// zuckerbeat vol. (2)23 – floating

Wie schon beim Vorgänger muss man sich das neue Album von Portugal, The Man erst mal erkämpfen. Die Scheibe versteckt sich hinter einem schicken Artwork, welches schon für sich allein genommen den Kauf des Silberlings rechtfertigen würde. Darüber hinaus mussten die Jungs zeitweise allerhand Schelte einstecken und zwar dafür, dass sich ihr Sound von Mars […]

portugal_the_man_in_the_mountain_in_the_cloud_Wie schon beim Vorgänger muss man sich das neue Album von Portugal, The Man erst mal erkämpfen. Die Scheibe versteckt sich hinter einem schicken Artwork, welches schon für sich allein genommen den Kauf des Silberlings rechtfertigen würde. Darüber hinaus mussten die Jungs zeitweise allerhand Schelte einstecken und zwar dafür, dass sich ihr Sound von Mars Volta-ähnlichen Gefilden immer weiter in Richtung psychedelischen Gospel-Pop entwickelt hat. Mir persönlich macht das erst mal gar nichts aus. Bei den Jungs hat man nämlich nicht das Gefühl, da würde sich jemand an hochgesteckten Ambitionen verheben. Ganz im Gegensatz zu den Kollegen von Dredg funktioniert „In The Mountain In The Cloud“ ganz hervorragend und steht damit dem (von vielen Fans verschmähten) Vorgänger, den ich hier noch einmal ausdrücklich loben möchte, in nichts nach. Die Scheibe versteht sich als kompaktes Gesamtwerk mit Kirchenchor- und Beatles-Reminiszenzen. Wer dabei nicht in ferne Welten abdriftet, ist selber Schuld. Genauso sollte psychedelischer Gospel klingen. Bombastisch, hymnisch und euphorisch.

misslibeatsbruisesMiss Li hat uns schon mit ihrem gelungenen Vorgänger „Dancing The Whole Way Home“ viel Freude bereitet, nun schickt sich die Schwedin nach zwei Jahren Abstinenz an, der werten Adele noch ein weiteres Mal den Rang abzulaufen. Ihre Stimme erinnert bisweilen an die Italo-Pop-Wunderkind Sally Shapiro, ihre Musik allerdings scheut sich nicht, auch mal etwas druckvoller aus den Boxen zu ballern. „Beats & Bruises“ pendelt sich dann auch irgendwo zwischen den Polen Jazz, Chanson und Pop ein, wobei schon das fulminante „Devil´s Taken Her Man“ das Eintrittsgeld wert ist. So einen orchestral arrangierten Track würde man sich von PJ Harvey auch mal wieder wünschen. Vielleicht sollte Nick Cave die werte Dame mal zum Duett ins Mörderballaden-Land bitten. Ein Song wie „I Can´t Get You Off My Mind“ ließe da auf großes hoffen.

memory_tapes-player_piano1Das letzte Werk von den Memory Tapes klang, als hätte sich Aphex Twin über ein Release von Saint Etienne hergemacht und hinterher mit den Kollegen von Air an den Details gefeilt. Nun steuert man mit Siebenmeilenstiefeln auf den Popolymp zu. Die entrückten Momente, die den Vorgänger so langlebig und spannend hielten, wurden über weite Strecken aus dem Klangkoffer verbannt. Memory Tapes scheinen wissen zu wollen, ob ihre Musik auch funktioniert, wenn die Melodien nicht mehr länger unter diversen Soundschichten verbuddelt werden. So entfaltet sich ein homogener Mix aus Motown- und R´n`B-Anleihen, der… und das ist das schöne daran… auch nach dem zwanzigsten Durchlauf noch anziehend wirkt.

