// einmal ein neues Leben für ein Jahr, bitte!

Ein Auslandsaufenthalt mit dem Europäischer Freiwilligendienst Wenn ich heute den Corso Matteotti entlangschlendere, sei es nachmittags um einen „caffè“ zu trinken oder abends für einen vino rosso, wenn ich dabei mit Freunden aus ganz Europa unseren Ausflug nach Mailand oder Como plane, mein Handy klingelt und ich mich mit „pronto“ melde, dann könnte ich nicht […]

Ein Auslandsaufenthalt mit dem Europäischer Freiwilligendienst

Wenn ich heute den Corso Matteotti entlangschlendere, sei es nachmittags um einen „caffè“ zu trinken oder abends für einen vino rosso, wenn ich dabei mit Freunden aus ganz Europa unseren Ausflug nach Mailand oder Como plane, mein Handy klingelt und ich mich mit „pronto“ melde, dann könnte ich nicht mehr sagen, welchem Mausklick an welchem Tag ich dieses Leben verdanke. Dieses neue Leben für ein Jahr. Ein Jahr in Italien. Ein Jahr im Land des „bella vita“. Ein Jahr ein anderer Lebensstil, eine andere Sprache. Ein Jahr europäischer Freiwilligendienst.
Nach dem Abi, ohne genaue Vorstellungen von meiner Zukunft, stieg ich, ohne die Sprache zu sprechen, in einen Nachtzug nach Italien. Und erwachte in meiner neuen Heimat, um in einem Projekt, dass ich mir Monate vorher im Internet gesucht hatte, zu arbeiten, Italienisch zu lernen und für 8 Monate eine andere Kultur, ein anderes Leben kennenzulernen. Dank dem Europäischen Freiwilligendienst (EFD) lebe ich heute in einer WG im Zentrum meiner neuen Heimatstadt Varese, in Norditalien nahe bei Mailand, gemeinsam mit zwei weiteren Freiwilligen, einer Spanierin und einer Mazedonierin. In meiner Aufnahmeorganisation „Cesvov“, die Freiwilligendienste fördert arbeite ich in der Presseabteilung. Zudem besuche eine Sprachschule, lerne jeden Tag neue Leute, Geschichten, Land und Sprache sowie mich selbst in bisschen besser kennen – kurz: verbringe einen perfekten EFD.

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Marritgen (28) aus den Niederlanden

Es muss nicht immer schnurgeradeausgehen im Leben – es kann auch Kurven geben!“
Wenn Marritgen auf ihren EFD zurückblickt, ist dies vielleicht das Wichtigste, was sie in Italien gelernt hat. Ein Jahr lang lebte die 28jaehrige Eindhovenerin in Malnate, einer Kleinstadt nahe bei Mailand, für ihren 12monatigen EFD bei „SOS Malnate“.
„SOS Malnate“ ist eine Freiwilligenorganisation, die medizinische Hilfe bei Unfällen anbietet, Transportservice für Krankenhäuser sowie Erst- Hilfe-Kurse. Diese Notfallhilfe ist in Italien besonders wichtig, da bei kleineren Unfällen solche Freiwilligenorganisationen zur Hilfe kommen, nicht das Krankenhaus.
Marittgen, die schon in den Niederlanden als Krankenschwester gearbeitet hat und neugierig war, wie das Gesundheitssystem im Ausland aussieht, hat also einen 120stuendigen Erste-Hilfe-Kurs absolviert, begleitet die Fahrten mit dem Krankenwagen und hilft in der Arztpraxis mit.
Aber mehr noch, als über ihr Projekt, sagt sie, hat sie wohl über sich selbst gelernt. Sie weiß nun mehr was sie will, ist ruhiger geworden, selbständiger und hat beschlossen zurück in den Niederlanden etwas Neues zu beginnen. Denn ihre EFD-Erfahrung hat ihr vor allem gezeigt, dass das Leben interessanter ist, wenn es nicht immer nur planmäßig geradeaus geht. Was ihr nach ihrer Rückkehr jedoch zuerst auffallen wird? „Es wird wieder so ruhig in den Zügen und auf den Straßen sein…“

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Ein Jahr im Ausland, eine neue Sprache lernen, eine interessante Aufgabe und Arbeit haben, Freundschaften mit Leuten aus ganz Europa knüpfen, ein anderes Leben kennenlernen, neue Erfahrungen sammeln – und nichts dafür bezahlen. Das ist die Chance, die der europäische Freiwilligendienst allen Jugendlichen bietet. Der EFD ist ein Auslandsaufenthalt von 6-12 Monaten bei einer Organisation irgendwo in Europa für jeden zwischen 16-30 Jahren. Die Möglichkeiten sind dabei so vielfältig wie die Interessen und Charaktere, von der Arbeit in einem spanischen Kindergarten nahe bei Oslo, über Projekte in einem Naturschutzgebiet in Schottland oder dem Leben in einem Kinderheim bei Istanbul, bis hin zu Hilfe in einem Heim für Asylbewerber in Bozen.
Wer ein wenig in der riesigen Datenbank sucht, findet schnell mehr als nur ein interessantes Projekt. Und vielleicht auch das Land und die Stadt in der er für einige Zeit leben will…

