// zuckerbeat vol. (2)76 – „tape rein, aufdrehen, gänsehaut…““

mit neuer Musik von Cro, Dexys, King Tuff, F.S.K., Kimbra, Stefan Dettl, Ursprung und Frau Kraushaar & Herr Kratzer. // Wer zu den wenigen Glücklichen zählt, welche dem letzten Live-Auftritt von Cro im Würzburger Jugendkulturhaus Cairo beiwohnen durften, bekam schon einmal einen Vorgeschmack davon, was sich da in Kürze anbahnen sollte. Nun steht nach einigen […]

mit neuer Musik von Cro, Dexys, King Tuff, F.S.K., Kimbra, Stefan Dettl, Ursprung und Frau Kraushaar & Herr Kratzer.

cro// Wer zu den wenigen Glücklichen zählt, welche dem letzten Live-Auftritt von Cro im Würzburger Jugendkulturhaus Cairo beiwohnen durften, bekam schon einmal einen Vorgeschmack davon, was sich da in Kürze anbahnen sollte. Nun steht nach einigen gelunegen Mixtapes das erste Album des Typs mit der Panda-Maske in den Läden und es erfüllt, was es verspricht. Rapper Cro könnte wirklich die Zukunft von Deutschrap sein, wie bereits von prominenter Stelle kürzlich geäußert. Darüber hinaus erfüllt er mit seinen Hitsingles „Easy“ und „Du“ auch all die Erwartungen, die von Seiten der pop-verliebten Zielgruppe an ihn herangetragen werden. Dementsprechend nennt sich sein aktuelles Album auch „Raop“ (Ra(p) und (P)op) und macht seinem Namen in diesem Zusammenhang alle Ehre. Während er im Intro nahezu beiläufig Zeilen aus dem Ärmel schüttelt, die höchstens noch einem Samy Deluxe so entspannt über die Lippen kommen, beschäftigt er sich im weiteren Verlauf mit seiner eigenen Vergangenheit („Meine Zeit“) und den zwischenmenschlichen Problemen eines jungen Menschen („Ein Teil“). Größter Hit des Albums ist übrigens das herzallerliebste „Einmal um die Welt“, das bereits auf seinem im Internet erhältlichen Mixtape „Easy“ erschienen ist. Ein alles in allem äußerst gelungener Erstling eines Künstlers, dem noch eine große Karriere bevorstehen könnte.

dexys// Ganze 27 Jahre hat es gedauert, bis ein neues Album von den Dexys (Midnight Runners) das Licht der Welt erblickte. Nun ist es endlich soweit, nachdem bereits 2003 die ersten Live-Auftritte der Wiedervereinten stattfanden. Das aktuelle Album namens „One Day I´m Going To Soar“ schert sich in diesem Zusammenhang einen feuchten Dreck um zeitgenössische Sounds. Die Band macht einfach dort weiter, wo sie einst aufgehört hat und bewegt sich dabei immer auf Höhe der Zeit. Die Scheibe selbst erscheint hierzulande übrigens bei „Buback Tonträger“, was wiederum nicht sonderlich verwundert, wenn man bedenkt, dass Jan Delay höchstpersönlich die Band seinen Hörern ins Gedächtnis rief, indem er den Titel seines Albums „Searching For The Jan Soul Rebels“ an DMRs „Searching For The Young Soul Rebels“ anlehnte. „One Day I´m Going To Soar“ wiederum hat ebenfalls das Zeug zum Klassiker und man würde es der Band wünschen, dass sie noch einmal so richtig durchstartet.

king-tuff// Das grenzwertige Artwork des aktuellen Albums von King Tuff weckt Befürchtungen, es hier mit einer Art Klamauk-Rock der Marke Tenacious D zu tun zu bekommen. Stattdessen aber wird man von klassischen Indie-Rock-Klängen a la Pavement oder The Lemonheads zärtlich in den Arm genommen. Die melodisch-spröden Songs der Scheibe sind der perfekte Soundtrack für jeden Garagen-Rock-Fan. Und als ob das noch nicht genug wäre, stecken im neonfarbenen Pappschuber auch noch zwölf zauberhafte, selbst-gezeichnete Postkarten, die jeden Track auch noch in grafischer Hinsicht treffsicher in Szene setzen. Da hat sich jemand wirklich Mühe gegeben das Lebensgefühl der 90er in die Gegenwart zu transferieren und wir können nur raten, zusammen mit den Jungs ein bißchen auf der Welle der Nostalgie zu verweilen.

