// zuckerbeat vol. (1)60 – lightscapes

Roman Fischer hat sich derweil endgültig von seinem Image als netter Indie-Popper von Nebenan befreit und macht jetzt ganz großes Kino in Sachen Pop-Musik. Sein aktuelles, selbstbetiteltes Album dürfte den Fans von Coldplay bis Snow Patrol das Wasser im Munde zusammen laufen lassen. Diese Songs hier sind wie geschaffen, um auf der großen Bühne gesungen […]

romanfischer_romanfischerRoman Fischer hat sich derweil endgültig von seinem Image als netter Indie-Popper von Nebenan befreit und macht jetzt ganz großes Kino in Sachen Pop-Musik. Sein aktuelles, selbstbetiteltes Album dürfte den Fans von Coldplay bis Snow Patrol das Wasser im Munde zusammen laufen lassen. Diese Songs hier sind wie geschaffen, um auf der großen Bühne gesungen zu werden. Mit etwas Glück pusht ihn jemand ins Nachmittagsprogramm von MTViva oder klaut einen seiner Hits für eine erfolgreiche TV-Serie und schon geht das Teil hier ab durch die Decke. Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase bietet es aber auch zahlreiche gelungene Momente für Fans der ersten Stunde. Die Melodien wickeln dich ein und schon nach drei Songs befindet man sich in einem Rausch der Glückseligkeit. Wer noch weitertanzen möchte, sollte die Möglichkeit nutzen und Roman Fischer (vielleicht zum letzten Mal) im intimen Ambiente des Jugendkulturhaus Cairo in Würzburg genießen. Da steht er am 12. Oktober auf der Bühne.

fotosDie Fotos wagen derweil auf „Porzellan“ einen weiteren Schritt nach vorne und befreien sich von den Phoenix-Umhängen, die sie sich auf dem Vorgänger in bester Superman-Manier übergestreift haben. Ist ja auch irgendwie konsequent, dass sie jetzt in düstere Gefilde abtauchen, schließlich soll das Ganze ja spannend bleiben. Hat man sich erstmal die Seele gewärmt am dröhnenden Einstiegs-Knaller, wird man nach zwei Minuten dann auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle eingeladen. Hier kann man durchaus den Bogen zu Madsens aktuellem Opener ziehen, nur werden hier My Bloody Valentine in Sachen Sound zu Rate gezogen und nicht Queen. Die ambitionierte Suche nach neuen musikalischen Herausforderungen sorgt zwar hin und wieder auch für nervtötende Momente, wenn einen der Titel-Track zu vermitteln versucht, man könne Showgaze, pardon: Shoegaze ins Stadion überführen. Dann aber nimmt einen schon wieder „Nacht“ an der Hand und alles wirkt so stimmungsvoll arrangiert, dass man sich von den poppigen Melodien nur zu gerne ins Wunderland entführen lässt. Alles in allem ein Album mit dem sicher keiner gerechnet hätte. Ausbaufähig in Nuancen aber alles in allem doch wieder geil.

mikroboyMikroboy wollen es derweil so richtig wissen und haben auf ihrem Debüt „Nennt es, wie ihr wollt“ die passenden Argumente parat, um den üblichen Verdächtigen aus dem Hause Madsen und Fertig, Los den Rang abzulaufen. Die Scheibe ist nach dem ausschweifenden Intro eigentlich ein einziger Hit in zwölf Akten. Textlich ist das Ganze im Grenzgebiet Tomte / Kettcar angesiedelt und würde vielleicht an der einen oder anderen Textstelle noch etwas Feinschliff vertragen, aber für ein Debütalbum ist es klasse, was die Jungs hier fabrizieren. Schon nach wenigen Minuten summt man die Melodien von der aktuellen Single „Nichts ist umsonst“ (übrigens auch gerade erschienen mit einem tollen Mix von Der Tante Renate) oder „Raus aus der schlechten Luft, rein mit der guten!“ vor sich hin, als wären die Songs gute, alte Bekannte, die man schon vor langer Zeit ins Herz geschlossen hatte. Alles in allem sind Mikroboy vielleicht nicht die deutschen Get Up Kids, dazu ist das Produktion der Scheibe zu glatt, aber Fans von Jimmy Eat World und The Ataris werden ihnen schon nach dem ersten Durchlauf reihenweise um den Hals fallen. Endlich mal wieder eine Band zum Liebhaben.

