// zuckerbeat vol. (3)62 – „ganz paris“

mit neuer Musik von The Notwist, Garish, Die Heiterkeit, Chrysta Bell, Electric Litany, The Fray, Seahaven und Matula. // Kaum zu glauben, aber wahr. The Notwist sind zurück und sorgen mit ihrem neuen Album dafür, dass man als Zuhörer aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt. Das neue Werk ist nämlich erst einmal eine äußerst […]

mit neuer Musik von The Notwist, Garish, Die Heiterkeit, Chrysta Bell, Electric Litany, The Fray, Seahaven und Matula.

notwist// Kaum zu glauben, aber wahr. The Notwist sind zurück und sorgen mit ihrem neuen Album dafür, dass man als Zuhörer aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommt. Das neue Werk ist nämlich erst einmal eine äußerst sperrige Angelegenheit. Hitsingles, wie sie auf den vergangenen Alben zumindest noch sporadisch zu entdecken waren, finden sich darauf auf den ersten Blick erst einmal keine. Mit zunehemnder Lauflänge aber reißen einen die Songs in einen wahren Sog der Emotionen. „Kong“ entpuppt sich als klassischer The Notwist-Kracher und auch das beatleske „Run Run Run“ schwirrt einem noch Stunden später im Kopf herum. Der größte Trumpf von „Close To The Glass“ aber ist, dass einen die Scheibe von einem Durchlauf zum anderen immer mehr überrascht. So erschließt sich das Album zwar erst nach zahlreichen Versuchen, dann aber kommt man so schnell nicht mehr von der Scheibe los. The Notwist wissen eben, wie man sich nachhaltig im Kopf des Hörers verankert. Und legen mit „Close To The Glass“ wieder einmal ein bemerkenswert vielschichtes Album vor, das man nie wieder losloassen möchte.

garish// Dass Garish eine außergewöhnliche Band sind, das hat sich ja bereits herumgesprochen. Nun aber haben sie auch noch gelernt waschechte Radio-Hits zu schreiben und so summt in diesen Tagen die halbe Indie-Szene die Melodie von „Ganz Paris“ vor sich her – ein Stück, das sich schon nach wenigen Durchläufen zum heißen Anwärter auf die diesjährigen Jahrescharts mausert. Der Rest der Scheibe klingt in diesem Zusammenhang schwelgerisch wie eh und je und ist noch dazu mit wirklich bemerkenswerten Texten versehen, die sich allerdings oft erst nach dem x-ten Durchlauf erschließen. Die fünf Mitglieder haben mit „Trumpf“ endgültig ihren Sound perfektioniert und legen das bisherige Meisterstück ihrer Karriere vor. Wenn du also auf schwerelosen Pop der Marke Foals und Bombay Bicycle Club stehst, dann hör hier mal rein. Es lohnt sich.

die-heiterkeit// Nachdem im Jahre 2012 bereits ihr Debütalbum für eine gehörige Portion an Aufregung sorgte, erscheint nun der Nachfolger aus dem Hause Die Heiterkeit, den man als Fan deutschsprachigen Indie-Pops auf jeden Fall mal etwas genauer unter die Lupe nehmen sollte. „Monterey“ besticht nicht nur durch ein famoses „Pferde“-Motiv auf dem Frontocover, sondern lebt auch von seinen zahllosen Referenzen. Hier wird die Musik von Slint, Pavement und Low mit hübschen Wave-Melodien gekontert und es entsteht etwas einzigartiges, das allen Fans von Ja, Panik ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern dürfte. Trotz aller Zitierfreude und Querverweise bleibt die Musik trotzem immer im Innersten Pop und sorgt auf diese Weise dafür, dass man sich aller spröden Momente zum Trotz (oder gerade wegen ihnen) sowohl im Live-Kontext, als auch im heimischen Wohnzimmer nur zu gerne in dieses Klanggemälde hier vertieft.

chrysta-bell// Wenn ein Album von David Lynch proudziert worden ist, dann lässt das natürlich erst einmal aufhorchen. Bei der Künstlerin Chrysta Bell ist der Hype durchaus begründet, da es sich bei ihrem Werk wirklich um ein bemerkenswertes Stück Musik handelt. „This Train“ klingt genauso wie man sich das Werk einer Schauspielerin vorstellt. Die Musikerin hat nicht nur eine bemerkenswerte Stimme, sie versteht es auch sehr gekonnt, ihre Songs stimmungsvoll in Szene zu setzen. So sorgte sie schon bei ihren bisherigen Deutschland-Auftritten für freudige Erregung beim anwesenden Publikum. Das Model aus San Antonio in Texas ruft schöne Erinnerungen an Julie London und Isabella Rosellini wach. Die Musik klingt gleichsam gefühlvoll und mysteriös und macht Lust auf mehr. Wenn du also mal wieder ein wirklich dramatisches Album hören möchtest, das dich in eine bezaubernde Parallelwelt entführt, dann schnupper mal rein.

