// actiontrashendlosstory folge 1: ente gut – alles gut?

Es war eine Julinacht. Würzburg hatte sich in eine Waschküche verwandelt. Die Wasser, die vom Himmel fi elen, stiegen, kaum, dass sie auf die Erde gefallen waren, als Dampf zum Himmel wieder auf. Ein wild schimpfendes Paar fuhr auf Fahrrädern in Schlangenlinien vom Boot Richtung Frauenland. Auf einem, bei Gelegenheit der Post entliehenen Fahrrad, saß […]

Es war eine Julinacht. Würzburg hatte sich in eine Waschküche verwandelt. Die Wasser, die vom Himmel fi elen, stiegen, kaum, dass sie auf die Erde gefallen waren, als Dampf zum Himmel wieder auf. Ein wild schimpfendes Paar fuhr auf Fahrrädern in Schlangenlinien vom Boot Richtung Frauenland. Auf einem, bei Gelegenheit der Post entliehenen Fahrrad, saß Tom, ein 19jähriger Polizist in seinen besten Jahren. Neben ihm fuhr die Studentin Vera, die, um ihr Studium zu finanzieren, als Straßenbahnfahrerin arbeitete. Eigentlich hatten sie Veras Geburtstag auf dem Boot feiern wollen. Sie war vierundzwanzig geworden. Zur Feier des Tages hatte Vera mit ihrer besten Freundin Juliette einen durchgezogen.Danach war genau das passiert, was immer geschah, wenn Vera kiffte. Sie wurde vom Gras nymphoman und schmiss sich an die übelsten Typen heran, die ihr über den Weg liefen. Tom hatte mit der kichernden Juliette Vera beobachtet und es überhaupt nicht komisch gefunden. Während sie in die Pedale traten, warf Tom Vera die übelsten Beschimpfungen an den Kopf. Zwar schrie Vera auch irgendetwas zurück, doch es war nicht ganz verständlich. Manchmal unterbrach sie ihr Gebrüll und begann wie ein Pferd zu wiehern. Am Wittel hielt Vera plötzlich an, stieg ab und plumpste auf den Gehsteig.„Ich muss kotzen,“ kicherte sie. „Mann Alter, ich muss kotzen.“ Entnervt starrte Tom auf seine Freundin. Gab es hier irgendwo einen Mülleimer, wo er Vera drüber hängen könnte? Statt einen solchen zu finden, entdeckte er vor der Uni eine Gestalt, die sich mit einer großen Kneifzange an einem Fahrradschloss zu schaffen machte. Ein Fahrraddieb, durchfuhr es Tom. Er stellte seine Ohrenund Schwanz auf wie ein Wachhund und bellte: Halt, du Gauner, dich krieg ich!“ Doch die Gestalt hatte mittlerweile die Kette durch gekniffen, schwang sich auf das erbeutete Rad und raste mit einem teufl ischen Lachen von dannen.Tom hatte Vera augenblicklich vergessen, sprang auf sein Rad und sauste dem Dieb hinterher.Vera schaute verblüfft in die Richtung in die Tom verschwunden war. Auf allen Vieren kroch sie vorwärts. „Immer Tom folgen. Mann, ist mir übel,“ dachte sie und kroch ein paar Straßen weiter. Nachdem sie sich fünf Minuten sich auf allenVieren vorwärts bewegt hatte, richtete sich Vera auf, um nach Tom Ausschau zu halten. Der Sauerstoffgehalt,der in dieser Höhenlage herrschte, war aber so konzentriert, dass er Vera die Sinne raubte und sie rücklings in eine Vorgartenhecke rauschte. Sie begann laut zu schnarchen. Eine Ratten-Gang, die zufällig des Weges kam, machtesich sofort über ihre Turnschuhe her. Schließlich kriegt man als Ratte nicht alle Tage so feine Bionaturkautschuksohlenzum Futtern. Während die Ratten Löcher fraßen, träumte Vera, dass Tom ihr die Füße massierte.Tom war in einer wilden Verfolgungsjagd durch die halbe Stadt dem Fahrradbanditen gefolgt. Am Ende der Jagd hatte sich der Gauner in einen Keller geflüchtet. „Gleich hab ich dich,“ flüsterte Tom und siegessicher rannte er die Kellertreppe herunter. Am Ende des Ganges leuchtete Licht. Tom hechtete drauf zu und überlegte noch, wie er den überraschtenDieb überrumpelten sollte, als er im Eingang stehen blieb. Der kleine Raum war vollgestopft mit gestohlenen Fahrrädern. Mindestens um die fünfzig stapelten sich hier. „Da ist ja meins!