fsk// Die Gruppe F.S.K. ist nicht unbedingt dafür bekannt, poppige Hits am laufenden Band aus dem Ärmel zu schütteln. Ganz im Gegenteil. Schon zu Beginn der Karriere verzichtete das Kollektiv auf die Verwendung eines Schlagzeugs, um damit seine Andersartigkeit unter Beweis zu stellen. 2012 hat sich in diesem Zusammenhang nur wenig geändert. Schon allein der Albumtitel „Akt, eine Treppe hinabsteigend“ und Songtitel, wie „Eine Ohrfeige für Kurt Georg Kiesinger“ und „Äpfel, Birnen“ machen deutlich, dass man es bei den Bandmitgliedern mit echten Avandgardisten zu tun hat. Dementsprechend ist es fast schon bemerkenswert, dass die meisten Songs dieses Indie-Jazz-Bastards überraschend hörbar geraten sind. Mit „Master Sound Recording Studios“ ist sogar ein echter Disco-Hit drauf. Kurz darauf darf man sich dann allerdings schon wieder durch das sperrige „Gute Nacht“ kämpfen. Wer von Musik mehr erwartet, als schmissige Hits im Drei-Minuten-Takt, sollte sich die Scheibe mal zu Gemüte führen (und darf sich hinterher auch noch über einen breiten Back-Katalog freuen, der bis ins Jahr 1980 zurück reicht).

kimbra// Die neuseeländische Liedermacherin Kimbra hat nun ihr bereits im vergangenen Jahr erschienenes Debütalbum auch hierzulande veröffentlicht. Wer sich jetzt fragt, woher er den Namen kennt, sollte sich nochmal den Song „Somebody That I Used To Know“ zu Gemüte führen. Da singt Kimbra nämlich die Zweitstimme und zeichnet sich so für einen der größten Hits des vergangenen Jahres (mit)verantwortlich. Auf ihrem Debütalbum geht sie ziemlich experimentierfreudig vor. Die Scheibe schert sich einen feuchten Dreck um gängige Liedermacher-Konventionen und wurde mit allerlei zeigenössischen Sounds ausgestattet. Die luftigen Arrangements tragen dazu bei, dass immer wieder schöne Erinnerungen an die alten Alben von Björk wach werden. Doch Kimbra widersteht der Versuchung sich als schwer verdauliches Kunstobjekt in Szene zu setzen: und so ist „Vows“ am Ende trotz aller Stilvielfalt ein astreines Pop-Album geworden und zwar eins von der Sorte, dass man auch nach dem zehnten Durchlauf noch gerne hört.

stefandettl// Wenn wir ganz ehrlich sind, dann hat es uns der LaBrassBanda-Sänger Stefan Dettl auf seinem ersten Solo-Album schon ziemlich schwer gemacht. All das, was bei seiner Hauptband irgendwie charamant geklungen hat, wirkte im Mainstream-Rock-Kontext plötzlich eine gehörige Portion zu dick aufgetragen. Nun steht der Nachfolger „Summer Of Love“ in den Regalen und der Musiker kriegt nach ein paar gewöhnungsbedürftigen Tracks zu Beginn tatsächlich die Kurve. Plötzlich ist dieser emotions-geschwängerte Moment wieder da, wenn sich ein hymnischer Refrain aus den Boxen des Soundsystems schält und beim Hörer fast zwangsläufig für ein fettes Grinsen im Gesicht sorgt. An das gelungene, zweite Album von LaBrassBanda reicht „Summer Of Love“ in diesem Zusammenhang zwar nicht heran, aber die Zeiten des Fremdschämens sind trotzdem vorbei. Mal sehen, wie sich das Solo-Ding von Dettl noch weiter entwickelt.

ursprung// Zurück zum „Ursprung“ möchte der renommierte Künstler Pantha Du Prince zusammen mit dem Fotografen Stephan Abry. Das gleichnamige Werk des Duos pirscht sich in diesem Zusammenhang auf samtenenen Pfoten an einen heran und dürfte bei so machem Club-Gänger die Sehnsucht nach einem idyllischen Ort draussen in der Natur beflügeln. Die Stücke vermitteln einem sofort ein Gefühl von Ruhe und Entspannung, um dann im richtigen Moment alles wieder ad absurdum zu führen. Ursprung gelingt es nicht nur die Grenzen des (musikalisch) Möglichen auszuloten, die Band verzaubert einen auch damit, dass es ihr gelingt, mit technischen Mitteln eine „natürliche“ Atmosphäre zu generieren.

kraushaar// Die Hamburger Künstlerin Frau Kraushaar hat in der Zwischenzeit ebenfalls ihr zweites Album aus dem Ärmel geschüttelt. Zusammen mit Herr Kratzer wandelt sie sich auf dem Werk „The Power Of Appropriation“ auf den Spuren von Stereo Total und vermengt Chanson-Pop mit experimentellen Eskapaden. Ob Geige, Klarinette oder Piano, die Musikerin erlegt sich keinerlei Stilgrenzen auf und landet damit sowohl im Opernsaal, als auch im Kellerclub. Wenn sie dann am Ende auch noch in deutschsprachige Gefilde abdriftet, ist darüber hinaus auch für Fans des gehobenen Humors von Jacques Palminger bis Knarf Rellöm etwas dabei. „The Power Of Appropriation“ ist ein ziemlich kratzbürstiges, aber auch äußerst faszinierendes Werk. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.