// zuckerschock für den dezember 2010 – „im angesicht des verbrechens“

Wer (wie ich) bei deutschen Krimi-Serien von hemmungslosen Gähnattacken übermannt wird, der kann sich jetzt eines Besseren belehren lassen. Das 500Minuten Mammut-Werk „Im Angesicht des Verbrechens“, welches bereits mit dem deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, wurde vor kurzem von der ARD ins Nachtprogramm verstoßen, dabei sollte es Sonntagabend um 20.15 Uhr laufen, um zu zeigen: Qualitätsserien, […]

dvd-angesicht-verbrechenWer (wie ich) bei deutschen Krimi-Serien von hemmungslosen Gähnattacken übermannt wird, der kann sich jetzt eines Besseren belehren lassen. Das 500Minuten Mammut-Werk „Im Angesicht des Verbrechens“, welches bereits mit dem deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet wurde, wurde vor kurzem von der ARD ins Nachtprogramm verstoßen, dabei sollte es Sonntagabend um 20.15 Uhr laufen, um zu zeigen: Qualitätsserien, wie „The Wire“ oder „The Sopranos“ sind auch hierzulande machbar, man muss als Regisseur nur genug Enthusiasmus mitbringen. Ähnlich wie das ebenfalls ambitionierte, aber nicht ganz so wegweißende „KDD“, das kürzlich beim ZDF lief, verschwimmen bei „Im Angesicht des Verbrechens“ die Grenzen zwischen Gut und Böse. Die Dialogdichte ist bemerkenswert. Die Serie fesselt einen von der ersten Sekunde an, was auch daran liegt, dass man sich hier nicht im Zeitlupenmodus-Modus an den Fall heranwagt, sondern als Zuschauer sofort mitten drin ist im Zentrum des Geschehens. Man kann durchaus behaupten: „Im Angesicht des Verbrechens“ ist zwar ein Epos, gleichzeitig aber so rasant gefilmt, wie keine andere deutschsprachige Serie zuvor.

Reizvoll ist die Serie vor allem deshalb, weil hier fortwährend verschiedene Handlungsstränge miteinander verwoben werden. Korruption wird genauso thematisiert, wie das Privatleben der Protagonisten. Das sorgt für Dynamik und bringt die Menschen immer wieder in Situationen, in denen es kein „richtig“ oder „falsch“ zu geben scheint. Als Schauplatz wurde Berlin gewählt, was aufgrund der Rasanz durchaus Sinn ergibt, außerdem macht die Serie auch vor schwierigen Themen, wie Menschenhandel, nicht Halt. Dabei stehen fast alle Protagonisten zwischen den Fronten. Das Private schleicht sich in den Dienstalltag. Der Fall ist nicht mehr länger nur ein Job, den es zu erledigen gilt. Der Fall wird zum Teil des Lebens. Des echten Lebens. Und am Ende muss man sich irgendwie für das kleinere Übel entscheiden. Wer also seit Jahren auf die zahlreichen, sehr gelungenen Serien des Fernsehsenders HBO abfährt und nach neuem Stoff der Marke „Oz“ oder „The Wire“ lechzt, der sollte sich dieses Spektakel hier auf keinen Fall entgehen lassen. In diesen Tagen erscheint die Serie als DVD-Box und dürfte zu Weihnachten für erstklassige Krimi-Unterhaltung sorgen. Und zwar gerne auch vor der Geisterstunde.