“ schrie Tom erbost und stürzte auf ein Rad los, das Vera für ihn zu Weihnachten wie ein Zebra angestrichen hatte. Doch Tom hätte besser aufpassen sollen, denn der Fahrraddieb trat plötzlich aus einem Schatten hervor und schlug Tom mit einem Gummiknüppel eins über die Rübe. Tom sah sofort Sternchen und pinke Elefanten. „Hohoho,“ lachte der BWL Student wie der Weihnachtsmann. „Besser aufpassen, Herr Neunmalklug.“ Er wickelte Tom wie eine Mumie erst in Klopapier und anschließend mit Paketband ein. Er betrachtetesein Kunstwerk und verließ den Raum.Am nächsten Tag wurde Vera davon aufgeweckt, dass sie jemand aus dem Busch zu pfl ücken versuchte. „Was fällt Ihnen ein, Sie Pflaume!“ polterte eine Dame. „Warum hängen Sie einfach so in meiner Hecke?“ Ohne Vorwarnung schlug sie mit einem geblümten Regenschirm auf Vera ein. „Da und da und da! Das wird Sie lehren bei ehrlichen Leuten in der Hecke hängen zu bleiben.“ Wie eine reife Birne plumpste Vera auf den Gehsteig. Doch die Furie mit dem geblümten Schirmhatte noch nicht genug getobt und trat mit ihren spitzen Schnabelschuhen kräftig in Veras Hinterteil. Grummelnd kroch sie die Straße hinauf, bis die Dame von ihr abgelassen hatte und in ihr Reihenhaus zurückgekehrt war. Vera hielt sichden Schädel und verfl uchte den Kater. Ihr Kopf schmerzte, als ob er gleich zerspringen wollte.Gerädert kroch sie heimwärts. Tom würde hoffentlich mit einem starken Kaffee auf sie warten. Warum hatte er sie in diesem Grünzeug hängen lassen? Wo war der Typ abgeblieben? Fluchend kroch sie nach Hause. Wenn man einen Mannbraucht, ist er nie zur Stelle. Aber, wenn man ihn nicht braucht, dann krabbelt er auf einem rum und man kriegt ihn gar nicht mehr los. So philosophierte Vera und versuchte den schwankenden Bürgersteig zu ignorieren.Zu Hause wartete leider kein Kaffee auf sie und auch kein Tom. Die Wohnung war leer, heiß und stank noch nach dem Deo, mit dem sich Tom gestern eingesprüht hatte, bevor sie zum Boot gezogen waren. „Tom,“ wimmerte Vera. Hatte Tom sie im Busch hängen lassen und eine andere abgeschleppt? „Scheißkerl,“ schniefte Vera und rief Juliette an, um sich bei ihr Klarheit über den gestrigen Abend zu verschaffen, denn in ihrer Erinnerung klaffte eine gewaltige Lücke. Doch Juliette meinte, dass Tom gegen drei Uhr aufgebrochen war, um mit ihr nach Hause zu fahren. Doch wo war Tom abgeblieben?Vera versuchte ihn auf seinem Handy zu erreichen, doch das war abgeschaltet. Das tat Tom doch nie, nicht einmal nachts. Etwas musste passiert sein. Vielleicht ein Gewaltverbrechen? Womöglich lag Tom irgendwo in einem Abflussrohr,verblutete an den Schüssen, die ein Krimineller auf ihn abgefeuert hatte und wartete darauf, von ihr gerettet zu werden.„Verdammt!“ schrie Vera und stürzte in ihren zerlöcherten Turnschuhen zurück auf die Straße. Den restlichen Tag brachte sie damit zu, wimmernd in der Stadt herum zu torkeln und seinen Namen zu rufen. Am Main lief sie flussauf und-abwärts. Dabei wankte sie zufällig an Toms Kellerverließ vorbei. Tom stand sehnsüchtig am Kellerfenster und sah, wie ihre schlanken Fußfesseln an ihm vorbeiliefen. Dumpfe, klagende Tön stieß er aus, doch Vera konnte sie nicht hören. Ein Apfel verstopfte Toms Mund. Verzweifelte musste er mit ansehen, wie seine jammernde Freundin verschwand, ohne ihn bemerkt zu haben. Ein Kollege von Tom rief bei Vera an und fragte, wo dieser bliebe. „Tom verreckt in einem Abflussrohr,“schrie sie ins Telefon, dass dem anderen am Ende der Leitung die Ohren klingelten. „Er braucht meine Hilfe, doch ich fi nd ihn nicht! Mirco, hilf mir!