// zuckerbeat vol. (1)74 – freyja´s ghost

Paul Smith hat mit seiner Band Maximo Park drei ganz wunderbare, subtil anmutende Indie-Pop-Alben veröffentlicht, die sich aufgrund ihrer tiefsinnigen Texte von dem üblichen Konsens-Rock abheben, welcher allwöchentlich die Tanzflächen der Nation flutet. Nun hat er das einzig richtige getan, die Tanzschuhe für einen Moment in die Ecke geschubst und Platz genommen. „Margins“, sein erstes […]

paul-smithPaul Smith hat mit seiner Band Maximo Park drei ganz wunderbare, subtil anmutende Indie-Pop-Alben veröffentlicht, die sich aufgrund ihrer tiefsinnigen Texte von dem üblichen Konsens-Rock abheben, welcher allwöchentlich die Tanzflächen der Nation flutet. Nun hat er das einzig richtige getan, die Tanzschuhe für einen Moment in die Ecke geschubst und Platz genommen. „Margins“, sein erstes Album als Solo-Künstler, ist ein ziemlich entspanntes Werk. Zu diesen Songs muss nicht zwangsläufig getanzt werden. Die Leute sollen zuhören. Die Stimme des Sängers steht auf dem gesamten Album im Vordergrund und manchmal klingt es fast ein bisschen skizziert, was in Sachen Song so abläuft. Das Augenmerk richtet sich ganz allein auf Paul Smith selbst und dessen Textzeilen, die um unerfüllte Realitäten kreisen. Mancher Maximo Park-Fan wird da sicher enttäuscht abwinken, doch Smith macht das einzig Richtige. Er trägt sein Innerstes nach außen und schreibt Songs, die nicht so recht zum tanzbaren Ansatz von Maximo Park passen möchten. Am Ende erschafft er auf diese Weise ein forderndes Album, das sich erst nach mehreren Durchläufen erschließt. Wer bereit ist, sich auf „Margins“ einzulassen, wird viel Freude daran haben.

modeselektionGernot Bronsert und Sebastian Szary alias Modeselektor präsentieren uns derweil nach zwei vortrefflichen Alben, die immer wieder über den elektronischen Tellerrand hinaus blickten, ein imposantes Mixtape, welches passender Weise mit „Modeselektion Vol. 01“ betitelt wurde. Bemerkenswert ist, dass die beiden Jungs darauf ausschließlich unveröffentlichte Tracks von so illustren Kollegen, wie Feadz und Shed, in ein schlüssiges Gesamt-Mix überführen. Weil sie noch dazu gekonnt mit so unterschiedlichen Stilen, wie Dubstep und Funk experimentieren, wird die Geschichte trotz fehlender Angelhaken in Form von bekannten Tracks, niemals langweilig, sondern hält den Hörer über die Länge von 18 Tracks bei der Stange.

golden-filter-voluspaUnd das nenn ich mal einen Auftakt. The Golden Filter hauen uns auf ihrem aktuellen Album ein schmissiges Geigen-„Riff“ vor den Latz, so dass man schon nach wenigen Sekunden von einem Sog der Emotionen erfasst wird. Das erinnert musikalisch nicht ganz zufällig an den Sound von The Faint, nistet sich aber stimmtechnisch eher im Grenzgebiet von Little Boots und Empire Of The Sun ein. Artwork-technisch wird dabei versucht Pink Floyd Konkurrenz zu machen und mit zunehmender Dauer, merkt man wie konsequent hier jemand seine musikalischen Obsessionen auslebt. Dass die Scheibe dabei hin und wieder in kitschige Euro-Dance-Gefilde abzudriftet, darüber lässt sich bei einem solch kompromisslosen Ansatz am Ende gerne hinwegsehen.