basstardWer derweil durch den werten Casper wieder auf den Geschmack in Sachen „Deutscher HipHop“ gekommen ist, der sollte sich mal an das aktuelle Album von Basstard heranwagen. „Zwiespalt (Weiss)“ ist meilenweit entfernt vom Deutschrap-Geblödel auf Samstagabend-Comedy-Niveau. Die Features von Prinz Pi und Sera Finale geben die Richtung vor. Basstard schert sich nicht darum, den Dicken zu Markieren, punktet stattdessen mit tiefsinnigen Texten und gelungenen Wortspielen. Darüber hinaus wurde die Scheibe in Sachen Produktion so zeitgemäß in Szene gesetzt, dass sich die alte Garde um Samy Deluxe und Konsorten sputen muss, da nicht auf der Strecke zu bleiben. Alles in allem hat Basstard neben Casper und Prinz Pi das bisher beste Deutschrap-Werk des Jahres am Start. Stellt sich eigentlich nur die Frage, warum er als erste Single-Auskopplung ausgerechnet auf die Falco-Reminiszenz „Jeannie“ zurückgreift. Seine Eigenkompositionen haben weit mehr Feuer unterm Dach. Alles in allem ist „Zwiespalt“ aber trotzdem eine runde Sache.

claude-vonstroke-makeoversEine wirklich gelungene Remix-Compilation erscheint in diesen Tagen von niemand geringerem als Claude Vonstroke. Der „Dirtybird Records“-Gründer macht sich über die schönsten Melodien von Kenny Larkin bis Katy B her und sorgt damit für einen erhöhten Euphoriepegel auf der Tanzfläche. Wenn dann auch noch das famose „I Am Europe“ aus dem Hause Gonzales aus den Boxentürmen scheppert, möchte man in einem Rausch aus Glückseligkeit ersaufen. Wer von diversen Song-Variationen mit Elektro-Einschlag gar nicht genug bekommen kann, sollte unbedingt mal in „Make Overs“ reinhören.

jazzanovaDie Compilation Reihe „Coming Home“ wird derweil von Jazzanova um einen weiteren Teil erweitert. Das sympathische DJ-Kollektiv macht sich daran, Tracks von den Roots bis Bodi Bill in einen hypnotischen Mix zu überführen. Hin und wieder werden sogar schöne Erinnerungen an die Kollegen von Kruder & Dorfmeister wach. Eingeläutet wird der Rundumschlag in Sachen Disco-Avantgarde von niemand geringeren als Club-Legende Arthur Russell, der sich in „That´s Us / Wild Combination“, mal von seiner zärtlichen Seite zeigt. Anschließend wird dann jazziges, indie-poppiges und krautrockiges in einen Topf geworfen und ein wunderbares Süppchen daraus gekocht. Alles in allem ein äußerst abwechslungsreiches Unterfangen, dass uns Jazzanova hier vorsetzen.

sewer-ratsWenn Kanalratten aus der Gosse ans Licht krabbeln ist erst einmal Vorsicht geboten. Die fiesen Biester vermehren sich wie nix. Bei den Sewer Rats dürfte sich in diesem Zusammenhang nur die Anzahl der Fans vergrößern, wenn sie ihren imposanten Mix aus Rock- und Punk-Melodien aus dem Ärmel schütteln. „Wild At Heart“ erinnert zwar ganz unverschämt an die Frühphase von Social Distortion, macht aber trotzdem einen Riesenspaß. Wer sich mal wieder seine alte Lederjacke überstreifen und sich mit seiner schwarzen Sonnenbrille aufs nächste Motorrad schwingen möchte, sollte unbedingt mal rein schnuppern.

joshua-radinNachdem sich Joshua Radin bereits mit dem Vorgänger für Höheres in Sachen Chartplatzierungen empfohlen hat, macht er sich nun mit zehn neuen Gassenhauern daran, die Herzen der Poprock-Gemeinde zu erobern. Am Ende sind es allerdings nicht die watteweichen Balladen des aktuellen Albums „The Rock And The Tide“, die einen besonders nahe gehen, sondern die vereinzelten Abstecher in sonnige Gefilde. Etwas mehr Tohuwabohu der Marke „I Missed You“ und „We Are Only Getting Better“ hätten dem Album auf jeden Fall nicht geschadet. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.