electric-litany// Das zweite Album der Londoner Formation Electric Litany verzückt uns derweil nicht nur mit schrecklich-schönen Lyrics, sondern auch mit schrägen musikalischen Arrangements, die sich schon nach wenigen Minuten tief im Kopf des Zuhörers verankern. Die Lo-Fi-Postrock-Band hat nicht nur einen famosen Ruf als exquisiter Live-Act, sondern auch auf Platte einiges zu bieten. Ihre Musik wurde eingespielt von dem altehrwürdigen Alan Parsons in den noch altehrwürdigeren „Abbey Road Studios“, klingt aber trotzdem kein bisschen altbacken. „Enduring Days You Will Overcome“ ist vielmehr ein außergewöhnliches Album, das mit roboterhaften Drums und abgedrehten Synthie-Melodien gespickt ist. Wenn du also mal wieder ein wirklich außergewöhnliches Werk hören möchtest, dass sich einen feuchten Dreck um gegenwärtige Trends schert, dann hör dir die Platte mal an.

the-fray// The Fray gelten hierzulande leider immer noch als Geheimtipp. Auch wenn ihr drittes Album vor nicht allzu langer Zeit erstmals in die deutschen Charts stürmte, hat sich noch nicht so recht herumgesprochen, welch wunderbare Songs diese Alternative-Rock-Band in regelmäßigen Abständen immer wieder zielsicher aus dem Ärmel schüttelt. Die neue Platte strotzt in diesem Zusammenhang nur so vor Experimenten. Genre-Grenzen werden hinter sich gelassen und fette Elektronik-Parts und Backround-Chöre in den Songs untergebracht. Das dürfte zwar manchem, frühen Fan missfallen, Isaac Slade (Gesang) Joe King (Gitarre), Dave Welsh (Gitarre) und Ben Wysocki (Drums) gelingt es aber trotzdem, ein ganz bezauberndes Werk aus all diesen Versatzstücken zu kreieren. Wenn du also auf vielschichtigen Alternative-Rock stehst, dann hol dir „Helios“, damit sich die musikalischen Qualität von The Fray endlich auch hierzulande herum spricht.

seahaven// Bemerkenswert ist auch das aktuelle Album der Gruppe Seahaven. Die Band aus Torrace in Kalifornien vereint die schönsten Momente von Sunny Day Real Estate und Brand New in ihrer Musik. Dazu muss man sich noch eine gehörige Portion Jimmy Eat World zu deren „Blister“-Zeiten vorstellen und schon ist man mittendrin in diesem Album. „Reverie Lagoon: Music For Escapism Only“ ist ein Werk, das einen erst zärtlich bei der Hand nimmt, um einen dann schonungslos den nächsten Abhang hinab zu stoßen. Die Songs schleichen sich an und nisten sich erst nach mehreren Durchläufen in den Gehörgängen ein. Schon nach wenigen Durchläufen allerdings möchte man die Platte dann nie wieder missen und so wollen wir euch diesen Geheimtipp hier auch ganz innig ans Herz legen. Er lohnt sich.

matula// Zu guter Letzt noch der Hinweis auf das aktuelle Album von Matula, das der Band endlich den längst verdienten Durchbruch bescheren könnte. Auf dem Album wendet sich die Gruppe engültig dem Pop zu und verpackt ihn in hymnische Punkrock-Hits, die einem noch Stunden später im Kopf herum schwirren. „Auf allen Festen“ ist im Grunde genommen genau das Album, das man von Muff Potter erwarten würde, hätten sie nicht vor kurzem ihre musikalische Karriere auf Eis gelegt. Mit jedem weiteren Durchlauf klingen diese Stücke ein wenig erhabener, größer, emotionaler und sorgen dafür, dass man die Scheibe nach dem Verklingen des letzten Tons sofort wieder auf Repeat schubst. Wenn du also auf emotionale und geerdeten Pop-Punk aus hiesigen Gefilden stehst, dann lass dir das Werk nicht entgehen. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.