// strichcode vol. (1)15 – „atomic dreams“

mit den Bänden Ice Age Chronicle Of The Earth (Band 1 und 2), Sophie (Gesamtausgabe 1), Wilson, Mohnblumen aus dem Irak, Attila (Gesamtausgabe) und Echo (Atomic Dreams). // Jiro Taniguchi schätzen wir ja vor allem wegen seines detailgetreuen Stils, der das Leben auf so zauberhafte Weise einzufangen vermag. Das Alltägliche wird auf diese Weise überlebensgroß […]

mit den Bänden Ice Age Chronicle Of The Earth (Band 1 und 2), Sophie (Gesamtausgabe 1), Wilson, Mohnblumen aus dem Irak, Attila (Gesamtausgabe) und Echo (Atomic Dreams).

// Jiro Taniguchi schätzen wir ja vor allem wegen seines detailgetreuen Stils, der das Leben auf so zauberhafte Weise einzufangen vermag. Das Alltägliche wird auf diese Weise überlebensgroß und seine Kunst gerade aufgrund ihrer Authentizität zu etwas ganz Besonderem. Dass uns jener Autor, der im Jahre 1947 geboren wurde und leider in diesem Jahr gestorben ist, auch fantastische Geschichte vor den Latz zu knallen vermag, stellte er bereits in den 80er Jahren unter Beweis. Im Jahre 1988 erschien sein Zyklus „Ice Age Chronicle Of The Earth“, welcher nun über den renommierten „Schreiber & Leser“-Verlag noch einmal eine fulminante Widerauferstehung erlebt. In seinem fiktiven Werk schickt uns der Zeichner in die Eiswüste Nunatak, wo eine Mine namens Tarpa von der Außenwelt isoliert ist. Die gesamten Vorräte sind aufgrund eines unvorhergesehen Ereignisses verschwunden und der junge Takeru muss sich auf einen beschwerlichen Weg begeben, um die Menschen in der Mine zu retten. Dabei trifft er im Rahmen der beiden vorliegenden Bücher auf zahlreiche faszinierende Orte und Lebewesen, die er sich bis dato nicht einmal vorstellen konnte. Auf seinem Weg durch das Eis und den Urwald, der sich gegen ihn und seine Mitstreiter zu wehren scheint, macht er Erfahrungen, die ihn als Menschen verändern und landet schließlich in der Labyrinthstadt Abyss, in welcher sich ein Zentralrechner namens „Die große Mutter“ befindet. Niemand ist bisher in ihn eingedrungen, doch Takeru will es trotzdem versuchen. Ob er am Ende heil aus der ganzen Geschichte herauskommt? Im Stile von Jule Verne wagt sich der Autor an eine spannende Abenteuergeschichte, die man sich als Fan von ebenso anspruchsvollen wie spannenden „Graphic Novels“ auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

// Gesamtausgaben liegen derzeit ja im Trend und bescheren uns immer wieder einen hübschen Rundumschlag an Comic-Veröffentlichungen aus längst vergangenen Tagen. Ganz besonders ans Herz legen möchten wir euch heute ein Werk aus dem Hause „Salleck Publications“, das nur so strotzt vor charmanten Geschichten. In „Sophie“, einem Werk von Jidéhem, der wiederum ein enger Freund und Mitarbeiter von André Franquin gewesen ist, dreht sich alles um die junge franko-belgische Comic-Heldin, die immer wieder von einer spannenden Geschichte in die andere stolpert. Jidéhem gelingt mit ihr sein erster großer Wurf, nachdem er zuvor noch einen Assistenz-Job bei „Gaston“ und „Spirou und Fantasio“ inne hatte. Anschließend  übernahm er die Artikelserie „Les Chroniques de Starter“, im Rahmen derer er auch die herzallerliebste Sophie erschuf. Nachdem anfangs lediglich Jungen in „Spirou“ auftauchen sollten, weil die Zielgruppe auf Selbige eben zugeschnitten gewesen ist, schafft es Jidéhem mit seiner Figur gängige Klischees aufzubrechen und irgendwann die Macher vom Gegenteil zu überzeugen. Sophie war dabei übrigens nach seiner eigenen Tochter benannt und machte deutlich, dass sich Jungs durchaus mit einer weiblichen Hauptfigur zu identifizieren vermögen. Wenn du also mal reinschnuppern willst, in dieses bahnbrechende Werk, dann lass dir den ersten Band der Gesamtausgabe nicht entgehen, der noch dazu mit zahlreichen Hintergrundinformationen gespickt ist.

