// zuckerbeat vol. (1)86 – you was me

Wer sich im letzten Jahr zum eleganten Pop-Streich aus dem Hause Hurts ins Fäustchen lachte, der könnte sich nun spitzbübisch an die White Lies heranwagen. Gibt’s zwar schon etwas länger, die Jungs, aber mit „Ritual“ sollte sich ihr in England bereits eingesetzter Höhenflug auch hierzulande in einen einstelligen Chartplatz ummünzen lassen. Mit ihren zehn Songs […]

white-lies-ritualWer sich im letzten Jahr zum eleganten Pop-Streich aus dem Hause Hurts ins Fäustchen lachte, der könnte sich nun spitzbübisch an die White Lies heranwagen. Gibt’s zwar schon etwas länger, die Jungs, aber mit „Ritual“ sollte sich ihr in England bereits eingesetzter Höhenflug auch hierzulande in einen einstelligen Chartplatz ummünzen lassen. Mit ihren zehn Songs landen sie soundtechnisch irgendwo zwischen Joy Division und Depeche Mode, gerade der Auftakt des Albums mit der melo-hymnischen Single „Bigger Than Us“ und dem Stadion-Pop-Hit „Strangers“ ist dramaturgisch perfekt inszeniert. Der Rest des Albums setzt auf Atmosphäre, Hall und große Pop-Melodien. Alles hier schielt auf die große Bühne. Wer es gerne pompös mag, sollte unbedingt mal reinhören und sich die aufgeblasenen Bäckchen mit einer Runde Tränenflüssigkeit umspülen.

unntzes-wissen-2-weitere-1374-skurrile-fakten-die-man-nie-mehr-vergisst-30691158Wer sich in der Mittagspause ein bisschen die Zeit vertreiben möchte, der sollte sich den zweiten Teil der Neon-Buch-Reihe „Unnützes Wissen“ in den Schulranzen kloppen. Die neidischen Blicke der Mitschüler /Schrägstrich/ Mitarbeiter werden ihm sicher, sein, wenn er dem Öko nebenan klugscheißermäßig zuflüstert: „Karotten war ursprünglich lila“ oder dem Zuckerwasserschlürfer erläutert: „Für die Herstellung von einem Liter Coca-Cola sind 2,6 Liter Wasser nötig“. Dabei sollte sie/er allerdings darauf hoffen, dass das Gegenüber nicht auf die Idee kommt, mal genauer nachzuhaken, denn Hintergrundinfos sucht man auch im zweiten Band der Reihe vergebens. Dafür findet man umso mehr kurzweilige bis interessante Informationen, die einem anektoden-technisch den Tag retten. Außerdem macht das Buch Lust darauf, so manchen Spruch auf seinen Wahrheitsgehalt abzuklopfen. Soll heißen: hier lernt man auch was und zwar auf spielerische Art und Weise.

jonnycoverJonny werden derweil noch von sich hören machen, wenn es darum geht, den passenden Soundtrack zum Hitchhiker-Trip des Sommers in der Boombox zu platzieren. Das Album „Together They Are… Jonny“ ist ein einziger Hitreigen für alle, die auf Schnellstraßen-Pop mit Indie-Einschlag stehen. Man möchte einfach nur das Verdeck nach hinten schieben und in Richtung Sonnenuntergang abbiegen. Sich auf einen verlassenen Bergsims niederlassen, ein Sandwich aus der Verpackung krümeln und der Natur beim Schlafenlegen zusehen. Ein herzhaft-poppiges Indie-Album mit leichtfüßigem Country-Einschlag. Sommer, ich komme.

sarsparillaSarsaparilla sind derweil ein gefundenes Fressen für alle Melancholiker. Da werden Winterträume war, wenn sich die Lieder von Brandon Miller im Nervensystem des Hörers festsetzen. Die gute, alte Akustikklampfe ist eben immer noch für eine Überraschung gut. „Everyone Here Seems So Familiar“ ist nämlich nicht nur ein schickes Liedermacher-Werk, es strotz auch nur so vor futuristischen Sounds und Trompeten -Anleihen. Überall hängen Geigen am Himmel und die musikalischen Einflüsse von Tom Waits bis zu den Pixies sorgen für ein entspanntes Nostalgie-Feeling.

