// zuckerbeat vol. (1)69 – teenage kicks

Angefixt durch die beiden illustren Hollywood-Streifen möchten wir euch in diesem Zuckerbeat mal auf die beiden Comic-Veröffentlichungen „Kick-Ass“ und „Scott Pilgrim Vs. The World“ aufmerksam machen. Die Graphic Novel „Kick-Ass“ wurde illustriert von Mark Millar („Wanted“) und dem renommierten John Romita Jr. (unter anderem verantwortlich für den „Amazing Spider-Man“). Zusammen erzählen Sie uns von einem […]

kickassAngefixt durch die beiden illustren Hollywood-Streifen möchten wir euch in diesem Zuckerbeat mal auf die beiden Comic-Veröffentlichungen „Kick-Ass“ und „Scott Pilgrim Vs. The World“ aufmerksam machen. Die Graphic Novel „Kick-Ass“ wurde illustriert von Mark Millar („Wanted“) und dem renommierten John Romita Jr. (unter anderem verantwortlich für den „Amazing Spider-Man“). Zusammen erzählen Sie uns von einem gewissen Dave Lizewski, der nichts weiter ist als ein stinknormaler Durchschnitts-Jugendlicher mit MySpace-Account und einem Faible für Comichefte. Dave kann vor allem eine Sache ganz super: „Keines von den Mädchen abbekommen“. Also entschließt er sich einfach mal ein schickes Kostüm überzustreifen und den Superhelden zu mimen. Bemerkenswert an „Kick-Ass“ ist nicht nur die fulminante Selbstironie des Protagonisten, sondern auch das hohe Gewaltpotenzial. Der Comic ist bisweilen nur geringfügig für junge Leser zu empfehlen. Schade eigentlich, wenn man bedenkt, dass hier doch ein elementares Thema diskutiert wird: Steckt nicht in jedem von uns ein kleiner Superheld? Können wir nicht doch was verändern, wenn wir nur wollen. In diesem Zusammenhang ruft „Kick-Ass“ ohne Umschweife dazu auf, seinen Hintern hochzukriegen und die Welt zu verändern. Das finden wir natürlich klasse. Auch wenn wir sonst gar nicht so große Fans von Farbcomics sind.

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Für alle, die ihre Bildergeschichten lieber in schwarz-weiß genießen, haben wir natürlich auch noch was im Gepäck. Die spritzige Comic-Reihe „Scott Pilgrim“ hat es endlich auch in hiesige Gefilde geschafft, Zeichner Bryan Lee O`Malley orientiert sich kullerscott2augen-technisch zwar stark an den guten, alten Mangas der Marke „Ranma ½“ und Konsorten, macht aber nichts, weil die Storys einfach herzallerliebst sind. In den ersten drei Bänden („Das Leben rockt!“, „Gegen den Rest der Welt“ und „Drama ohne Ende“, erschienen bei Panini Comics), welche auch als Vorlage zum Film dienten, darf sich Scott Pilgrim, unser 23jähriger Schwerenöter, mit der alltäglichen Hölle des eigenen Beziehungslebens auseinandersetzen. Seine zwar süße, aber dauer-tratschende Freundin Knives Chau fängt so langsam an ihn mit ihrem ständigen Überschwang zu nerven, also pendelt er mit Ramona Flowers an – einem Punk-Mscott3ädel, das er zuvor in seinen Träumen schon zur Traumfrau auserkoren hat und das dann tatsächlich leibhaftig vor ihm steht. Die Situation mit den beiden Mädels spitzt sich im Laufe der Zeit nicht nur beziehungstechnisch zu, Scott muss sich auch noch mit einem wilden Haufen von Ramonas Ex-Freunden wüste Fights liefern (hier überführt O`Malley gekonnt Kampfszenen der Marke Dragonball in einen pokulturelle Kontext), die vor Kreativität in Sachen Schlagabtausch nur so strotzen (ich verrat hier mal nichts, in diesem Zusammenhang lohnt es aber auch den hervorragenden Film anzuschauen, der mit popkulturellen Sidekicks nur so um sich tritt). In Band 3 trifft Scott dann passender weise auf Ex-Freund Nummer drei, was unseren Helden vor ein großes Problem stellt. Der Typ ist mit seiner eigenen Ex zusammen. Dadurch ergeben sich zahlreiche tragik-(aber vor allem)-komische Szenen, die man in einem Rutsch durchschmökert.

undertonesWir wechseln derweil das Fach und machen weiter mit ein paar Superhelden der Pop-Kultur. Die größten Hits der altehrwürdigen Undertones, den Lieblingen des renommierten Radiomoderators John Peel, wurden nämlich auf einem Album versammelt und sollen nun in aufgepeppter Form für Furore zu sorgen. Das schicke Package namens „Teenage Kicks – The Very Best Of The Untertones“ enthält alle Gassenhauer der herzerweichenden Pop-Punker. „Teenage Kicks“ gibt die Richtung vor und „Jimmy Jimmy“ und „Here Comes The Summer“ sorgen dafür, das ordentlich Partyatmosphäre im Indie-Disco-Keller aufkommt. Man erahnt auch heute noch den Enthusiasmus, mit dem die Jungspunde aus Nordirland Ende der 70er zu Werke gingen. Auf der Scheibe befinden sich 20 Songs, die einen interessanten Einblick in das breite Sammelsurium an Hymnen liefern, welches die Jungs während ihrer musikalischen Schaffensphase aus dem Hut zauberten. Alles in allem nicht nur für Nostalgiker interessant. Ein Song, wie „My Perfect Cousin“ rockt jetzt noch jede Studenten-Bude. Wetten, dass…?!

