// zuckerbeat vol. (1)91 – the everchanging spectrum of a lie

Wer mal wieder auf der Suche nach dem heißesten Scheiß in Sachen Zeitgeist ist, der sollte sich mal das aktuelle Album von The Joy Formidable zu Gemüte führen. „The Big Roar“ ist ein reißerisches Werk, das sich elegant zwischen die Stühle setzt. Manchmal meint man den Einfluss der Killers rauszuhören, wenn man wieder ein hymnischer […]

joyWer mal wieder auf der Suche nach dem heißesten Scheiß in Sachen Zeitgeist ist, der sollte sich mal das aktuelle Album von The Joy Formidable zu Gemüte führen. „The Big Roar“ ist ein reißerisches Werk, das sich elegant zwischen die Stühle setzt. Manchmal meint man den Einfluss der Killers rauszuhören, wenn man wieder ein hymnischer Refrain aus dem Soundsystem dringt, dann wieder schichtet die Band um Sängerin und Gitarristin Ritzy Bryan so viele stürmische und Krawallmachende Passagen übereinander, dass man das Gefühl hat, die Anlage würde gleich vor der Band in die Knie gehen. Das geht dann bisweilen sogar in post-rocksche Gefilde, was The Joy Formidable hier abliefern. Vor allem reißt es einen mit, wenn in siebenminütigen Songs so richtig auf die Kacke gehauen wird und kurz darauf eine schmissige Hymne das gepeinigte Trommelfell flutet. The Joy Formidable stecken an mit ihrem Enthusiasmus. Genauso muss es sein. Mehr davon bitte.

ton-diskussionen_300Erinnert sich eigentlich noch jemand an die Wohlstandskinder? Zeit ihres Lebens wurden die Band massiv unterschätzt, dabei haben sie mit „Delikatessen 500 SL“ eines der tiefsinnigsten Deutsch-Punk oder besser -Pop Alben hierzulande veröffentlicht. Nun also gibt’s Nachschub von deren Sänger Tobias Röger, der hat nämlich eine neue Kappelle am Start. Im Endeffekt schließt er mit seiner neuen Band Ton genau dort an, wo er mit dem letzten WSK-Album aufgehört hat. Die Texte suhlen sich in Befindlichkeits-Pop-Gefilden, ohne dass das irgendwie böse gemeint wäre. „Diskussionen mit dem Eisberg“ ist einfach nur ein schnörkelloses, melancholiegetränktes und liebenswertes Pop-Album, das einem im richtigen Moment den Tag rettet. Weil zudem in musikalischer Hinsicht nicht allzu sehr auf die Tränendrüse gedrückt wird, ist die ganze Geschichte auch noch tanzbar… und trifft damit genau den richtigen Ton für all jene, denen Anajo zu weichgespült und Madsen zu effektiv sind.

navel-neo-noirNavel können es derweil einfach nicht lassen und lassen auf „NeoNOIR“ mal wieder ihrer Vorliebe für tanzbaren Grunge freien Lauf. Man kann regelrecht spüren, wie hier im Live-Kontext der Boden zu vibrieren anfängt. Spätestens wenn „Speedbox“ dein Soundsystem flutet, wirst du einen Salto auf dein Ledersofa schlagen, um anschließend das Polster zu zerkratzen. Dieses Werk strotzt nur so vor Emotion. Die Ausflüge in Blues und Garagenrock-Gefilde sorgen dafür, dass die ganze Geschichte auch gegen Ende hin nicht langweilig wird. Wer mal wieder so richtig durchgerockt werden möchte, ist bei „NeoNoir“ an der richtigen Adresse.

siriusmo-mosaikSiriusmo nennt sich derweil das erste Signing des Berliner Labels „Monkeytown“ und punktet mit einer tanzbaren Mischung aus House-, Elektro und Disco-Anleihen. Dazwischen ein paar Sprenksel Dubstep und HipHop und fertig ist die Hitfabrik. „Mosaik“ ist ein 60minütiges, ziemlich futuristisches Konzeptalbum fürs Disco-Fanvolk. Wer vom letzten Output aus dem Hause Daft Punk etwas enttäuscht gewesen ist, sollte hier mal reinhören. Genauso klingt es, wenn elektronische Musik dem verrauchten Keller-Club zu entfliehen versucht.

spokes-300x300Wer sich mal wieder ein melancholisches BritPop-Album im Grenzgebiet von Coldplay und den Doves ins Regal stellen möchte, der sollte sich mal das Debüt von den Spokes anhören. „Everyone I Ever Met“ ist ein bombastisches Werk, das von himmelhochjauchzenden Chören durchsetzt ist. Die dick aufgetragene Produktion erinnert bisweilen an den Sound von U2 und wird der Band bestimmt den Vorwurf einbringen, dass viele Songs auch mit zwei Minuten weniger ausgekommen wären. Die Spokes allerdings suhlen sich im Bombast und so ist es auch nur folgerichtig, dass ihre Hymnen von Geigen in Engelschor-gleiche Gefilde empor getragen werden. Die fünfköpfige Crew aus Manchester versteht es sehr gut, atmosphärisch dichte Musik zu schreiben ohne dabei den Song aus den Augen zu verlieren. Wer es im Winter gerne melancholisch mag, der sollte durchaus mal einen Durchlauf riskieren.

svenDer Hamburger Sven Kacirek hat derweil ein kenianisches Ensemble um sich herum versammelt, um in Sachen Weltmusik mal ein wenig über die Klischeematte hinaus zu hüpfen. „The Kenya Sessions“ ist in dieser Hinsicht ziemlich weit vorn, allerdings bisweilen auch ein gewöhnungsbedürftiges Vergnügen. Die Scheibe strotzt so sehr vor abseitigen Ideen, so dass das am hiesigen Klangsalat geschulte Gehör sich erst einmal daran gewöhnen darf. Einen besonderen Charme erhält die Musik auch dadurch, dass vieles wirklich so klingt, als wäre es direkt im Strudel der Emotionen von einem Aufnahmegerät erhascht worden, um nun noch mal konserviert auf Silberling das Licht der Welt zu erblicken.

this-is-head-0001_frontThis Is Head sorgen derweil mit einem Album voller Zahlenspiele für Furore. Die Tracks von „0001“ lassen derweil allen Freunden von Yeasayer und (!!!) Chk Chk Chk das Wasser im Munde zusammen laufen. Die Scheibe zieht einen zunehmend in einen Rausch der Emotionen, was umso bemerkenswerter ist, wenn man bedenkt, dass die Jungs hier aus dem schwedischen Schonen stammen. Musikalisch klingt das dann bisweilen auch gerne mal so, als ob Sigur Ros sich dazu entschlossen hätten, eine Rockband zu werden. Soll heißen: phantastisch.

djmehdibusyp-400x379Busy P & DJ Mehdi wollen derweil ihre Lieblingsmusik an den Mann bringen und knallen uns zwanzig Tracks von Mr. Oizo bis Sebastian vor den Latz. Gerade, wenn sie sich gegen Ende auch mal in dubbige Gefilde der Marke Skream vorwagen, verliert man sich als Zuhörer zunehmend in diesem Mix. Ansonsten ist „Let The Children Techno“ ein äußerst tanzbares Werk mit freundlicher Unterstützung von Feadz, Zombi Nation und Flying Lotus. Wer mal wieder eine Stunde durchtanzen möchte, sollte sich die Scheibe unbedingt nach Hause holen. Da wird der Küchentisch zum Podest. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.