// zuckerbeat vol. 99 – triff mi, wenn das fest vorbei is, treff ma uns am hintern end vom pier…

Porcupine Tree nähern sich auf ihrem neuen Album immer mehr dem konventionellen Rocksong an. Insofern natürlich, wie die Worte konventionell und Porcupine Tree eben zusammen passen. Natürlich finden sich auf „The Incident“ auch wieder geschmackvolle Momente für den geneigten Prog-Poeten, aber die Band wildert inzwischen auch in den Gefilden von Dredg und Konsorten. Auf den […]

porcupine-treePorcupine Tree nähern sich auf ihrem neuen Album immer mehr dem konventionellen Rocksong an. Insofern natürlich, wie die Worte konventionell und Porcupine Tree eben zusammen passen. Natürlich finden sich auf „The Incident“ auch wieder geschmackvolle Momente für den geneigten Prog-Poeten, aber die Band wildert inzwischen auch in den Gefilden von Dredg und Konsorten. Auf den ersten Blick berauben sich die Band damit zwar im gewissen Maße ihrer musikalischen Möglichkeiten, hört man aber genauer hin, stellt man fest, dass die komplette A-Seite dieses Doppelalbums eigentlich als ein einziger großer Themenkomplex konzipiert ist. Soll heißen. Da wurde ein einziger Song in vierzehn kleine Teil zerlegt, um den Hörer etwas Orientierung zu ermöglichen. Bemerkenswert ist auch die B-Seite; besteht zwar lediglich aus vier Songs, die aber gehören zum emotionalsten, was die Band bisher so veröffentlicht hat. Ein Stück, wie „Flicker“ geht beinahe schon als astreine Ballade durch und überhaupt steht den Jungs das bisweilen akustische Gewand der Stücke außerordentlich gut. Alles in allem eine famose Vollbedienung für Prog-Rocker, die auch gerne mal einen Popsong hören. Wenn Porcupine Tree so weiter machen, werden sie irgendwann in einer Reihe mit Tool und Opeth genannt. Mit diesem Werk sind sie jedenfalls schon ganz nah dran am musikalischen Output der Großen.

neigungsgruppeNeigungsgruppe Sex, Gewalt und Gute Laune verfolgen derweil ihren sympathischen Ansatz von Album Nummer eins weiter, indem sie bekannte Schlager der Populärkultur ins Österreichische überführen. Ich meine, allein schon die Babyshambles-Hommage „G´fickt für immer“ war den Kauf des Vorgängers wert. Nun also folgt „Wellen der Angst“ mit Neuinterpretationen von John Cale („Sterben am Wein“) bis Lou Reed („Wellen der Angst“). Da schmilzt das Indie- und Artrockherz, wenn plötzlich „Sterben am Wein“ ins Mikrofon gesäuselt wird. Hach, dazu gibt’s dann noch eine ganze Reihe eigener Smash-Hits, die einfach nur derbe viel Spaß machen. Die Neigungsgruppe steuert mit diesem Album sicher nicht auf den großen Durchbruch zu, aber ein Platz in meinem Herzen ist ihnen mit diesem Album sicher. So sich, wie Safer Sex.

indie-travel-guide-londonIn diesen Tagen lohnt sich derweil auch mal wieder ein Griff ins Bücherregal. Da grinsen einen nämlich die schönsten Nightlife-Infos aus „London“ und „Berlin“ entgegen, die der geneigte Indie-Hörer in keinem gängigen Reiseführer findet. Der Indie Travel Guide ist inzwischen so ein bisschen zum Standartwerk all jener geworden, die gerne mal verschollene Plattenläden in Seitengassen aufstöbern oder sich vegane Döner, Verzeihung: Vöner, zu Gemüte führen. In der Ausgabe zu London bekommt man dabei reichlich Tipps von den Babyshambles, Fink, Officials Secrets Act , Travis, Bloc Party, White Lies und den anderen, üblichen Verdächtigen aus dem britischen Pop-Kosmos vor den Latz geknallt. Manuel Schreiner und Mirjam Korb, die sich für die Zusammenstellung der beiden Werke verantwortlich zeigen, haben ganze Arbeit gelesen. Im Gegensatz zum Standartband für UK & Europa wurde das ganze zwar ein bisschen abgespeckt, aber viele der Infos sind nicht in den paar Kröten zu messen, die die sympathischen Ratgeber kosten. Die Berlin-Ausgabe versammelt derweil Anekdoten von Get Well indie-guide-berlinSoon, Madsen, Maxi Hecker, Roman Fischer, Jürgen Vogel, Tomte, Kissogram, Bonaparte und Konsorten. Schade allerdings ist, dass dabei bisweilen eins zu eins die Texte aus „UK & Europa“ übernommen wurden. Alle, die selbige Ausgabe bereits besitzen, sollten deshalb mal kurz in den jeweiligen City-Guide rein lesen. Vielleicht verpulvern sie ihr Taschengeld dann lieber anderweitig. Am Ende gilt aber dennoch: der Indie Travel Guide ist die perfekte Alternative zum Reiseführer-Schmarrn aus dem Reisebüro. Vorwiegend liegt das daran, dass hier Menschen zu Wort kommen, die wirklich etwas über ihre Stadt zu sagen haben. Das verleiht bestimmten Orten einen ganz besonderen Charme und bringt einen an Ecken der City, deren Charme den gängigen Gazetten bisher verborgen geblieben ist. Wie lange das wohl noch so bleibt? Warten wir´s ab…

