dem Hause „diaphanes“ hingewiesen. Im Rahmen der illustren „booklet“-Reihe, welche sich in den vergangenen Jahren schon mit zahlreichen TV-Phänomenen wie den Sopranos oder „The West Wing“ auseinander setzte, ist nun erstmals eine Familienserie an der Reihe. Die Rede ist von „Six Feet Under“, die via HBO zum absoluten Megahit avancierte und sich um das Leben der Familie Fisher dreht, deren Vater im Rahmen der ersten Episode das Zeitliche segnet. Dabei waren die Macher nicht nur kreativ darin, sich für jede Episode eine neue Todesart auszudenken, sondern dessen Leben mit dem Schicksal der einzelnen Protagonisten zu verknüpfen, so dass immer wieder spannende und auch philosophische Fragen aufgeworfen werden. Neben dem fulminanten Serienfinale (manche sprechen vom besten aller Zeiten), widmet sich die Autorin Stefanie Diekmann nicht nur den zahllosen Toten im Rahmen der Reihe, sondern auch dem Beruf des Bestatters, der im Rahmen der Reihe eine große Rolle spielt. Daneben sind natürlich auch diesmal wieder fünf Anspieltipps in dem Werk versammelt, die einen guten Eindruck von der Serie vermitteln. Dennoch würden wir all jenen, die „Six Feet Under“ noch nicht gesehen haben, dringend dazu raten, sich alle Folgen in chronologischer Reihenfolge anzusehen. Nur so werden die komplexen Beziehungen und Zusammenhänge sichtbar. Außerdem sollten all jene, die im Piloten von den „Werbeclips“ genervt waren, der Reihe nochmal eine zweite Chance geben. Sie ist schlicht grandios und gehört mit zu den besten Familienserien, die bisher auf der Mattscheibe zu sehen gewesen sind.

ian-mcewan// Alle Fans des britischen Autors Ian McEwan dürfen sich in diesen Tagen ebenfalls über einen neuen Roman aus der Feder des Londoner Schriftstellers freuen. In seinem aktuellen Buch „Kindswohl“ nimmt sich der Autor eben jenem Thema an, das gerade für jede Menge Diskussionsstoff sorgt. Er wirft die Frage nach der Rolle der Religion in unserem Leben auf und thematisiert das Ganze an einer Geschichte um einen 17jährigen, dessen Leben im wahrsten Sinne des Wortes davon abhängt. Im Mittelpunkt der Geschichte steht in diesem Zusammenhang übrigens eine Familienrichterin namens Fiona Maye, die sich mit Scheidungen und Sorgerechtsfragen auseinander setzt. Nach über 30 Jahren, in denen sie eine weitestgehend glückliche Ehe führte, passiert das unfassbare: ihr Mann bereitet ihr einen völlig verrückten Vorschlag und so gerät ihr inneres Gleichgeweicht zunehmend ins Wanken. Welche Entscheidungen sie am Ende trifft? Am Besten du findest es selbst heraus. Denn Ian Mc Ewan hat mit „Kindswohl“ eines der herausforderndsten Bücher dieses Frühlings geschrieben. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Szenewechsel.