hellboy1Wir wagen derweil zum ersten Mal beim Zuckerkick einen Blick in zeichnerische Gefilde und erfreuen uns an der Lektüre der beiden Comic-Reihen „Hellboy“ und „The Walking Dead“. Die hochwertigen, gebundenen Ausgaben aus dem Hause „Cross Cult“ sind ein wahrer Augenschmaus. Zu Hellboy muss man in diesem Zusammenhang wohl einführend nicht mehr viel sagen. Die zugehörigen Filme haben ja bereits Kult-Status. Wer bisher nicht in den Genuss der Comics gekommen ist, sollte das unbedingt nachholen, wie in den ersten beiden Romanen der Reihe namens „Der Teufel erwacht“ und „Saat der Zerstörung“ mit Licht und Schatten gespielt wird, ist meisterhaft. Hellboy-Schöpfer Mike Mignola (und John Byrne) schaffen es mit ihren bedrückenden Bildern eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen, wobei mir in diesem Zusammenhang der zweite Roman sogar besser gefällt, weil dort in der (Unter)Welt der Vampire gewildert wird, was immer wieder für Gänsehaut beim Leser sorgt.hellboy2 Weil Hellboy zudem einerseits die Rolle des großspurigen Superhelden mit Augenzwinkern auf den Leib geschrieben wurde und noch dazu die tiefsinnigen Momente mit einem grandiosen Gespür für Komik gekontert werden, verliebt man sich schon nach wenigen Seiten in den Abgesandten aus der Hölle. Im ersten Roman „Saat der Zerstörung“ begegnet der werte Ermittler (einer Sondereinheit für Übernatürliches) übrigens dem Typen, der ihn zu uns auf die Erde schickte. Wie das ausgeht? Am besten selbst nachlesen. Wer in diesem Zusammenhang lieber in die Welt der lebenden Toten eintauchen möchte, sollte sich an „The Walking Dead“ heranwagen. Die wahre Gefahr (und das ist das Bemerkenswerte) an den ersten vier Bänden der Reihe, die wahre Gefahr also ist, dass die eigentliche Gefahr hier gar nicht so sehr von den Untoten ausgeht, sondern von den Menschen selbst. Schon im ersten Roman entspinnt sich ein Netz von Intrigen um die Protagonisten der Reihe und man wird nicht müde, den „Helden“ auf ihrem Streifzug durch Endzeitszenerien zu folgen, weil sich nach und nach immer mehr Facetten der Persönlichkeit offenbaren. Hier verschwimmen immer wieder die Grenzen zwischen Gut und Böse. Hier dreht sich alles ums blanke Überleben, um enttäuschte Liebe und um die Gefahr, die von uns allen ausgeht, wenn wir an unsere Grenzen geraten. twd3In den vorliegenden Romanen „Die Zuflucht“ (3) und „Was das Herz begehrt“ (4) wähnen sich die ziellos umherschweifenden bereits am Ziel ihrer Träume. Einem sicheren Platz in Form eines hoch entwickelten Hochsicherheitsknasts. Dass dort noch vier Menschtwd4en umher streifen, die irgendwie der Epidemie entkamen, kommt nicht nur dem Leser komisch vor. Im nachfolgenden Roman kommt es schließlich zunehmend zu Auseinandersetzungen darüber, wer im Knast die Hosen anhat. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, wie sich in den Romanen die Angst eher hinterrücks anschleicht. Es sind nicht etwa die zerfetzen Körper der Untoten, die beängstigen, sondern die Abgründe der menschlichen Seele, die hier beleuchtet werden. Dementsprechend ist das Ganze auch erst ab 16 freigegeben, bisweilen ist es wirklich nicht ohne, was da abgeht. Zuviel verraten möchte in diesem Zusammenhang allerdings noch nicht. Am besten selbst einmal rein lesen. Über die weiteren Bände der beiden Comic-Reihen und ob sie es schaffen, das hohe Niveau der ersten Romane zu bestätigen, halten wir euch im Rahmen der nächsten Zuckerbeats auf dem Laufenden.

