// zuckerbeat vol. (1)32 – walking on rails

Love Is All – den Namen hat man ja immer wieder auf dem Schirm, wenn es um Indie-Rock der nostalgischen Sorte geht. Auch das neue Album der Band „Two Thousand And Ten Injuries“ klingt wie ein Werk aus den späten 80ern, als man noch an analogen Geräten herum fummelte, bis letztlich die Knöpfe abgefallen sind. […]

loveisall10Love Is All – den Namen hat man ja immer wieder auf dem Schirm, wenn es um Indie-Rock der nostalgischen Sorte geht. Auch das neue Album der Band „Two Thousand And Ten Injuries“ klingt wie ein Werk aus den späten 80ern, als man noch an analogen Geräten herum fummelte, bis letztlich die Knöpfe abgefallen sind. Was diese Scheibe allerdings so besonders macht, ist ihr nimmermüder Versuch, dem ollen Gesellen Indie ein paar neue Facetten abzutrotzen. Keine Ahnung, wie es der Crew gelingt, in diesen zuckersüßen Melodien immer wieder ein paar Widerhaken einzubauen, ohne dadurch das schmissige Gesamtbild zu zerstören. Love Is All haben mit ihrem neuen Album eine astreine Hitplatte aufgenommen, die auch für Soundtüftler interessant sein dürfte. Ich habe jedenfalls in diesem Jahr noch nichts gehört, was so detail-verliebt und schmissig zugleich klang. Gut gemacht. Love Is All – We Love You All.

kitsuneDer neunte Teil der elektronischen Sampler-Reihe „Kitsuné Maison Compilation 9“ beginnt derweil mit einem äußerst gelungenen Chill Out-Indie-Wellenreiter namens „Belong“ von Washed Out. Da können sich die Drums schon mal warm anziehen, wenn die Jungs ihnen demnächst die wärmende Sonne vom Firmament klauen. So charmant eingelullt, lässt man sich hinterher nur zu gerne von den tanzbaren Klängen Gamble & Burkes und dem Badestrand-Pop Penguin Prisons die Gehörmuscheln massieren. So viel Sommerparty tut richtig gut, während draußen die Grashüpfer von den Halmen in Richtung Glückseligkeit abheben. Jamaica, Feldberg und Two Door Cinema Club machen hinterher dann Phoenix Konkurrenz und man fragt sich, ob da eigentlich überhaupt noch dieser klassische Elektro-Dampfhammer rausgeholt wird, für den Kitsuné in der Vergangenheit schon reichlich Werbung auf ihren Samplern gemacht hat. Überraschung, Überraschung. Kitsuné knipsen anno 2010 das Blitzlichtgewitter aus und suhlen sich im neonbunten Lichtermeer. Steht ihnen außerordentlich gut, diese Hang zu popigen Tunes. Da darf man jetzt schon gespannt sein, was in Zukunft noch so für Hits dabei rumkommen.

11-freundeWer mal wieder nach einer passenden Lektüre fürs Klo sucht und das 11 Freunde-Magazin bereits zum fünften Mal in diesem Monat durchstöbert, sollte sich mal im Buchhandel umsehen und nach „Eier, Wir brauchen Eier!“ Ausschau halten. Der schicke Fußball-Almanach aus dem Hause „Heyne Hardcore“ versammelt 500 Anekdoten zum Ballsport und sorgt für ausgiebiges Schmunzeln mit zahlreichen Infos über die Eskapaden von Wayne Rooney bis Lukas Podolski. Dazu gibt’s auch Storys über sexuelle Eskapaden und den Kummerspeck, den so mancher Akteur im Laufe ihrer Karriere wieder abtrainieren musste. Schön, dass das Ganze sich dabei streng an den Fakten orientiert und nicht unfreiwillig ins Lächerliche abdriftet. Lustig ist es trotzdem, gerade um auf langweiligen Studentenpartys mit Pseudo-Wissen zu prahlen. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Schweinsteiger 2003 mal heimlich in den Swimming-Pool der Bayern einstieg, um sich mit seiner „Cousine“ so richtig auszutoben. Wusstet ihr?! Okay, dann hilft das Ganze auch beim „Dendemann-Texte“ dechiffrieren. In dem Buch erfährt man nämlich auch, wer ein gewisser Walter Eschweiler ist (Zitat: „Das haut dich um, Alda, wie Walter Eschweiler“). Also holt euch das Leder, pardon… den Schinken natürlich.

