// zuckerbeat volume 8

Manchmal hört man ein Album, stellt es wieder in die Ecke und auf einmal überfällt es einen hinterhältig von der Seite. Da schlenderst du gemütlich durch die Straßen der Stadt und dann setzt sich plötzlich ein Ohrwurm in deinem Kopf fest. Wo kommt der nur her? Die Frage quält dich. Du wirst schier verrückt. Keine […]

zuckerbeat8Manchmal hört man ein Album, stellt es wieder in die Ecke und auf einmal überfällt es einen hinterhältig von der Seite. Da schlenderst du gemütlich durch die Straßen der Stadt und dann setzt sich plötzlich ein Ohrwurm in deinem Kopf fest. Wo kommt der nur her? Die Frage quält dich. Du wirst schier verrückt. Keine Frage… Du brauchst Klarheit! Der Plattenschrank wird also auf den Kopf gestellt. „You´re a Fucking Disaster“. Ímmer wieder. Und dann… die Erlösung. Da sind sie: Far From Finished. Beim ersten Mal noch verschmäht aufgrund der offensichtlichen Referenzen zu Anti-Flag, Bad Religion und Konsorten, entpuppt sich deren neuester Streich „Living In The Fallout“ (6,7/10) als durchaus überzeugender Punkrockentwurf mit hohem Mitgröhlfaktor. Das schönste aber ist: Das kann man demnächst auch live erleben. Die Band spielt nämlich als Support für die wunderbaren No Use For A Name. Am 14.4. startet die dicke Party im Stattbahnhof in Schweinfurt. Also unbedingt hingehen. Und dann schnell weiter zum nächsten Lichtblick des Monats. Der hört auf den Namen The Amber Light. Wird demnächst Support für die allseits verehrten Psychopathenmusikanten von Trail of Dead spielen und präsentiert auf seinem neuen Album „Play“ (7,5/10) einen poppigen Emo-Entwurf, der durch seinen experimentellen Ansatz extrem spannend geraten ist. Während ein ganzes Genre gerade aufgrund zu vieler mittelmäßiger Combos im Nirgendwo verschwindet, verzaubern The Amber Light mit ständigen Melodie-Wechseln und vertrackter Hymnenhaftigkeit. Ein wahrer Lichtblick diese Scheibe, da schaffen es nicht mal Someone Still Loves You Boris Yeltsin mitzuhalten. Die werden ja aufgrund der grottenschlechten Teenie-Soap „O.C. California“ derzeit allerorts gehypt. Doch so schlecht die Serie auch ist, umso besser ist die Musik auf ihrem Album „Pershing“ (7,3/10). Zärtlicher Indie-Pop ist das, der sich sanft an dich schmiegt, wie herrenlose Kätzchen. Da sieht man unentwegt bunte Luftballons aufsteigen oder knutscht in der City wildfremde Menschen zu Boden. Alle Shins-Fans dürften jetzt schon ihr Herz verloren haben, der Rest sollte das ganz schnell nachholen. „Pershing“ ist ein echter Geheimtipp. Weniger lebenbejahend ist dagegen „Building An Empire“ (6,0/10) von Demians. Da wird teilweise sogar 16 Minuten lang in düsteren Rockgefilden gewildert. Seltsame Musik ist das, die hier aus Frankreich zu uns rüberschwappt. Manchmal bekomme ich das Gefühl, als würden Dream Theater versuchen ein Akustikalbum einzuspielen. Dann wiederum kann man neue Thrice oder Thursday heraushören. Leider verliert man als Hörer gegen Ende der Scheibe etwas den Faden. Trotzdem dürften alle Liebhaber ausufernder Rockklänge mit „Building An Empire“ gut bedient sein. Anschließend geht’s dann aber wieder zurück auf die Tanzfläche. Midfield General haben nämlich für ihr Album „General Disarray“ (7,0/10) allerhand prominente Gäste, wie Justice und Soulwax ins Studio eingeladen. Dazu ballern sie dir mit lauten Sirenen in bester Prodigy meets Daft Punk-Manier ein paar durchgewirbelte Elektro-Hits um die Ohren, dass der Schweiß nur so von der Nasenspitze perlt. Mit dieser Scheibe könnten alle von den Chemical Brothers inzwischen Enttäuschten Elektro-Rocker eine neue Heimat finden. Zumindest wenn sie voll eins auf die Fresse bekommen wollen. Musikalisch gesehen, versteht sich. Ansonsten sind sie mit dem housigen Soundgewand von Marc Romboy wesentlich besser bedient. Dessen Album „Contrast“ (6,8/10) klingt, wie der erste Augenaufschlag auf einer grünen Frühlingswiese nach durchzechter Nacht. Bedröhnt schleppt man sich durch die menschenleeren Straßen in Richtung After-Show Party. Die Stöpsel im Ohr treiben einen raus in realitätsferne Weiten und lassen einen dort verweilen, bis der Schmerz im Kopf wieder nachlässt. Wer sich anschließend noch in die Kneipe gegenüber verirrt, könnte dort eventuell auf Fireworks Night treffen. Das Londoner Folkkollektiv präsentiert auf seinem lo-fi-affinen Werk „As Fools We Are“ (6,9/10) ein, mal gehauchtes, mal verrauchtes, zweistimmiges Vergnügen sanfter Songwriterpoesie. Der perfekte Soundtrack zum Mittagsumtrunk und die erste Zigarette des Tages. Sowohl für Fans von Moldy Peaches, als auch Arcade Fire sehr zu empfehlen. Die Schmetterlingsschaaren vor der Tür erwarten einen dann zusammen mit den dänischen Indie-Poppern von Cartridge. Die haben mal wieder eines dieser kleinen, unscheinbaren, viel zu leicht zu übersehenden Lieblingsalben aufgenommen, das man ganz fest umarmen möchte. „Fractures“ (7,7/10) ist dermaßen liebevoll mit Melodien voll gestopft, dass man sich fühlt, wie im siebten Wasserbetthimmel. Einfach draufspringen und dann treiben lassen von diesen wundersamen Klängen, die so zärtlich das Gemüt beruhigen. Belle & Sebastian dürften sich jetzt schon grün und blau ärgern, dass ihnen manche dieser Songs nicht selbst eingefallen sind. Unbedingt mal anhören! Es lohnt sich. Das kann man von „Mehr als nur eine Crew“ (5,8/10) von Men Of No Nation nur bedingt behaupten. Die deutsch/englisch gerappten Punchlines knallen zwar ohne Ende, aber leider wollen die Backpacker-Lyrics von Finest Skills nicht immer mit der Straßenlyrik von YNC im Gleichschritt laufen. Insgesamt ein zwar eindrucksvolles, aber zwischenzeitlich auch reichlich zwiespältiges Rapalbum des Hamburger Rap-Duos. Es bleibt also erstmal abzuwarten, was der Nachfolger hergibt. Und weil ich euch hier schon wieder ewig zutexte, ist jetzt erstmal Schluss. Bis zum nächsten Zuckerbeat.

// von alexander nickel-hopfengart