// zuckerbeat vol. 87

Telekinesis schwelgen im Opener ihres neuen Albums „Telekinesis!“ in schönen Erinnerungen an romantische Nächte vorm Indie-Club. Death Cab For Cutie und Nada Surf lassen grüßen, wenn dieses nachhaltige Album den Raum mit seinen Tönen durchdringt. Man sieht seinem Gegenüber tief in die Augen, bevor der zweite Track eine Schneise der Verwüstung durch die Szenerie fräst. […]

telekinesisTelekinesis schwelgen im Opener ihres neuen Albums „Telekinesis!“ in schönen Erinnerungen an romantische Nächte vorm Indie-Club. Death Cab For Cutie und Nada Surf lassen grüßen, wenn dieses nachhaltige Album den Raum mit seinen Tönen durchdringt. Man sieht seinem Gegenüber tief in die Augen, bevor der zweite Track eine Schneise der Verwüstung durch die Szenerie fräst. Macht natürlich alles einfach nur Spaß, weil man sich von Telekinesis nur zu gerne an der Nase herumführen lässt. Ein so bezauberndes und gleichzeitig berauschendes Indierockalbum habe ich seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr gehört. Da fühlt man sich aus dem Stand zurück in die 90er versetzt. Damals als Miles, The Electric Club und Konsorten einem die schönsten Melodien reihenweise um die Ohren pfefferten. Telekinesis verknüpfen Melancholie und Gitarrenklatsche – fast zu schön um wahr zu sein. Hoffen wir, dass die Scheibe nicht nur eine Sache für Nostalgiker bleibt. Auf einen Sound wie diesen hat man schon viel zu lange warten müssen.

mumMúm melden sich derweil nach einer zweijährigen Pause mit einer für ihre Verhältnisse ziemlich beschwingten Platte wieder zurück am Popstarhimmel. Natürlich ist da nach wie vor diese schwelgerische, verträumte Atmosphäre, die ihren Sound seit jeher auszeichnet, aber auf „Sing Along To Songs You Don´t Know“ regiert die Vielfalt. Ein Track, wie „Sing Along“ ist so was, wie drei Songs in einem. Beginnt wie ein Liebesgedicht. Säuselt dahin und landet schließlich kopfüber auf der Tanzfläche. Fast könnte man meinen, Múm wären einfach mal so ein bisschen herum gestolpert und hätten sich von den endlosen Weiten der Popmusik inspirieren lassen. Streicher, Glockenspiele, Elektrofrickeleien, himmelhochjauchzende Chöre, perkussives Treiben, melancholisches Schluchzen, all das fusioniert auf diesem Album zu einem größeren Ganzen. Damit dürften dann am Ende sowohl Fans von Sigur Ros, als auch von Belle & Sebastian glücklich werden. Kurz gesagt: alle, die auf tolle Popmusik stehen: gebt dieser Band mal eine Chance.

noiseshaperFreunde von entspannten Sonnenscheinklängen, können sich derweil den weiteren Abend über an Noiseshaper halten. Die Band entwirft auf seinem neuen Album ihre eigene „Satellite City“ und bewegt sich galant durch das Granzgebiet von Reggae und House. Vermengt wir das Ganze mit einer fetten Portion Rap und allerlei musikalischen Blubberblasen. Man fühlt sich, als würde man abheben, wenn einen Tracks, wie „Wanna Feel More“ und der verstrahlte Titeltrack in eine andere Umlaufbahn stoßen. Bei Noiseshaper hat die Hektik des Alltags keinen Platz in der Musik. Alles, was sich dem entspannten Gemütszustand widersetzt wird auf die Tribüne verbannt und darf von dort aus beleidigt der Dinge harren.

fagget-fairysWir begeben uns derweil mal in die hippen Gefilde von M.I.A., Uffie und Konsorten. Da wildern auch die Fagget Fairys auf ihrem aktuellen Album. Das Kopenhagener DJ- und Produzentenduo presst aus den verquersten Sounds ein gehörige Portion Ekstase heraus. Die Stücke von „Feed The Horse“ sind so spannend arrangiert, dass man gar nicht genug von der Mucke bekommt. Wo die werten Kolleginnen hin und wieder ins Plakative oder Hymnische abdriften, frönen die beiden Mädels vollends der experimentellen Glückseligkeit. Da dürften sowohl Freunde von Peaches, als auch der Beastie Boys im Takt wippen. Man kann sich jedenfalls leibhaftig vorstellen, wie die beide die Regler an den Bassboxen auf Anschlag drehen und sich fröhlich in die schweißüberströmte Partycrowd stürzen. Ein famoses Werk abseits gängiger Rap-Schemata. So hip, dass die Mädels aufpassen sollten, dass sie nicht ins Abseits rutschen, wenn die Lichter ausgehen. Dieser Sound sehnt sich nämlich nach dem hellsten Platz im Rampenlicht. Also stoßen wir sie mal rein und warten was passiert.