noisiaNoisia erschrecken einen derweil mit ihrem grässlichen Artwork, das schlimmste Befürchtungen in einem aufsteigen lässt. Wird das jetzt Rammstein meets Linkin Park oder was? Nach dem ersten Song kommen eher Erinnerungen an The Prodigy auf. Beim zweiten trifft dann Massive Attack auf Pendulum. Der Eindruck hier Stangenware vor den Latz geknallt zu bekommen, weicht mit fortdauerndem Hörgenuss dem wohligen Gefühle, dass hier zwar jemand das Gefühl genießt, auf dicke Hose zu machen, aber trotzdem über genug Raffinesse verfügt, nicht in einfältige Stadion-Elektro-NuRock-Gefilde abzudriften. Alles in allem ist „Split The Atom“ ein gelungener Zeitvertreib für alle, die von Hadouken! und Konsorten gar nicht genug bekommen können.

nachlader-koma-baby-lebtNachlader laden derweil ihren Akku wieder auf und ballern uns auf „Koma Baby lebt!“ elf schmissige Tracks zwischen DAF, Daft Punk und Deichkind um die Ohren. Das wirkt bisweilen zwar etwas unentschlossen, wo der Weg denn nun in Zukunft hingehen mag, macht aber zunehmend Bock auf Party, wenn in „Pommes und Disco“ plötzlich im Die Sterne-Discokleid ein astreiner Tanzflächenhüpfer um die Ecke biegt oder in „Raus auf die Straße“ die gedämpfte Elektro-Klatsche der Marke Bratze ausgepackt wird. Alles in allem ein Album, das wesentlich mehr Spaß macht, als man anfangs erwartet hätte. Gautsch- und Fischmob-Fans sollten unbedingt mal reinhören.

blockflote-des-todesHinter dem doch recht charmanten Bandnamen Blockflöte des Todes verstecken sich derweil leider nur ein paar zwiespältige Liedermacher-Klänge über Mädchenhaar-Allergien und den akutem Preisrutsch im Koksgeschäft. Auf Platte funktioniert das nicht wirklich, weil sich der Witz leider schon nach dem ersten Durchlauf erschöpft. Live allerdings könnte die Songs von „Wenn Blicke flöten könnten“ ein charmanter Zeitvertreib a la Bernd Begemann und Der Junge mit der Gitarre sein, wenn Protagonist Matthias Schrei die ganze Sache richtig anpackt.

hundreds-hundredsHundreds liefern hinterher glasklare Popentwürfe, zu denen man sich auf die nächste Wolke hechten möchte, um dann von dort aus in bester Schaumschläger-Manier von der süßen Seite des Lebens zu träumen. Die Scheibe bewegt sich im Grenzgebiet von Club- und Pop-Gefilden, so dass man bei den ausufernden Tracks auch mal fingertechnisch mitschnippen / zehentechnisch mitwippen darf, während einem die poppigen Sounds Honig ums Maul schmieren. Alles in allem ein Album für verregnete Frühlingstage, wenn man am Fenster sitzt und der kühle Schauer den Blick auf die Straßenlaternen der Stadt verwischt.

we-have-bandWe Have Band befeuern uns zum Abschluss mit Songs, für die sich die Los Campesinos!auf ihrem letzten Album die Finger verrenkt hätten. „WHB“ besticht durch eine Bandbreite, Dynamik und Energie, dass man spätestens bei der treibenden Hitsingle „Divisive“ oder dem Indie-Club-Rocker „Honey Trap“ euphorisch die Hände in die Luft wirft, um sich vollends im Neonlicht der Tanzfläche zu suhlen. Dieses Album schreit geradezu danach, von der bloggenden Meute abgefeiert zu werden, als ob es kein Morgen mehr gäbe. Dass die Musik dabei hin und wieder an den Sound von The xx erinnert, kann in Sachen Breitenwirksamkeit ja nur förderlich sein. Deshalb lasst mal wieder die Hüften Kreisen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.