// kinokritik: beowulf

Die Zukunft des Kinos hat Waschbrettbauch und brüllt. Robert Zemeckis‘ am 15.11. startender „Beowulf“ ist mehr als ein Film. Er ist eine Kampfansage an das Kino, wie wir es bisher kannten. Nicht nur, dass die Bilder von „Beowulf“ im Computer entstanden sind, aus den digital aufgezeichneten Performances namhafter Akteure – das kannte man ja auch […]

Die Zukunft des Kinos hat Waschbrettbauch und brüllt.

Robert Zemeckis‘ am 15.11. startender „Beowulf“ ist mehr als ein Film. Er ist eine Kampfansage an das Kino, wie wir es bisher kannten. Nicht nur, dass die Bilder von „Beowulf“ im Computer entstanden sind, aus den digital aufgezeichneten Performances namhafter Akteure – das kannte man ja auch schon aus Zemeckis‘ Vorläuferfilmen „Der Polarexpress“ und „Monster House“. Nicht nur …




… dass „Beowulf“ sich bemüht, fotorealistisch zu sein, seine Figuren nicht karikaturenhaft sondern nach dem Vorbild wirklicher Menschen zu zeichnen – auch das wurde schon versucht, vor fünf Jahren in „Final Fantasy“ zum Beispiel. „Beowulf“ ist außerdem darauf ausgelegt, in drei Dimensionen gesehen zu werden. Seine gesamte Inszenierung schreit danach, sich der Flachheit der Leinwand zu entziehen, die gesamte Tiefe des Bildraums auszunutzen und zu genießen. Diese Kampfansage muss man würdigen. Technische Innovation ist einer der treibenden Motoren des Kinos.

Unglücklicherweise macht diese Kampfansage allein aus „Beowulf“ noch keinen großartigen Film. Egal wie gelungen Zemeckis‘ 3D-Inszenierung und der Einsatz der virtuellen Kamera geraten sein mag. Egal selbst, dass Roger Avary („Pulp Fiction“) und Neil Gaiman („Der Sternwanderer“) ein ordentliches Drehbuch geschrieben haben, dass der klassischen Sage des Helden Beowulf, der an den Hof des Schwedischen Königs Hrothgar kommt und dort erst das Monster Grendel, dann dessen Mutter und fünfzig Jahre später noch einen Drachen besiegt, einen guten Twist über die dunklen Geheimnisse großer Helden gibt. Beim Ansehen von „Beowulf“ kommt man trotzdem nicht umhin, sich immer und immer wieder über das wächserne und albern aussehende Gehabe der Computermarionetten zu ärgern, die auf der Leinwand ihr Unwesen treiben. Sicherlich sind die Fortschritte in der Technik deutlich zu sehen im Film. Da fliegen Haare und Kleidung ganz wunderbar physikalisch korrekt durch die Gegend, und selbst Haut kann inzwischen einigermaßen simuliert werden, aber die Bewegungen haben immer noch keine Energie, die Gesichtsausdrücke transportieren immer noch etwa so viel Emotionen wie eine Backsteinmauer. Und alle Charaktere, die keine Hauptdarsteller sind, könnten immer noch aus einer Zwischensequenz eines x-beliebigen Computerspiels stammen.

Ray Winstone, Anthony Hopkins, Angelina Jolie, John Malkovich, Crispin Glover und Robin Wright Penn wurde aufgefahren, um „Beowulf“ zu adeln. Leider ist von ihren ohne Zweifel interessanten Darstellungen in der Computerwelt nicht viel übrig geblieben. Stattdessen gibt es viel beeindruckendes Getöse, einige unfreiwillige Komik (wenn Beowulf nackt mit Grendel kämpft und sein Gemächt von strategisch positionierten Gegenständen verdeckt wird) und ein paar markige Sprüche, die durchaus Zitatpotenzial haben. Man sollte Zemeckis‘ Kampfansage ernst nehmen, und man darf „Beowulf“ mit wohligem Schaudern durchleben – am besten in 3D. Für das Kino der Zukunft sollte man seine Ansprüche aber nicht auf so ein Niveau herunterschrauben müssen.

// 6 von 10 Zuckerli