nils-mohl„Es war einmal Indianerland“ ist derweil ein gefundenes Fressen für alle Fans von abgedrehten Streifen der Marke Tarantino. Im Grunde genommen dreht sich der Roman um einen 17jährigen, der erwachsen wird und sich mit einem Mord in seiner direkten Umgebung konfrontiert sieht. Des Weiteren dreht sich das Buch um zahlreiche weitere Geschehnisse, die das Leben manchmal so bereithält, wenn man in einer Großstadt lebt. Im Vorwort wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Ganze nicht autobiografisch ist. Gerade das macht einen stutzig und die Neugier übermannt mich. Wir befinden uns also in einem belebten Vorort einer großen deutschen Stadt. Ein Mord ist geschehen. Es regnet. Es ist Sonntag. Am Mittwoch darauf sind noch fünf Tage Sommerferien. Was soll man anfangen mit dieser Zeit? Erstmal die Bruchstücke der eigenen Existenz sortieren. Zurückspulen, Vorspulen, Zusammenhänge herstellen. So geht das die ganze Zeit, in kurzen, schmissigen Passagen wird das Leben skizziert und man hat anfangs durchaus seine Probleme, den Überblick zu behalten. Da werden Zeitungsartikel zu Recherchezwecken benutzt und mit Dialogen gekontert. Kurzgeschichten aus dem Leben werden zu Puzzle-Teilen, welche die Geschehnisse nachzuvollziehen versuchen. Beispiel gefällig? „Bei der Obduktion findet man Haare im Magen, das Mädchen hat sie sich ausgerissen. Fasern aus dem Teppich gekratzt, Flusen herausgerupft, den Putz von den Wänden geschabt, im Dämmerlicht eines Zimmers ohne Heizkörper, in dem es schimmelt, in dem das einzige Fenster zugeschraubt und mit Plastikfolie abgeklebt ist; um das Geld für die Jalousie zu sparen…“ Nils Mohl hat einen Roman geschrieben, der anders ist. Er schert sich einen Dreck um Konventionen und verliert dabei niemals den Faden. Hat man sich nach fünfzig Seiten nämlich erstmal eingefunden in das Werk, spielt der Autor gekonnt mit der Neugier des Lesers, wenn er den zeitlichen Ablauf durcheinander wirbelt und Anknüpfungspunkte erst nach und nach zusammenfügt. Alles in allem: eine „Mordsgeschichte“.

isbellsDie Isbells verlagern derweil gerne mal eins ihrer Konzerte an das „Ufer“ des ortsansässigen Brunnens, wenn im Club zuvor der Strom ausfällt. Musikalisch sind sie verortet zwischen den Magic Kids und Mumford & Sons. Zärtliche Folk-Balladen treffen auf Beach Boys-Chöre, weshalb das nun erschienene Debüt-Album auch ganz hervorragend das Weihnachtsfest ein wenig in den Januar hinein verlängert. Wer auf melancholische Hymnen ohne Pathos, dafür aber mit umso mehr Herz steht, sollte sich das gleichnamige Album auf keinen Fall entgehen lassen.

kissesKisses scheint es derweil nicht sonderlich zu stören, eine Runde in elektronischer Nostalgie zu schwelgen. Ihr Album klingt ein bisschen so, als hätten sich New Order in einen Experimentierkasten verliebt und sich in die Körper von Neuzugängen der Marke Cut Copy und Konsorten transformieren lassen. Bei so viel Namedropping verwundert es fast schon wieder ein bisschen, dass „The Heart Of The Nightlife“ trotzdem ein sehr fesselndes Werk geworden ist. Wer auf romantischen Elektro-Pop mit experimentellen Schlenkern steht, sollte mal reinhören.

puta-madreDie Puta Madre Brothers klingen derweil, als wollten sie sich als Begleitband für Bela B. und Calexico empfehlen. Das Bemerkenswerte an ihrem Sound ist, dass sie ihr Mariachi-Geballer mit einer gehörigen Portion Rock aufmotzen, so dass man die ganze Geschichte kurzerhand mit elektrischen Gitarren vor den Latz geknallt bekommt. Freunde der Leningrad Cowboys werden sich vor Glück die Sombreros vom Haupt reißen und einen irrwitzigen Ententanz aufführen. Wer auf experimentelle Instrumentalmusik mit hohem Pogo-Faktor steht, sollte sich „Queso Y Cojones“ nicht durch die Lappen gehen lassen. Und damit Schluss für heute. Wir lesen uns beim nächsten Zuckerbeat.

w