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Simona (26) aus Rumänien

„Simona, ich glaube du hast dich mit meiner Sympathie angesteckt!“ Solche Sätze aus den Mündern der geistig und/oder körperlich Behinderten machen die Tage für Simona aus Bukarest besonders, ja „incredibile, bello!“. Simona kam Mitte September in Italien an, um ihren 11monatigen Freiwilligendienst bei „La Finestra“ zu beginnen, einer Organisation, die sich um geistig und/oder körperlich Behinderte kümmert. „La Finestra“ bietet den 20-50jaehrigen Behinderten zahlreiche Workshops, in denen Simona die Erzieherinnen unterstützt, den Jugendlichen alles erklärt und mit ihnen gemeinsam arbeitet. Von Theater, Kunst und Tanz über Aerobic und Chor bis hin zu Schwimmbadbesuchen und Ausflügen reicht das Tagesprogramm mit den Behinderten, die laut Simona „dolcissimo“ (unglaublich süß) und zufrieden sind.
Schon in Rumänien hat die Psychologiestudentin mit Behinderten gearbeitet, wollte diese Erfahrung in einem anderen Land fortsetzen und könnte sich vorstellen nach ihrem Freiwilligendienst selbst ein solches Zentrum für Behinderte zu eröffnen… vielleicht sogar in Italien!?
Im Moment jedoch ist sie vollauf mit dem neuen Leben in Italien beschäftigt, allem was es zu lernen und zu erleben gibt: das Leben in der WG mit einer Niederländerin und einer Polin, die neuen Freunden in Italien, dem Italienisch lernen – denn sie kam ohne die Sprache zu sprechen nach Italien – und das erste, was sie hier gelernt hat: das Fahrradfahren!

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Somit bietet der EFD dir die Möglichkeit kostenlos und ohne Vorkenntnisse etwas Sinnvolles im Ausland zu tun, parallel einen Sprachkurs zu besuchen und auf diese Weise viel zu lernen, zu erleben und am Ende mit einer einmaligen Erfahrung zurückzukehren. Zwei Organisationen (auf der einen Seite, eine in deinem Heimatland, die dir bei den Vorbereitungen hilft, auf der anderen Seite deine Aufnahmeorganisation im Ausland, in der du arbeitest) kümmern sich um alle Formalitäten, von der Wohnung über Verpflegung und Taschengeld bis hin zur Versicherung. Zudem bieten sie ständige Ansprechpartner für alle Fragen und Schwierigkeiten, die im Ausland auftreten könnten, sei es wie man sich bei der Gemeinde anmeldet, Schwierigkeiten bei der Eingewöhnung im Ausland oder auch wie die Waschmaschine vor Ort bedient wird.
EFD bedeutet also, rundum abgesichert und finanziell unabhängig im Ausland zu leben und dabei in einem Projekt den eigenen Interessen nachzugehen. Oft macht man als Freiwilliger zudem neben den Einheimischen auf den Vorbereitungs- und Auswertungsseminaren Bekanntschaft mit vielen anderen Jugendlichen aus ganz Europa, die sich für einen EFD entschieden haben und lernt so neben dem Gastland weitere Kulturen kennen und lebt die Idee eines gemeinsamen Europas ganz praktisch… Oder lebt sogar, wie in meinem Fall in einer WG mit anderen Freiwilligen aus ganz Europa, sodass der ehemals vielleicht abstrakte Begriff „Europa“ eine ganz neue Bedeutung im Alltag bekommt. Wie mein italienischer Verantwortlicher am ersten Tag feststellte: „Eine Belgierin mit chinesisch-malaysischen Wurzeln, die einer Mazedonierin, einer Spanierin und einer Deutschen erklärt, wie eine italienische Kaffeemaschine funktioniert.“
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Chee Mei (27) aus Belgien

Chee Mei’s EFD-Erfahrung dauert nun schon über 3 Jahre. Und ist längst kein EFD mehr, denn sie ist geblieben. Im Januar 2006 kam sie für 9 Monate nach Varese in Norditalien, ohne zu ahnen, dass diese Stadt ihre neue Heimat werden würde. Ihr Projekt bestand aus der Arbeit für Cesvov, der Organisation für die sie heute alles rund um den EFD organisiert, sowie je drei halben Tagen Rettungswagenbegleitung für SOS Malnate und einem Jugendinformationszentrum „Informagiovani“. Zwei Monate vor ihrer geplanten Rückkehr nach Belgien kam das Angebot von Cesvov, zu bleiben – und seitdem lebt sie in Italien. Sie empfängt und begleitet die neuen Freiwilligen als Mentorin und erlebt mit, wie für sie all das neu ist, was für sie selbst mittlerweile Alltag geworden ist. Angefangen von der Sprache, die sie vor 3 Jahren noch überhaupt nicht sprach, über die Todesgefahr an den Zebrastreifen bis hin zur italienischen Bürokratie. Und dabei vermisst sie ein wenig diese Gefühl, wie es ist, ganz neu anzufangen, sich zu wundern, alles kennenzulernen und sich langsam in ein neues Leben einzufinden. Denn nie lernt man sich selber so gut kennen und entdeckt neue Seiten seines Charakters wie in dieser Zeit…

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Mit welchen Erlebnissen, Freundschaften, Eindrücken und gewonnenen Kompetenzen ein Freiwilliger dann nach seiner Zeit zurückkehrt, ist wohl für jeden Einzelnen verschieden, jeder EFD ist anders, so verschieden wie die Länder, Organisationen und Charaktere, die teilnehmen.
Für mich hier in Italien, ist auch nach 4 Monaten jeder Tag zugleich ebenso spannend, wie vertraut, so schön, wie erlebnisreich und lässt mich jedem nur sagen: „Brecht auf, Europa erwartet euch!“

// von: Lara Falkenberg

Informationen zum EFD:
www.go4europe.de
hier gibt’s ausführliche Informationen, die Datenbank mit allen Entsende- und Aufnahemorganisationen, sowie den Projektbeschreibungen
www.youthreporter.eu
hier berichten Jugendliche von ihrem ganz eigenen EFD