levellers-a-weapon-called-the-wordVon den Levellers haben manche Leser vielleicht schon von ihren Eltern erzählt bekommen, ich persönlich konnte mit ihrer Mischung aus Folk und Rockanleihen nie wirklich etwas anfangen. Umso bemerkenswerter ist es, dass mich ihr neues Album „A Weapon Called The World“ mit dem Opener „World Freakshow“, der klingt als hätten sich die Counting Crows in ein irisches Pub verirrt, doch kriegt, liegt vor allem daran, dass die Folk-Anleihen hier nicht so massiv im Vordergrund stehen. Genau genommen schreiben die Levellers wirklich schmissige Songs, nur ist das eben einfach nicht meine Art von Musik. Alle Fans von New Model Army bis hin zu den Fleet Foxes sollten trotzdem einen Durchlauf riskieren. Es könnte sich als lohnenswert erweisen.

seth-lakeman-hearts-and-minds-7063753300Wer derweil auf den Geschmack gekommen ist, kann hinterher dann gleich noch Seth Lakeman anchecken. Der versucht sich auf seinem neuen Album auch daran dem Folk-Genre neues Leben einzuhauchen und macht auf „Hearts And Minds“ keine Kompromisse. Der Junge ist in einem Elternhaus groß geworden, das gleichzeitig einen florierenden Folk-Club betrieb und da hat der werte Herr natürlich auch ab und zu mal rein gespitzt, wenn die großen der Szene auf der Bühne standen. Auf seinem eigenen Album vermengt er mystische Geschichten mit zeitgenössischer Relevanz, orientiert sich aber für meine Verhältnisse leider zu sehr an der klassischen Folk-Schule. Wer drauf steht. Reinhören!

Cover vektor.inddUnter dem Banner der Alin Coen Band erscheint in diesen Tagen ein imposantes Liedermacher-Werk der gleichnamigen Sängerin aus Hamburg, die uns auf ihrem Debüt mit englisch- und deutschsprachigen Pop-Songs beglückt. Die bisweilen spärlich instrumentierten Songs auf „Wer bist du?“ laufen dabei nie Gefahr in Joss Stone-Gefilden zu versanden, weil hier viel Wert darauf gelegt wurde, dass alles möglich unmittelbar beim Hörer ankommt. Stattdessen könnten Fans von Tracy Chapman bis Sophie Hunger durchaus Gefallen an dieser 14teiligen Seelenschau finden. Ein solch charmantes Liedermacher-Pop-Album läuft dir jedenfalls nicht jeden Tag über den Weg.

brisaDie Malerin Brisa Roché, aufgewachsen in der Hippie-Idylle Nord-Kaliforniens, hat ihr neues Album am Start und spielt darauf eine Art Hippie-Folk mit Rock-Anleihen. Am Ende klingt es, als würden PJ Harvey und Björk zusammen durchs Studio hüpfen und einen Regentanz aufführen. Die Künstlerin sprüht auf „All Right Now“ nur so vor Inspiration und schon nach einer kurzen Eingewöhnungszeit ist man als Hörer bereit, ihr auf die verschlungenen, musikalischen Pfade zu folgen, die sie auf ihrem dritten Werk beschreitet. Womit wir dann auch schon wieder am Ende wären für heute. Lasst es euch gutgehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.