// aufgelesen vol. (1)50 – „bad things“

mit neuen Büchern von Thees Uhlmann, Gertrud Koch, Christina Nord, Kat Kaufmann und Billy Hutter. // Thees Uhlmann ist inzwischen ebenfalls mal wieder unter die Autoren gegangen. Nach seinen Tocotronic-Tagebüchern aus längst vergangenen Zeiten widmet er sich diesmal einem Protagonisten, der sich irrsinniger Weise mit dem Tod höchstpersönlich auf einen Road-Trip begibt und dabei allerhand […]

mit neuen Büchern von Thees Uhlmann, Gertrud Koch, Christina Nord, Kat Kaufmann und Billy Hutter.

thees// Thees Uhlmann ist inzwischen ebenfalls mal wieder unter die Autoren gegangen. Nach seinen Tocotronic-Tagebüchern aus längst vergangenen Zeiten widmet er sich diesmal einem Protagonisten, der sich irrsinniger Weise mit dem Tod höchstpersönlich auf einen Road-Trip begibt und dabei allerhand verrückte Dinger erlebt. Thees Uhlmann versteht es dabei sehr gekonnt, den Leser unmittelbar am Geschehen teilhaben zu lassen, indem er eine direkte Sprache wählt, die ziemlich schnörkellos anmutet. „Sophia, der Tod und ich“ ist dabei ebenso berührend wie hintersinnig und strotzt nur so vor komischen Momenten, das man sich von dem Werk in einen regelrechten Rausch der Emotionen versetzt fühlt. Dabei besucht die Hauptfigur nicht nur alle Menschen, die ihm einmal wichtig waren (und sind) und man lernt auch als Leser immer wieder das Leben selbst zu schätzen, das hinter jeder Straßenecke scheinbar noch eine weitere Überraschung für einen bereit hält. Ein wirklich großartiges Buch.

heinz-helle// Unter dem Titel „Eigentlich müssten wir tanzen“ erscheint derweil ebenfalls ein viel beachtetes Werk, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Der im Jahre 1978 geborene Schriftsteller Heinz Helle schaffte es damit nicht nur auf die Shortlist des Schweizer Buchpreises, sondern war auch für den Deutschen Buchpreis nominiert. Sein Werk erzählt die Geschichte von fünf jungen Männern, die zusammen ein Wochenende auf einer Berghütte verbringen. Als sie von dort zurückkehren, sind die Menschen plötzlich allesamt tot oder verschwunden und die Geschäfte leergeräumt. Was bitte schön ist hier passiert? Der Weg zurück in ihre Heimatstadt wird zu einem nahezu aussichtslosen Trip, der immer wieder die Frage aufwirft: warum tun wir eigentlich, was wir tun? „Eigentlich müssten wir tanzen“ stellt dabei nicht nur existenzielle Fragen, sondern präsentiert uns passend dazu auch noch eine spannende Geschichte, die man nahezu in einem Rutsch durchschmökern möchte.