// Der amerikanische Autor Daniel Clowes hat bereits mit „Ghost World“ einen astreinen Comic-Klassiker geschaffen, den man unbedingt gelesen haben sollte. Er zählt zu den Ikonen des Independent-Comic-Bereichs und hat ein gutes Gespür für schräge Charaktere und verrückte Situationen. In „Wilson“, welches in diesen Tagen bei „Reprodukt“ neu aufgelegt wird, dreht sich alles um einen gleichnamigen Sonderling, der sehr gut darin ist, andere Menschen vor den Kopf zu stoßen. Er ist äußerst ich-bezogen und kann dem Rest der Menschheit nicht allzu viel abgewinnen. Lediglich sein Hund ist ihm irgendwie ans Herz gewachsen. Der Rest der Welt ist ihm irgendwie fremd (geworden) und so schlendert er als einsamer Mensch durchs Leben und fängt immer wieder an, unbekannte Leute aufs Übelste zu beschimpfen und zu beleidigen. „Wilson“ ist ein echtes Arschloch. Hin und wieder kommt es sogar vor, dass er seinen „Feinden“ ein Päckchen mit Hundekacke schickt. Als allerdings sein alter Herr das Zeitliche segnet, beschließt er sich auf die Suche nach seiner Ex-Frau zu begeben. Zu seiner eigenen Überraschung muss er feststellen, dass er inzwischen eine Tochter hat und die sich große Mühe gibt, die zerrüttete Familie wieder zusammen zu bringen. Wie das Ganze am Ende ausgeht, wollten wir natürlich noch nicht verraten. Alle Fans von schrägen Streifen der Marke „Juno“ und „Adventureland“ sollten aber unbedingt mal ein Blick in das Buch werfen. Es macht einfach nur Spaß.

// „Mohnblumen aus dem Irak“ wiederum nennt sich eine überaus lesenswerte Graphic Novel aus dem Hause „Reprodukt“, die ihr euch auf keinen Fall durch die Lappen gehen lassen solltet. In der Geschichte dreht sich alles um die Kindheitserinnerungen von Autorin Brigitte Findakly, die zusammen mit Zeichner Lewis Trondheim eine famose Geschichte aus dem Hut zaubert. Im Jahre 2015 werden vom Islamischen Staat die Stätten von Nimrud zerstört – selbiges Ereignis ist Ausgangspunkt für die Autorin sich an dieses Werk zu setzen, das sich nochmal eindringlich mit der Vergangenheit im Irak auseinander setzt. Durch ihre Geschichten versucht sie die Vergangenheit zu bewahren, die langsam aus der Erinnerung zu verschwinden droht, weil nur noch über Bomben und Kriege berichtet wird. Man lernt auf diese Weise nicht nur den Alltag vor Ort kennen, man wird auch mitgenommen auf eine spannende Reise in die Vergangenheit, die einem immer wieder den Atem raubt. Die Tochter einer Französin und eines Irakers versteht es einfach sehr gekonnt, das alltägliche Leben auf Papier zu transferieren – sie schreibt über Staatsstreiche, das Militärregime und über kulturelle Missverständnisse.  Und versucht sich dadurch sicher selbst ein Stück ihrer Vergangenheit zu bewahren. Worauf also wartest du noch? Schnapp dir dieses Buch. Du wirst es ganz sicher nicht bereuen.

// Die Reihe „Attila“ wiederum kann ebenfalls auf eine bewegte Geschichte zurückblicken und spielt im Geheimagenten-Milieu. Entstanden im Jahre 1967 gelingt es dem Comic sehr schnell eine breite Fangemeinde um sich zu versammeln – auch deshalb weil die Reihe im renommierten „Spirou“-Magazin veröffentlicht worden ist. Die kurze Karriere, die nun noch einmal in einer hübschen Hardcover-Gesamtausgabe aus dem Hause „Salleck Publications“ zusammengefasst ist, beruht auch darauf, dass die beiden Macher sich im Anschluss selbst künstlerisch verwirklichen wollten und ihrer Wege gingen. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte um den jungen Geheimagenten in Hundeform ein wirklich charmantes Unterfangen, das von Zeichner Derb treffsicher in Szene gesetzt wurde. Zusammen mit den verrückten Szenarios von Rosy und Goldblum entsteht ein eigenwilliger Mix aus Abenteuer- und Tiergeschichten, die einem immer wieder die Mundwinkel nach oben drücken. Wenn du also auf tierische Helden und einen Hauch klassischer Agenten-Geschichten-Atmosphäre stehst, dann bist du bei „Attila“ genau an der richtigen Adresse.

// Zu guter Letzt außerdem noch der Hinweis auf eine spannende Geschichte von Terry Moore. Selbiger war lange Zeit als Editor in einer Werbeagentur tätig und versuchte zu Beginn seiner Karriere als Zeichner immer wieder, seine Comic-Strips an Tageszeitungen heranzutragen. Anschließend tauchte er ein in die Welt der „alternativen Comics“ und beschert uns nun die Geschichte um eine Fotografin namens Julie Martin, die während eines Anschlags auf den Yosemite National Park gerade dabei gewesen ist die Wolken am Himmel zu fotografieren. Eine Atombombe soll explodiert sein und alle fragen sich noch was passiert ist, als plötzlich ein metallischer Regen einsetzt. Er umschließt ihren Körper wie eine zweite Hülle und dann tauchen auch noch jede Menge Leute auf, die sowohl ihre Fotos, wie auch das seltsame Material auf ihrer Haut unbedingt in die Finger bekommen möchten. „Echo“ lässt sich in diesem Zusammenhang sehr viel Zeit in die Psyche der Protagonistin vorzudringen und schafft damit eine spannende Ausgangssituation für die Dinge, die dann noch folgen sollen. Welche das sind? Am besten du schnupperst selbst mal rein in den ersten Band namens „Atomic Dreams“. Du wirst es ganz sicher nicht bereuen. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Strichcode.