// werktag vol. 62 – „schon als kleines kind habe ich farbe geliebt“

mit Werken von Yvonne Jahnke, Jessica Swift und Claudia Seitz. // Wenn Verliebte auf Konzerten beide das gleiche Band-Shirt, Jeans und die gleichen schwarzen All-Star-Chucks tragen, führt diese 1990er-Nostalgie zu starken Fremdschämgefühl bei anderen Besuchern. Denn Partnerlook geht wenn überhaupt doch nur bei Zwillingsbabys und –kleinkindern. Yvonne Jahnke hat dazu einen etwas anderen Zugang. Ihr […]

mit Werken von Yvonne Jahnke, Jessica Swift und Claudia Seitz.

w62-mini-me// Wenn Verliebte auf Konzerten beide das gleiche Band-Shirt, Jeans und die gleichen schwarzen All-Star-Chucks tragen, führt diese 1990er-Nostalgie zu starken Fremdschämgefühl bei anderen Besuchern. Denn Partnerlook geht wenn überhaupt doch nur bei Zwillingsbabys und –kleinkindern. Yvonne Jahnke hat dazu einen etwas anderen Zugang. Ihr auch? Die Autorin von „Mini-Me Nähen: Partnerlooks für Mama und mich“ (Edition Michael Fischer, ISBN 9783863554712) zeigt, dass es weder peinlich noch nach Kindergartenpraktikum aussehen muss, wenn Mütter und Töchter das gleiche tragen. Man sieht das ja regelmäßig in billigen Promi-Magazinen: Victoria Beckham oder Jessica Alba mit Tochter im gleichen Outfit. Vielleicht folgt ja auch noch ein Fortsetzungsbuch für Väter und Söhne? Bei der Autorin, die als Leni-Pepunkt bloggt und seit 2012 auch einen Stoffladen/Nähwerkstatt betreibt, ist scheinbar vieles möglich. Nach ihrem Erstlingswerk „Kissenkult“ könnt ihr nun mit diesem zweiten Buch 17 einfache Projekte für Mama und Tochter oder kleine und große Schwester nähen. Genäht werden können Klamotten in den Größen 98 bis 140 und S bis L. Anfänger beginnen besser mit den einfachen Schnitten wie Schal, Loop oder Dreieckstuch. Leute mit Näherfahrung können direkt den Pulli, die Tunika mit Tropfenausschnitt oder die Kosmetiktasche umsetzen. Das Kreativbuch, mit sinnvoller Schritt-für-Schritt-Anleitung und vielen Tipps, ist ein guter Einstieg ins Kleider nähen. Vorneweg finden sich noch einige Nähgrundlagen wie Halsbündchen annähen oder Säumen. Ihr seht, dass 64-seitige Büchlein ist auch ohne Partnerlook-Faible eine Anschaffung wert. (Euro 14,99)

w62-handgedruckte-muster// Was wären Schottenröcke ohne Karos, Dalmatiner ohne Flecken oder einfarbige Norwegerpullis? Einfach nur langweilig. Mit bunten und abwechslungsreichen Motiven erhalten schon seit Jahrtausenden Flächen Charme und Schönheit. Dass Muster tatsächlich auf jeder Fläche funktionieren zeigt Jessica Swift in „Handgedruckte Muster auf Stoff, Papier und Wänden“ (Haupt, ISBN 9783258601410) auf 144 Seiten. Wirklich überzeugend: Frau Swift ist eine Praktikerin, die Fliesen bestempelt, Geschenkpapier (schöner als im Laden) herstellt oder wunderschöne Wandbordüren zaubert. Dabei beherrscht sie sowohl analoge als auch digitale Techniken. Das Werk gliedert sich grob in zwei Teile: Muster planen und Muster drucken. Wenn man schon seinen eigenen Stil gefunden hat, können im ersten Teil Kapitel wie ‚Inspirationen finden‘ oder ‚Farben‘ sicher übersprungen werden. Lesenswert ist da aber, wie sich die Autorin mit Rapporten beschäftigt. Das Buch lebt von den Projekten, die unmittelbar umgesetzt werden können: Gummi-/Moosgummistempel, Schablonen fertigen, Cyanotypie, Siebdruckmuster und Kartoffeldruck. Es werden also relativ einfache bis zu etwas komplexeren Techniken gezeigt. Leider hat sich die Autorin nicht ans echte Siebdrucken getraut oder nicht im Buch aufgenommen. Es wäre eine schöne Ergänzung gewesen. Schön zum Anregungen holen sind auch die vielfältigen Mustergalerien am Ende jedes Kapitels und bei den Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Außerdem gibt es 20 kostenlose Motive, die den Einstieg für den ersten eigenen Rapport sicher erleichtern. (Euro 25,60)

w62-die-anderungsschneiderei// Die Änderungsschneiderei scheint ja ein Überbleibsel aus dem vorletzten Jahrhundert zu sein. Obwohl es immer noch über 30 gewerbliche Näher/innen in unserer Stadt gibt, lohnt es sich, selbst mal sein Zeug in Ordnung zu bringen. Kostet nichts, macht Spaß und ist vielleicht sogar hochwertiger. „Die Änderungsschneiderei“ (Compact, ISBN 9783817499618) von Claudia Seitz trägt den etwas unglücklichen Untertitel „Was nicht pass, wird passend genäht“ und ist kein Laden sondern ein Kreativbuch. Tatsächlich werden aber nicht Schwangere oder Menschen nach einem 4-wöchigen All-inclusive-Urlaub angesprochen. Sondern ganz handfest zeigt die Autorin, wie verschieden Wäschestücke unseres Alltags wieder repariert werden können: offene Nähte, fehlende Knöpfe, aufgerissenes Futter, kaputter Reißverschluss, Jeans mit Originalsaum kürzen, Saum rauslassen oder Rock kürzen. Insgesamt 23 Projekte die mit vielen Fotos und der klaren Anleitungen gut nachzuvollziehen sind, auch wenn das Layout etwas überladen wirkt. Übrigens ist Frau Seitz gelernte Schneiderin und verkauft auch ihre Eigenkreationen auf Dawanda. Dass hier eine echte Fachfrau am Werk war, merkt man beim Nachnähen sehr. Wir haben es mal mit Tischdecken kürzen versucht. Hier kann wirklich keiner etwas falsch machen. Echte Nähanfänger vertiefen sich vorab besser im Theorieteil mit Basics zu Material, Stichtechniken und Maschinennähen am Beginn des Buches. Wer keine Flickwäsche besitzt, kann sich auch einfach mal an ein Upcyclingprojekt wagen. Allerdings sind diese hier nicht mehr ganz neu und wurden auch schon in anderen Büchern so ähnlich gesehen. (12,99)