// aufgelesen vol. (3)84 – „schauergeschichten“

mit neuen Büchern von Péter Nádas, Robert Menasse und Mohsin Hamid. // Wer sich passend zu dieser düsteren Jahreszeit gerne ein paar wirkliche „Schauergeschichten“ zu Gemüte führen möchte, der kommt im aktuellen Werk von Péter Nádas auf seine Kosten. Ausgehend von der Gehässigkeit, die der Autor vor allem in Süddeutschland und Österreich erleben durfte, hat […]

mit neuen Büchern von Péter Nádas, Robert Menasse und Mohsin Hamid.

// Wer sich passend zu dieser düsteren Jahreszeit gerne ein paar wirkliche „Schauergeschichten“ zu Gemüte führen möchte, der kommt im aktuellen Werk von Péter Nádas auf seine Kosten. Ausgehend von der Gehässigkeit, die der Autor vor allem in Süddeutschland und Österreich erleben durfte, hat er sich ein kleines Dorf vor die Brust genommen und dekliniert daran den aktuellen Seelenzustand des Planeten durch. Mit seinem guten Gespür für Stimmungen schafft es der in Budapest geborene Fotograf und Schriftsteller schon nach wenigen Seiten in einen Sog der Emotionen zu reißen. Mit seiner Sprachgewalt geleitet er einen als Leser in ein kleines Dorf an der Donau. Wir befinden uns in den Sechziger Jahren und treffen auf Bauern, Tagelöhner, den katholischen Priester, einen Lehrer, ein geistig behindertes Mädchen und viele mehr. Dazu gesellen sich eine Zwergin, eine Psychologiestudentin und ein Bäcker, der vorgibt vom Teufel besessen zu sein. Alle Figuren in dem Roman strahlen ein hohes Maß an Bosheit und Missgunst aus und es ist wahrscheinlich gerade deshalb ein schrecklich-schön-schauerliches Vergnügen diesen großen Roman zu lesen. Wir wünschen viel Freude dabei.

// Robert Menasse hat sich fünf Jahre nach dem durchschlagenden Erfolg seines „Hauptstadt“-Werkes nun endlich einen Nachfolger abgeliefert, der alle Fans des mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Buches freuen dürfte. „Die Erweiterung“ dreht sich dabei um zwei waschechte „Blutsbrüder“, die im polnischen Untergrund gegen das kommunistische Regime gekämpft haben. Einer der beiden, namentlich Mateusz wird anschließend polnischer Ministerpräsident, der andere, Adam, arbeitet fortan in Brüssel bei der Europäischen Kommission. Mit der Zeit verschlechtert sich das Verhältnis der beiden Männer dermaßen, dass eine waschechte Feindschaft entsteht. Als sie sich schließlich bei einer politischen Veranstaltung wieder treffen, liegt kein Stein mehr auf dem anderen und wir tauchen tief ein in einen politischen Konflikt, den der Autor mit allerhand Querverweisen und Anekdoten versieht, so dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, als plötzlich alles in einen großen Showdown auf einem albanischen Kreuzfahrtschiff endet.

// Etwas alptraumhafter, aber mindestens genauso hintersinnig gestaltet sich der Genuss des neuesten Werkes des in Pakistan geborenen Schriftstellers Mohsin Hamid. In „Der letzte weiße Mann“ verändern sich von einem Tag auf den anderen plötzlich die Voraussetzungen im Leben eines Mannes. Im Mittelpunkt des Geschehens steht ein gewisser Anders, der eines Tages seine weiße Hautfarbe verliert. Innerlich ist er noch komplett der gleiche, aber auf einmal wird er von den anderen komplett verändert wahrgenommen. Die Menschen behandeln ihn auf einmal anders als früher. Als wäre das noch nicht genug, verändern sich auf einmal auch andere Personen, um ihn herum und so versucht er mit seiner Freundin Oona eine Lösung für die Herausforderungen zu finden, die fortan vor ihm liegen. Dabei schafft es der Autor sehr gekonnt, ein dringliches Thema mit einer spannenden Geschichte zu vermischen, die einem in vielerlei Hinsicht die Augen öffnet. In diesem Sinne. Viel Spaß beim Entdecken. Bis zu unserer nächsten Leserunde.