erika-rosenErika Rosén aus Malmö beschert uns derweil ein verträumtes Herbstmelancholiker-Debüt, das auf zwei Cds 15 Stücke versammelt, die einem das Herbstlaub aus dem Blickfeld schubsen. Man möchte sich zwei Kopfhörer aufsetzen und aus den Melodien der jungen Dame einen Schutzwall errichten. Scheibe eins wurde von der werten Katharina Nutall produziert, die auch beim letzten Album von Ane Brun hinter den Reglern saß. Scheibe zwei, die noch eine Spur unmittelbarer beim Hörer ankommt, hat Erika direkt in ihrer Kuschelecke zuhause eingespielt. Wer auf melancholischen Pop mit Schräglage steht, sollte sich „Reload All Emotions And Let Them Collide“ unter keinen Umständen entgehen lassen. Diese Scheibe ist ein gefundenes Fressen für Fans von Karo bis PJ Harvey.

shugoDer japanische Künstler Shugo Tokumaru entführt uns derweil mit allerhand kindlichem Enthusiasmus auf den nächsten Kinderspielplatz der Popmusik und lässt auf seinem vierten Album „Port Entropy“ Flöten, Mundharmonika und Xylofon-Klänge ringelreih tanzen. Mit süßlichem Kinderchor im Gepäck macht er glattgebügelte Popmusik wieder interessant und könnte als experimentierfreudiger Geselle von John Lennons Sohn Sean durchgehen. Ein ähnlich inspiriertes und ideenreiches Piano-Album hat man lange nicht mehr gehört. Wer auf Musik zum Träumen steht, sollte unbedingt mal rein hören.

untertagen2Ein schmissiges Mini-Format kam vor kurzem von Aschaffenburg in unser Büro geflattert. Untertagen sorgen mit charmanten Melodien der Marke Fertig, Los! für Aufregung in der örtlichen Indie-Disse. Ihre Debüt-EP „In dieser Stadt“ ist ein gefundenes Fressen für Indie-Pop-Fans, die von den Fotos und Dorfdiskos dieser Erde gar nicht genug bekommen können. Die Refrains (vor allem der gleichnamige Opener) sind so hymnisch, dass man, wie bei den Sportfreunden, gerne mal über so manche (leicht) plakative Textzeile hinweg blickt. Wenn Undertagen auf ihrem Debüt noch eine Schippe Tiefsinn drauf kippen, könnte die Band schon bald über die Grenzen der Region hinaus für Furore sorgen.

new-model-armySeit 30 Jahren beglückt und derweil die altehrwürdige New Model Army schon mit ihrer Mischung aus Folk- und Punkrock-Anleihen. Auf ihrer „Anthology“ versammelt die Band noch einmal ihr größten Hits. Die „Vagabonds“ und „Whitecoats“ werden im Dreieck springen, wenn sie die ollen Schmonzetten aufs Neue vor den Latz geknallt bekommen. Neben den dreißig Songs, die für allerhand Deja Vu-Effekte beim Hörer sorgen, beinhaltet das Rundum-Sorglos-Paket auch noch drei DVDs mit mehreren Konzertauftritten vom leider seit Jahren stillgelegten Bizarre-Festival (2002) oder der Rockpalast-Show in der Philipshalle anno 1990. Dazu gibt’s zahlreiche Bonus Videos, die ein nostalgisches Flair versprühen. Wer die Band bisher noch für sich entdeckt hat, für den könnte diese Zusammenstellung der perfekte Einstieg ins Universum der New Model Army sein.

dan_mangan_albumDan Mangan könnte derweil ein guter Fang für alle sein, die auf amerikanischen Liedermacher-Rock der Marke Frank Turner stehen. Das aktuelle Album des Kanadiers legt los, als wollte es den Zuhörer direkt zur Revolte geleiten. Es macht einfach Spaß sich durch die geradlinigen Songs zu wühlen und immer wieder das eine oder andere Schmuckstück auszupuddeln. „Nice, Nice, Very Nice“ ist zudem fortwährend mit charmanten Details aufgehübscht, so dass die Scheibe niemals öde anmutet. Wer auf schmissige Liedermacher-Perlen mit Lagerfeuer-Einschlag steht, sollte unbedingt zugreifen. Der Rest freut sich einfach auf den nächsten Zuckerbeat. In Kürze auf dem Kanal deines Vertrauens.