earl-greyhoundEarl Greyhound gehören zu denjenigen, die einfach nicht genug kriegen können von dem Bombast-Rock der 70er Jahre Marke Led Zeppelin (mehr zu Robert Plant am Ende dieses Zuckerbeats) und Konsorten. Das New Yorker Trio versucht sich auf dem durchweg gelungenen Longplayer „Suspicious Package“ an traditionellem Retro-Rock, der einem schon nach wenigen Minuten die Schweißdrüsen öffnet. Was die Jungs mit den feschen Frisuren und dicken Bärten auf ihrem Zweitwerk für Knaller abschießen, daran dürften nicht nur Fans von Wolfmother ihre helle Freude haben. Im Grenzgebiet von John Lennon / Black Crowes und mit freundlicher Unterstützung von Mixmeister David Schiffman (Produzent von System Of A Down und Mars Volta) sorgen sie für ordentlich Wumms auf der Tanzfläche. Blues, Jazz und Grunge tanzen Ringelreih und als Hörer kann man nur noch die verschwitzte Mähne in Richtung Schlammlache dreschen.

the-sleepingThe Sleeping schicken sich derweil an, dem ollen Gesellen Emo noch ein paar schicke Facetten abzuringen und sind deshalb extra nach Woodstock getingelt, um ihr aktuelles Album „The Big Deep“ einzuspielen. Die Scheibe klingt überraschend frisch, wenn man bedenkt welche unmenschliche Anzahl von Acts schon versucht hat, Taking Back Sunday und Konsorten den Rang abzulaufen. Ich kann nicht so recht sagen, woran es liegt, aber The Sleeping ersaufen nicht in der Masse an gesichtslosen Acts. Sänger Douglas Robinson schlängelt sich gekonnt durch die Breitwand-Produktion, welche sich aber niemals anschickt, die Songs übermäßig glatt zu bügeln. Eine Revolution werden The Sleeping mit ihrem neuen Album sicher nicht lostreten. Für Aufsehen sorgen sie aber trotzdem in einem Genre, das man eigentlich schon vor mehreren Jahren abgeschrieben hatte.

the-scenicEbenfalls auf „Victory“ erscheint das neue Album von The Scenic, welches im Grenzgebiet von Simple Plan und Taking Back Sunday anzusiedeln ist. Die Jungs schaffen es mit „Bipolaroid“ zwar nicht, die gleiche Emotionalität zu erzeugen, wie The Sleeping, das Album allerdings ist trotzdem ein gelungener Soundtrack, um sich die letzten Sonnenstrahlen am örtlichen Flussufer auf die Stirn purzeln zu lassen. Der Hang zu stadiontauglichen Refrains sorgt immer wieder für Partyatmosphäre. Und am Ende liegt man grinsend im Gras und fängt an die „Uh Oh“-Melodien nachzusummen. Mit „Bipolaroid“ erfinden The Scenic das Pop-Punk-Rad sicher nicht neu, eine charmante Alternative zum aktuellen Weezer-Release ist die Scheibe aber allemal.

posies1The Posies gelten seit ihrem ersten Album anno 1988 als ewiger Geheimtipp und haben seit ihrer 2005er Reunion mit neuem, gelungenem Material auf sich aufmerksam gemacht, dass ihren alten Gassenhauern in nichts nachsteht. Nun erscheint mit „Blood/Candy“ das auf Silberling gepresste Ergebnis einer ausgiebigen Jam-Session anno 2009. Das Ergebnis klingt so, als wollte da jemand so richtig die Sau raus lassen: Jazz-Sounds und Musical-Parts verführen einander auf spacigen Harmonien sorgen dafür, dass man als Hörer nur zu gerne in diesem pompösen Post-Pop versinkt. Manche nennen das dann Größenwahn. Die anderen lassen sich einfach davon treiben. In jedem Fall können auch Fans von The Mars Volta & Konsorten mal einen Durchlauf riskieren. Es lohnt sich.

jenni-rushJennifer Rush hat derweil das Problem, dass sie ganz hoffnungslos in den 80s fest steckt, was wiederum auch ihr größter Trumpf in Punkt.o Nostalgiker-Fraktion ist. Für eben jene sei in diesem Zusammenhang noch mal auf die aktuelle Hit-Compilation „Best Of 1983-2010“ hingewiesen. Da ist alles drauf, was wichtig und nichtig war. Wer auf 80s Pop steht, sollte mal reinhören. Das Gesamtwerk von Jennifer Rush umfasst derweil neben einigen unsäglichen 80er Schmachtfetzen auch einzelne Songs, die man sich zwischenzeitlich mal wieder ganz gerne zu Gemüte führt. Zugegeben: „The Power Of Love“ und „Automatic“ kann sich heute kaum mehr jemand schmerzfrei anhören, aber ein Song wie „Destiny“ funktioniert direkt im Anschluss an die Scissor Sisters auch heute noch überraschend gut. Womit wir auch schon wieder am Ende wären für heute. Lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.

Text: Alexander Nickel-Hopfengart