dublex-incDublex Inc. veranstalten auf ihrem Album „Phoenix“ derweil eine klassische „Soul“-Sause mit allerhand Gaststars. Deren Namen hat man zwar nicht unbedingt parat, wenn man nicht täglich in den Szeneläden der großen Metropolen am Start ist. Aber schon der Opener „Shine“ mit Sandhy Son Doro hat dermaßen viel Potenzial die Sommersonne hinter den Wolken hervor zu locken, dass man bereitwillig die Hüften schwingt, wenn der Refrain erklingt. Fortwährend lebt das Album dann von dem wunderbaren Wechselspiel der unterschiedlichen Protagonisten, die den 12 Tracks ihre Stimmen schenken und dem beinahe klassischen Sound, den das Quartett aus Stuttgart dazu auffährt. Dieser Sound ist es am Ende auch, der „Phoenix“ zu einer runden Angelegenheit macht. Man hat hier nie das Gefühl einer losen Ansammlung von Tracks zu lauschen… „Phoenix“ klingt wie aus einem Guss und dürfte gerade deswegen für reichlich grinsende Gesichter in den Szeneläden sorgen. Ob es darüber hinaus zum großen Wurf reicht, bleibt in diesem Fall allerdings erst mal abzuwarten.

phantogramPhantogram geben sich derweil Mühe, den Geist romantischer Versuchungen träumerischer Tanzmusik – kurz gesagt: Sounds a la Moloko – mit einer gehörigen Portion Popappeal aufzublasen. Das funktioniert auf ihrem Album „Eyelid Movies“ bisweilen so hervorragend, das man sich nur zu gern in dieses Himmelbett des Wohlfühlpops einkuschelt, wie in die olle Lieblingsdecke mit nostalgischem Zeichentrickmotiv. Bemerkenswert ist dabei vor allem, dass es die beiden Protagonisten Josh Carter und Sarah Bartel gekonnt verstehen, die Harmonien immer wieder durch einen kleinen Schlenker ins Abseits zu befördern, danach aber wieder in die Spur zurückfinden. Mit „You Are The Ocean“ haben sie dazu noch einen der hinterhältigsten Tanzbodenknüller der Gegenwart aus dem Rohr gepfeffert und bringen ihr Publikum dazu, beim Wippen übers Parkett langsam die Augen zu schließen. Traumlandschaften und Tanzboden fusionieren bei Phantogram zu einer unumstößlichen Einheit. Wie sie das machen? Darin liegt ihr Geheimnis… und wir begeben und nur zu gerne auf Schatzsuche.

testsiegerWer derweil mal wieder Lust auf Elektropunk hat, sollte sich vom grauenhaften Artwork von Testsieger nicht abschrecken lassen. Nein, hinter diesem unsäglichen Badestrandcomic aus der Vorschule steckt doch tatsächlich ein treibender Elektro-NDW-Ringelreih-Ballermann, den man sich am Besten mit voll aufgedrehten Bassboxen aus den Fasern der benetzten Boxentürme zuführt. Man kann jetzt natürlich anmerken, dass Deichkind und Plemo, Mediengruppe Telekommander und Bratze das alles schon mal genauso gemacht haben, aber vom Springen dürfte das trotzdem keinen abhalten. Die fünfzehn Songs sind zudem abwechslungsreich genug, um die allseits bekannten Längen zu retuschieren, die dieses Format im Albumkontext immer wieder fabriziert. „Laguna Fantasia“ ist im Grunde genommen ein Popalbum, dem ein Elektroteppich aufgesetzt wurde. Da kann man perfekt den Sommer zurückholen. Oder gleich den nächsten Tanztempel stürmen. Also nichts wie los. Die Neonlichter warten schon.

mein-miomein mio geben sich derweil sehr viel Mühe, nicht im Treibsand der deutschen Indie-Pop-Glückseligkeit zu versinken. Wo Mikroboy auf Dauer etwas auf die Nerven fallen, weil die Texte sich noch nicht mit den Großtaten der werten Kollegen von Tomte und Kettcar messen können, da gibt sich „Irgendwo in dieser großen Stadt“ gar nicht groß Mühe, sich mit den Jungs aus Hamburg zu vergleichen. Nein, diese Scheibe verzaubert einen direkt beim ersten Durchlauf. Einfach wunderbar, wie hier Melodie an Melodie geparkt wird und trotzdem nicht alles zusammenkracht, wie ein Domino-Spiel. Zur Mitte hin geht’s dann vielleicht eine Spur zu sehr in Richtung Selig, da kann man als junge Band eigentlich nur den Kürzeren ziehen, aber pünktlich zum Schluss reißen sie das Ruder doch mal herum, werfen den Elektromotor an und verschwinden am Horizont im romantischen Antlitz des Mondes. Womit wir auch schon wieder raus sind für heute. Lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.