cobra-killerCobra Killer haben derweil eine bemerkenswerte Riege an Gaststars auf ihrem neuen Album „Uppers & Downers“ am Start. Die beiden Mädels Gina und Annika preschen mit der Scheibe ins Grenzgebiet von Peaches & Uffie. Zur Hilfe eilen ihnen J. Mascis von Dinosaur Jr, Thurston Moore von Sonic Youth, Jon Spencer und… nun ja… die Prinzen. Letztere halten sich an das Schneeballprinzip und sorgen für durchnässte Oberhemden, wenn sie „Schneeball in die Fresse“ skandieren. Cobra Killer mögen es verschroben. Die Songs sind so vertrackt und lärmig, dass sie auch beim zehnten Durchlauf noch kicken, wie Fußballgötter. Cobra Killer überschreiten mit diesem Album alle möglichen Stil-Grenzen, was sich auch im Aufbrechen jeglicher sprachlicher Barrieren widerspiegelt. Alles in allem: ein imposantes und gleichsam ambitioniertes Elektro-Album.

cerys-matthewsCerys Matthews entwirft derweil bezaubernde träumerische Phantasien auf „Don´t Look Down“. Die Scheibe beginnt, als wollte sie sich für die Untermalung des nächsten 007-Streifens empfehlen. „Arlington Way“ ist einer dieser ganz großen Popsongs, von denen man leider viel zu selten welche durch die Hörmuscheln geblasen bekommt. Anschließend macht die ehemalige Sängerin aus dem Hause Catatonia aber nicht den Fehler, sich mit den ganz Großen im Geschäft messen zu wollen. Stattdessen beschränkt sie sich auf poppige, zuckersüße Popmomente, die im richtigen Moment gespielt, das Herz ganz heftig zum Pochen bringen. Alles in allem ein verträumt romantisches, bisweilen durchaus klebriges Popwerk. Was kann man von einer Scheibe wie dieser eigentlich mehr erwarten?! Gut gemacht, Miss Matthews.

major-parkinsonMajor Parkinson aus Norwegen geben sich derweil allerhand Mühe möglichst offensiv mit dem Ellenbogen durch die das gleichförmige Feld der Rockmusik zu hüpfen und dort die Leute aufzumischen. Das gleichnamige Album der Jungs wirkt wie ein Mixtape aus System Of A Down & Mr. Bungle-Anleihen. Dazu eine Brise Balkan Flair und fertig ist die Partyrakete, die durch ein detailverliebtes Artwork besticht. Auch live dürfte es bei so brachialen Krachern, wie „Bazooka Mirror“ ordentlich rund gehen und zu „Silicon Hips“ sieht man jetzt schon einen aufgeheizten Sonnenschirm in Flammen aufgehen. Diese Band hat Feuer unterm Arsch. Das Beste aber ist, die Songs wirken niemals plakativ, womit sie sich direkt neben Gogol Bordello einreihen, ohne allerdings das Gaspedal voll durchzutreten. Major Parkinson wissen, wie man Dynamik aufbaut und mähen damit ein fettes Ausrufezeichen ins Sonnenblumenfeld der Rockmusik. Ein imposantes Werk.

fuckponyWer sich derweil mal wieder einen wahrhaften zurückgelehnten Elektro-Wellenbrecher reinziehen möchte, der sollte sich an Fuckpony halten. Der werte Jay Haze lässt sich auf seinem neuen Album nämlich gerne mal zehn Minuten Zeit, um mit Blick auf den Horizont einen epischen Sound aufzufahren, der aber immer eine gewisse poppige Attitüde ausstrahlt. Das ist dann kurz gesagt der perfekte Tune, um die nackten Füßchen im Sandstrand zu versenken und sich mit zunehmender Länge euphorisch in alle Richtungen zu strecken. Gibt man der Musik erstmal eine Chance, entpuppt sich der verträumte Sound auch noch als äußerst tanzbar. Vorausgesetzt natürlich man schwelgt gerne in betörenden Beatphantasien und möchte seine elektronische Vollbedienung nicht direkt in die Fresse verabreicht bekommen. „Let The Love Flow“ kann sich sehen lassen, weil es unter Beweis stellt, dass House-Music auch anno 2009 noch imposant rein läuft, wenn die Richtigen hinter den Reglern stehen.

auteur-jazzIm Hause Auteur Jazz setzt man derweil voll und ganz auf die Fähigkeiten des Multi-Instrumentalisten Antti Hynninen. Sein erstes Album überführt Jazz auf den Tanzboden und haucht dem angestaubten Genre wieder neues Leben ein. Natürlich kann er mit seinen Tracks nicht gegen die ganz Großen im Geschäft anstinken; zu Coltrane und Konsorten ist es noch ein Stück, dennoch dreht „Aphorisms“ mit zwischenzeitlicher Unterstützung von Sara Sayed (bewirbt sich schon mal für den nächsten Bond Streifen in „Kill You Alive“) ohne große Ausfälle entspannt seine Runden, ohne dass man als Hörer dazu neigen würde, das Interesse an der Scheibe zu verlieren. „Aphorisms“ ist ein Album, das man sich am besten auf einer guten Anlage mit einer noch besseren Flasche Wein zu Gemüte führt. Kurz gesagt: der passende Soundtrack für die gehobenen Ansprüche, wenn die gleichförmigen Jazz-Compilations nach dem abendlichen Dinner schnurstracks wieder im Schrank verschwinden. Womit wir auch schon wieder am Ende wären für heute. Lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.