mit den Bänden Mister X, Akte X, Kiesgrubennacht, Der Mann ohne Eigenschaften, Lescheks Flug, Daffodil – Die Vampiragentin, Plume und Monster Allergy.
// Ein wirklich grandioses Comic-Album für jeden Noir-Anhänger erscheint in diesen Tagen beim renommierten „Schreiber & Leser“-Verlag. „Mister X“ wird nicht nur von Großmeister Warren Ellis als wegweisendes Werk beschrieben, das unseren Blick auf Comics nachhaltig verändert haben soll, sondern punktet auch mit ein paar äußerst spannenden Geschichten, die einen schon nach wenigen Seiten hoffnungslos in ihren Bann ziehen. Trotz der beinahe epischen Distanz von 382 Seiten kommt im Rahmen des Werkes keinerlei Langeweile auf und man sieht sich mit einer Geschichte um eine utopische Stadt namens Somnopolis konfrontiert, die von ihrem Schöpfer kontinuierlich überwacht wird.
Selbiger hört neben dem titelgebenden Namen „Mister X“ auch auf Simon Myers oder Walter Eichmann und hat das Ziel, Unheil von seiner selbst-gestalteten, architektonischen Meisterleistung fernzuhalten. In diesem Zusammenhang kommen neben Dean Motter auch zahlreiche weitere Künstler wie Rob Eggelton, Neil Gaiman oder Dave McKean zum Zug, die einige imposante Kurzgeschichten beisteuern und dadurch noch zusätzlich zum imposanten Gesamteindruck beitragen. Nach einem aufschlussreichen Vorwort von Warren Ellis und ein paar einleitenden Worten von Schöpfer Dean Motter kann es schließlich losgehen und so viel schon einmal vorneweg: „Mister X“ ist ein atmosphärisch-dichtes Spektakel, das man sich am Besten in einem Stück zu Gemüte führen sollte. Wenn du also auf Noir-Unterhaltung der Marke „Sleeper“ stehst, dann schnupper mal rein. Es lohnt sich.
// Fans der Reihe „Akte X“ kommen nun in einen ganz besonderen Genuss. Eine gefühlt Ewigkeit nach dem Ende der TV-Reihe erscheint endlich eine zehnte Staffel im Comic-Format. Wie schon bei „Buffy“ gelingt es den Machern dabei sehr gut, die einzelnen Charaktere auf Papier zu transferieren. Der erste Band namens „Believers“ (netterweise inklusive digitaler Kopie) dockt in diesem Zusammenhang einige Jahre nach dem Ausstieg von Mulder und Scully beim FBI an. Jahrelang fristeten die beiden ein glückliches, gemeinsames Dasein, dann aber ist Schluss mit der Idylle. Ein paar mysteriöse Gestalten tauchen auf und verfolgen Scully. Sie wird entführt und plötzlich steckt Mulder wieder mitten drin in einem haarsträubenden Schlamassel, bei dem ihm Agent Skinner hilfsbereit zur Seite steht. Es passiert in diesem Zusammenhang gleich ziemlich viel auf den ersten paar Seiten und es wird deutlich, dass die Macher um Joe Harris und Chris Carter keine Zeit verschwenden möchten. Stattdessen überkommt einen sofort dieses nostalgische Gefühl, das man heutzutage beim Ansehen der ersten Staffel verspürt. Fazit: „Akte X“ könnte sich auch in Comic-Form zu einem echten Renner entwickeln. Wir jedenfalls werden versuchen, euch auch in Zukunft über die Entwicklungen der zehnten Staffel auf dem Laufenden zu halten.
// Eine gelungene Comic-Biographie erscheint in der Zwischenzeit unter dem Titel „Kiesgrubennacht“ beim „Suhrkamp“-Verlag. Darin skizziert der Kult-Zeichner Volker Reiche aus Belzig seine eigene Geschichte auf äußerst sympathische und scharfsinnige Weise. Der Autor, der jahrelang für die „F.A.Z.“ tätig gewesen ist und seinen Comic-Strip „Strizz“ auch in acht Bänden in Buchform veröffentlichte, erzählt von seinem Leben als Kind in der Nachkriegsära. Als Vierjähriger entdeckt er zusammen mit seinen vier Geschwistern die Welt und muss sich damit auseinander setzen, dass seine Eltern im Krieg große Schuld auf sich geladen haben. Der Vater war „Dichter des Führers“ und die Mutter Gauleiterin beim „Bund deutscher Mädchen“. Volker wiederum versucht dennoch das Leben so anzunehmen, wie es ihm vor die Füße plumpst und stürzt sich in das erste große Abenteuer seines Lebens: die Kindheit. Selbige wiederum wurde nicht nur spannend in Szene gesetzt, sondern sorgt auch für erheiternde (aber auch nachdenkliche) Momente und lädt ganz nebenbei auch noch dazu ein, sich das weitere Schaffen des Künstlers zu Gemüte zu führen. Wem das Werk gefallen hat, der kann sich im Anschluss außerdem mal an das minimalistische Epos „Der Mann ohne Eigenschaften“ heranwagen, das ebenfalls bei „Suhrkamp“ erschienen ist. Darin macht sich Nicolas Mahler nach der Romanvorlage von Robert Musil daran, das Leben des Mannes ohne Eigenschaften noch einmal unter veränderten Bedingungen nachzuzeichnen. Ihm gelingt es dabei sehr gekonnt, den Charme des „Romankolosses“ in reduzierte Zeichnungen zu transferieren und das Ganze mit einer gehörigen Portion an Humor zu versehen. Wenn du also auf grafische Versionen von Jahrhundertromanen stehst und zuletzt schon den „Graphic Canon“ ganz hervorragend fandest, dann schnupper mal rein. Nicolas Mahler gelingt es große Literatur mit simplen Mitteln zu skizzieren und so schließt man seinen Protagonisten auch schon nach wenigen Seiten ins Herz. „Der Mann ohne Eigenschaften“ ist ein Buch, das süchtig macht und ganz nebenbei auch noch dazu motiviert, sich mal an das knapp 1000-seitige Original heranzuwagen.
