// zuckerbeat vol. (1)18 – attack music

Dev Hynes alias Lightspeed Champion scheint auf seinem neuen Album seine romantische Seite für sich entdeckt zu haben. „Life Is Sweet! Nice To Meet You“ lädt schon im Opener zum Träumen ein, bevor es fortwährend zärtliche Blicke mit dem Hörer austauscht. Anschließend wird dann auf die Tanzfläche gewatschelt und am Ende mit verliebtem Blick aufs […]

lightspeed-champion-lp2Dev Hynes alias Lightspeed Champion scheint auf seinem neuen Album seine romantische Seite für sich entdeckt zu haben. „Life Is Sweet! Nice To Meet You“ lädt schon im Opener zum Träumen ein, bevor es fortwährend zärtliche Blicke mit dem Hörer austauscht. Anschließend wird dann auf die Tanzfläche gewatschelt und am Ende mit verliebtem Blick aufs nächste Sofa gepurzelt. Zum Knutschen sind diese Songs, die sich irgendwo zwischen Conor Oberst, David Bowie und dem Sound von Whitest Boy Alive und Final Fantasy einnisten. Lightspeed Champion fabriziert zuckersüßen Pop für Tanzveranstaltungen mit Discokugeln, die nur so vor Kitsch strotzen, bei denen man aber trotzdem ungeduldig darauf wartet, dass endlich das Konfetti vom Clubhimmel purzelt. Kurz gesagt: Lightspeed Champion ist Mika in geil. Raffiniert, klebrig und zauberhaft. Die Scheibe wäre in einer gerechten Welt schon längst an der Spitze der Charts.

these-newThese New Puritans empfangen uns auf ihrem neuen Album mit klassischem Liedgut, das sich hinter dem Gewand des Artrock versteckt. Das neue Album „Hidden“ verbreitet miesepetrige Stimmung und passt damit perfekt zum nicht enden wollenden Winter, der sich unaufhörlich vor unserer Haustür breit macht. These New Puritans allerdings klopfen so unaufhörlich charmant auf ihren Instrumenten herum, dass man ihnen deswegen gar nicht so richtig böse sein mag. Das ist wie mit dem Schnee vor der Tür. Der hat ja auch was Romantisches, wenn man nicht gerade mit 30 Stundenkilometern durch die Landschaft tuckert. Dementsprechend bastelt die Band hier ein imposantes Kopfkino zusammen, das nirgendwo zu verweilen scheint und sich dennoch mit jedem neuen Durchlauf tiefer in den Gehirnwindungen verfängt. Bleche werden geschüttelt, Melonen zerschmettert, ein Bläser-Ensemble aufgefahren und mit „Three Thousand“ der düsterste Hit seit Tool für die örtliche Tanzfläche abgeliefert. Das ist Stoner Rock für Techno-Anhänger. Unbeschreiblich (schön).

albumleaf452The Album Leaf geben sich bisweilen ziemlich esoterisch auf ihrem neuen Album „A Chorus Of Storytellers“, vielleicht ist es ja dem Umstand geschuldet, dass sich der Protagonist dieses Albums bei den Aufnahmen zum ersten Mal eine Band ins Studio holte, anstatt alles im Alleingang einzuspielen, mir geht das gerade am Anfang leider eine Spur zu weit mit dem wohlwollenden Geklimper, dass mir da entgegen schallt. Mit zunehmender Dauer allerdings stellt sich wieder diese melancholische Stimmung ein, die einem einen sanften Schauer über den Rücken jagt. Auf einmal ist man mittendrin, so als würden Nada Surf mit Sigur Ros auf eine Bootstour gehen und in stillen Gewässern zu tanzenden Wolkenformationen performen.

minorMinor Majority versprühen derweil so einen verrauchten Charme, der sich immer in Eckkneipen ausbreitet, wenn da plötzlich jemand seine Klampfe auspackt. Die Norweger üben sich auf „Either Way I Think You Know“ in melancholischen Gassenhauern, die ganz hervorragend zum Tagträumen einladen. Mit zunehmender Dauer versäumen sie es außerdem nicht, auch mal den Tempomat etwas nach oben zu schrauben, so dass sich der Hörer auf dem Nachhauseweg immer noch in den Melodien verliert, die sich da in seinen Gehirnwindungen verfangen haben.