booklet// Wer auf Qualitäts-TV-Serien steht, der kommt schon seit geraumer Zeit im Hause „Diaphanes“ auf seine Kosten. Im Rahmen der „booklet“-Reihe werden dort bereits seit mehreren Jahren hübsche Begleitbücher zu angesagten Reihen aus dem Ärmel geschüttelt, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Vor allem dann, wenn man die Reihen bereits kennt, bieten diese Werke einen echten Mehrwert, weil sich angesehene Autoren noch einmal mit bestimmten Aspekten der Serien auseinander setzen. So kommen wir diesmal unter anderem in den Genuss des modernen Klassikers „Breaking Bad“, der von der Filmwissenschaftlerin Gertrud Koch noch einmal genauer unter die Lupe genommen wird. Die Serie selbst dürfte unseren Lesern wahrscheinlich bereits inhaltlich bekannt sein, das „booklet“ allerdings selbst wiederum richtet den Blick auf die Vergänglichkeit des eigenen Daseins und macht deutlich, wie dadurch jegliche Sinnhaftigkeit abhanden zu kommen scheint. Auch wenn sich selbige in der Reihe stetig wandelt und der Protagonist seine Rolle immer wieder selbst zu hinterfragen weiß, bleibt er doch ein Suchender, der ganz am Ende merkt, welch eng gestricktes Korsett er sich nicht nur bezüglich seiner Familie übergestreift hat. Wer das bewegende Finale kennt, weiß was ich meine und die Autorin widmet sich darüber hinaus auch noch den humoristischen Aspekten des Werks, das zu den wichtigsten der modernen TV-Geschichte zählt. „True Blood“ konnte da am Ende leider nicht mehr ganz mithalten. Gerade die letzte Staffel hat viele Zuschauer enttäuscht, trotzdem lohnt sich das Ansehen der Reihe, weil gerade zu Beginn neue Wege gegangen wurden. Die Filmredakteurin Christina Nord widmet sich dem Vampir-Phänomen noch einmal unter gesellschaftspolitischen Aspekten und deckt auf, wie hier die Vorurteile in vielen Schichten der Gesellschaft nochmal anhand von übernatürlichen Wesen durchdekliniert werden. Dass „True Blood“ dabei immer wieder „Trash“-Anleihen aus dem Ärmel schüttelt und es gegen Ende damit vielleicht etwas übertreibt, ist dahingestellt. Das Gesamtwerk bleibt bemerkenswert und dieses „booklet“ eine hübsche Begleiterscheinung, die einen dazu anregt, die Reihe gleich nochmal von vorne anzusehen.

kat-kaufmann// Sehr gelungen ist auch das aktuelle Werk der St. Petersburger Schriftstellerin und heutigen Berlinerin Kat Kaufmann, die erst vor kurzem mit dem „akzente“-Literaturpreis ausgezeichnet worden ist. In „Superposition“ erzählt sie dabei die Geschichte einer Mitt-Zwanzigerin, die sich als Jazz-Pianistin versucht. Ihr Leben ist ein einziger Rausch, indem Tage und Nächte miteinander zu verschwimmen scheinen. Dabei fühlt sich Izy zunehmend verloren zwischen nervigen Gigs in Hotels und den Avancen einen Regisseurs. Also sucht sie sich ein Zuhause – wenn auch nur ein geborgtes und versucht auf diese Weise ein klein wenig von dem abzubekommen, was sie unter Glück versteht. Ob es ihr gelingt, sich über Wasser zu halten und diesem Strudel der Resignation zu entrinnen. Es macht sehr viel Spaß, sich durch Kat Kaufmanns Werk zu wühlen, weil es einen mit poetischer Sprache auf eine große Suche nach dem Sinn einlädt. Ob die liebe Izy ihn wohl am Ende findet? Am besten du findest es selbst heraus.

karlheinz-hutter// Ein wirklich gelungenes Werk von Billy Hutter steht in diesen Tagen ebenfalls via „Metrolit“ in den Regalen. Der dreht sich um die Zeit des Wirtschaftswunders in den 60er und 70er Jahren und legt Selbige anhand des Beispiels von Karlheinz, dem Sohn eines Chemikers bei der Firma BASF, dar. Selbiger hat sein Leben ganz detailliert dokumentiert und so erfahren wir nicht nur jede Menge über seine bewegte Schulzeit, sondern auch über die Bombardierung seiner Heimatstadt. Wir dürfen im wahrsten Sinne des Wortes außerdem miterleben, wie er heranwächst. Die gemeinsamen Ausflüge mit den Eltern im „Opel-Auto“ stehen genauso im Zentrum, wie gelegentliche Besuche bei Prostituierten als junger Erwachsener. „Karlheinz“ ist damit so etwas wie das Sinnbild eben jener Zeit und doch so besonders, dass einem über die volle Distanz des Werkes niemals langweilig wird. Worauf also wartest du noch. Schnapp dir diesen literarischen Schatz.