“ Mirco beruhigte sie erst einmal und fragte dann, wo er sie auffi schen konnte. Aufdem Revier fl ößte ihr der diensthabende Wachmann tiefschwarzen Kaffe ein und zermantschte Brezeln. Man beriet sich, Tom als vermisst registrieren zu lassen. Aber leider war er noch nicht seit vierundzwanzig Stunden verschwunden und was Vorschrift ist, ist nun mal Vorschrift. Tief verzweifelt ging Vera diese Nacht in die Propellerbar. Der Barkeeper hatte Mitleid mit dem Häufchen Elend und gab ihr einen aus. Außerdem zerteilte er vor lauter Barmherzigkeit sein großes Schnupftaschentuch und schenkte ihr die Hälfte. Vera heulte so große Krokodilstränen, dass ihre Hälfte pitschnass war und der barmherzige Barkeeper sich gezwungen sah, auch die andere Hälfte zu stiften. Ganz sanft streichelte sie eine Hand. Die Hand kam immer näher. Eine zweite Hand kroch heran. Bald erschien auch der Körper, an dem die Natur die Hände befestigthatte. Er gehörte zu der ganzkörpertätowierten Susi, die am Bahnhof in einer Imbissbude Frittenund halbe Hähnchen für Sechs Fünfzig verkaufte und zwar die knackigsten Fritten und prallsten Hähnchen der Stadt, wie sie Vera immer wieder versicherte. Die starrte nur die ganze Zeit in Susis Ausschnitt und beobachtete die Schmetterlinge,die zwischen den Brüsten auf ihrer Grillhändelhaut hin und her fl atterten. Susi war von den vielen Jahren des Grillens selbst immer mehr ein Grillhändel geworden. Ein Duft nach Grillwürze, Pfeffer und Salz ging von ihr aus. Nach Mitternachtknutschte Vera mit Susi und dachte dabei hungrig an Fritten und halbe Grillhändel für Sechs Fünfzig. Während all die Dinge passiert waren, hatte der Regen nicht aufgehört vom Himmel zu duschen. Die Sichtweite betrug gut geschätzt vier Zentimeter, so sehr dampfte die Erde. Der Main war zu einem reißenden Gewässer angeschwollen und die Schiffahr musste eingestellt werden. Im Mainviertel wurden die ersten Häuser evakuiert. Tom sah die Feuerwehrboote auf dem Main kreuzen und bekam es langsam mit der Angst zu tun. Konnte die Sintfl ut nicht etwas später beginnen?Noah musste auch zuerst seine Arche bauen, bevor Gott es regnen lassen konnte. Das Wasser schwappte schon in den Keller und Tom bekam nasse Füße. Den Fahrraddieb hatten sie wahrscheinlich gerettet, nur ihn würde man ersaufenlassen. Er schwitzte Blut (seine Wunde vom Gummiknüppel war wieder aufgeplatzt) und Wasser und kam sich sehr biblisch vor. Was trieb wohl seine geliebte Vera? Nein, das wollte er doch nicht wissen. Wahrscheinlich nudelte sie gerade irgendein Arschloch. In dieser düsteren Situation zeigte sich ein Lichtblick. Ein kleiner Flipper schwamm durch das Kellerfenster herein. Eigentlich war es nur eine dumme Stockente, die sich auf der Durchreise von Rumänien nach Dänemark verfahren hatte, aber für Tom war das die Rettung. Denn die Ente schwamm so nah an ihn heran,dass er ihr voll Mühe (schließlich war er mit Klopapier und Paketband einmumifiziert worden) sein einzigartiges Cappy „Würzburg macht Spaß“ auf den Entenschädel wuzeln konnte. Die doofe Stockente, als sie entdeckt hatte, dass siedoch nicht in Kopenhagen angekommen war, machte kehrt und paddelte samt Toms Cappy auf dem Kopf fröhlich wieder hinaus. Tom starrte ihr hinterher und hoffte nichts sehnlichster, als dass Vera das Cappy finden würde. Denn das Wasserim Keller reichte ihm schon bis zum Hals und es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis er ersoffen war . . …. in der nächsten folge gehts knallhart weiter!// von joni masch