lastampaLa Stampa bemühen sich derweil dem totgeglaubten Indie-Pop-Genre mit tanzbaren Sounds wieder neues Leben einzuhauchen. Die ersten sind sie ja nicht, die diese Idee haben. So mutet „Pictures Never Stop“ auf den ersten Blick auch etwas altbacken an. Mit zunehmendem Hörgenuss allerdings kommt man gar nicht mehr los von dieser Platte. „You Were Imagining Things“ packt die Disco-Keule aus und lässt einen vor dem Spiegel Hüftschwünge üben. „Dare To Be Loved“ steigert sich zu einem astreinen Tanzboden-Stampfer und „Für den Moment“ lässt einen in schöne Erinnerungen an schlagereske Blumfeld-Zeiten verweilen. Ist eben ein echtes Liebhaber Ding, dieses 11teilige Pop-Monster hier. Alles in allem punktet dieses Album vor allem aufgrund seiner zeitlosen Produktion aus dem Hause Thies Mynther (Superpunk, Phantom/Ghost), dessen Schaffen ja immer ein bisschen braucht, bis man es nicht mehr aus den Händen geben möchte.

blue_van_man_upThe Blue Van machen sich derweil daran, den Kings Of Leon und Jet zu zeigen, wie man eine richtige Breitwand-Keule in Sachen moderner Rockmusik mit viel 70s Flair aus den Boxen ballert. „Man Up“ ist mir persönlich allerdings etwas zu glatt geraden. Außerdem fehlt so ein bisschen der letzte Wumms, der sich im Live-Erlebnis allerdings durchaus einstellen sollte. Zahlreiche TV-Serien sind derweil auch schon auf die Jungs aufmerksam geworden. So laufen ihre Tracks in Beverly Hills 90210 und Scrubs. Wem Musik dieser Gangart gefällt, wer von Rockmusik nicht mehr erwartet, als drei Minuten gut unterhalten zu werden, der sollte hier zugreifen.

rocolabacalao_infierno_4260130090432Den passenden Sound zum Frühling liefern hinterher Rocola Bacalao aus Ecuador, die allen Fans von Karamelo Santo ein Lächeln ins Gesicht zaubern dürften. Latin Pop mit einer gehörigen Portion Feuer unterm Arsch. So könnte man ihre Musik wohl umschreiben. Dazu ein paar schicke Ska-Pop-Hymnen und zum Schluss steht die ganze Dorfkneipe Kopf, weil plötzlich alle mit der Inneneinrichtung engtanzen. Zu diesem Sound geht die Sonne auf. Auch im tiefsten Winter. „Infierno“ versprüht reine Lebensfreude – und ist mit 13 Songs so schön knackig geraten, dass man das Teil sofort auf Endlosschleife stellt.

dag-foer-dag-booDog För Dog, das neuste Signing des kleinen aber feinen Indie-Labels „Haldern Pop“ bewegt sich derweil zwischen den Polen The Cure, Echo & The Bunnymen und The Velvet Underground. „Boo“ klingt bisweilen ziemlich verstrahlt und spooky, strahlt aber von der ersten Sekunde eine entrückte Wärme aus, wie sie vielleicht höchstens noch Au Revoir Simone hinbekämen, wenn sie sich mit den Pains Of Being Pure At Heart zusammen auf die Bühne stellen würden. Hinter dem verrauschten Treiben versteckt die Band immer wieder mitsingträchtige Melodien, die andere Gruppen zu einem astreinen Hitalbum zusammengeschraubt hätten. Die drei Stockholmer allerdings suchen ihr Heil am Rande eines vernebelten Flussufers im Antlitz des Vollmonds und fabrizieren dabei ein schaurig schönes Klangmärchen. Sie genießen es hin und wieder ihren Emotionen freien Lauf zu lassen und sich in Improvisationen zu stürzen, ohne allerdings jemals den Fokus der Stücke aus den Augen zu verlieren. Wer auf Spuckgeschichten mit Popappeal steht, der sollte unbedingt mal reinhören. Womit wir euch schon mal viel Spaß beim Gruseln wünschen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.