// Wirklich warm ums Herz wird uns beim aktuellen Comic-Album des Illustrators Sebastian Stamm. Der Gestalter und Computerspielentwickler hat sich für sein erstes Werk ein wirklich gelungenes Szenario zusammengeschustert. In „Lescheks Flug“ rostet nämlich alles nur so vor sich hin. Wir befinden uns an einem Ort namens Neulis – einem dreckigen Fleck im Weltraum, der fast ausschließlich von Maschinenmenschen bewohnt wird. Im Grunde genommen müsste hier also eigentlich alles wie geschmiert laufen, gäbe es nicht unseren bezaubernden Protagonisten namens Leschek. Der grübelt nämlich den ganzen Tag über dieses und jenes und vergisst dabei schon mal, seinen ursprünglichen Aufgaben nachzugehen. Man kann also sagen, dass Leschek nicht unbedingt produktiv ist. Er passt nicht so recht ins Gesamtbild und würde dementsprechend auch liebend gerne den Planeten für immer hinter sich lassen. Als einer seiner Kollegen an einem „Enddefekt“ stirbt, bietet sich ihm plötzlich die Möglichkeit, Neulins für immer zu verlassen. Ob er es wirklich schafft? Am besten du schnupperst selbst mal rein. Sebastian Stamms Werk ist ein bezauberndes Sci-Fi-Spektakel mit verträumtem Unterton. Wenn du also auf philosophische Geschichten im Comic-Outfit stehst, bist du bei „Lescheks Flug“ an der richtigen Adresse.
// Wer auf düstere Vampirgeschichten im kindlichen Look steht, der kommt nun im Rahmen der Reihe „Daffodil“ auf seine Kosten. Die Geschichte von Schöpfer Brrémaud, Zeichner Giovanni Rigano und Paolo Lamanna (Farben) dreht sich um ein Vampir-Parlament, das sich mit kniffligen Fällen auseinander setzt. Als eines Tages schließlich der altehrwürdige Nosferatu mit seiner Vampirlegion in ein verschlafenes Nest namens Addio-Colonello einfällt, wird die Organisation darauf aufmerksam. Was möchte Nosferatu damit erreichen und wie stellt man trotz allem die friedliche Koexistenz von Menschen und Vampiren sicher? Um die Beweggründe des alten Vampirs herauszufinden, werden die drei Agentinnen Daffodil, Globuline und Achilles losgeschickt. Sie sollen retten, was noch zu retten ist und sind in diesem Zusammenhang alles andere als zart-besaitet. Trotz des lieblichen Looks ist der Comic also nichts fürs junge Publikum, sondern vor allem für die erwachsene Leserschaft interessant, die sich anschließend noch an einer groß angelegten Bildgalerie erfreuen darf. In jedem Fall lohnt sich ein Blick in das Werk, dessen Stil immer wieder schöne Erinnerungen an das Gesamtwerk von Tim Burton wachruft.
// Wirklich bemerkenswert ist auch die amerikanische Graphic Novel namens „Plume“, deren erster Band nun auch hierzulande via „Dani Books“ zu bekommen ist. „…wie eine Rauchwolke“ erzählt die Geschichte der jungen Jesper Grey, die als Tochter eines alten Archäologen ein weitestgehend tristes Dasein fristet. Eines Tages aber taucht ein mysteriöser Typ namens Corrick auf, der sie vor dem sicheren Tod bewahrt. Durch ihn erfährt sie, dass das alte Amulett ihres Vaters seine Seele seit Jahrhunderten bindet. Als dann auch noch ihr Vater leibhaftig vor ihr steht und ein paar Ganoven sich an dessen Fersen klammern, beginnt ein spannender Ritt durch den Wilden Westen, den man unbedingt beiwohnen sollte. Die bezaubernden Zeichnungen K. Lynn Smith sind absolut einzigartig und kontrastieren auf sympathische Weise das wilde Treiben um die Betroffenen herum. Wie das ganze am Ende ausgeht und ob die Protagonisten das Artefakt vor den Ganoven bewahren können? Am besten du schnupperst selbst mal rein. Diesen wilden Ritt sollte man sich auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen.
// Zu guter Letzt noch der Hinweis auf das sympathische Werk „Monster Allergy“, das nun als Gesamtausgabe mit digitaler Kopie vorliegt. Die vier Episoden des Comics erzählen die fantastische Geschichte von Zick Ezekiel, der im Gegensatz zu Normalsterblichen mit der Gabe gesegnet ist, echte Monster sehen zu können. Nun geht seine Fähigkeit aber auch mit einer gehörigen Portion an Verantwortung einher. Er muss nämlich so manches Monster aus dem Weg räumen, das nicht zu den Wohlwollenden seiner Gattung zählt und steht damit in der Tradition seiner Ahnen und Vorväter. Zusammen mit seiner Freundin Elena und einigen guten Monstern macht sich der Protagonist also in bester „Buffy“-Manier ans Bösewichte-Fangen und erlebt dabei zahlreiche verrückte Sachen. Mit dem Werk selbst, das auch als Zeichentrickserie verfilmt wurde, gelingt den Machern um Katja Centomo und Francesco Artibani ein schräger Rundumschlag, der sowohl für Ghostbusters-, als auch für Scott Pilgrim-Fans interessant sein dürfte. Also schnuppert mal rein. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Strichcode.
UND WAS NUN?