// zuckerbeat vol. (1)64 – ich bin viel zu lange mit euch mitgegangen

Wer auf Post-Hardcore der Marke At-The Drive-In steht, der braucht nicht das Fernglas auszupacken, um sich nach einem guten Nackenmuskeltraining umzuschauen. Godzilla Was A Friend Of Mine stammen nicht nur aus Würzburg, sie haben auch ein eindrucksvolles, gleich-lautendes Debütalbum eingespielt, das mit „Remote Control“ einen astreinen Hit für die Tanzfläche bereithält. Die neun dynamischen Songs […]

godzilla1Wer auf Post-Hardcore der Marke At-The Drive-In steht, der braucht nicht das Fernglas auszupacken, um sich nach einem guten Nackenmuskeltraining umzuschauen. Godzilla Was A Friend Of Mine stammen nicht nur aus Würzburg, sie haben auch ein eindrucksvolles, gleich-lautendes Debütalbum eingespielt, das mit „Remote Control“ einen astreinen Hit für die Tanzfläche bereithält. Die neun dynamischen Songs sorgen dafür, dass man kurzerhand Richtung Mainwiesen sprinten möchte, um eigenhändig das Laub von den Bäumen zu schütteln. Das Wechselspiel zwischen rockigen Passagen und schwelgerischen Melodien funktioniert ganz hervorragend, alles auf dieser Platte befindet sich im Fluss. Man muss sich zwar zweifelsohne einlassen auf diese Scheibe, schenkt man ihr allerdings ein paar Durchläufe, wird man viel Freude mit ihr haben. Am 9. Oktober spielen die Jungs im Wasserhaus in Hammelburg. Lohnt sich mal vorbei zu schauen.

hauschkaHauschka ist ein renommierter Pianist, der es schafft, die klassische Musik in einen Pop-Kontext zu überführen, ohne dass es klischeehaft klingen würde. Sein aktuelles Album „Foreign Landscapes“ lädt dazu ein, sich schöne Geschichten zum „Alexanderplatz“ auszudenken oder vom ersten Schnee zu träumen. Dieses Werk schreit geradezu danach, auf einer monströsen Bühne mit einem kompletten Orchester aufgeführt zu werden. Das Geheimnis von Hauschka ist es, schwierige, klassische Motive ganz locker-flockig klingen zu lassen. Fast beschwingt wirken seine Songs, dabei strotzen sie nur so vor Detailreichtum. Geigen, Posaunen und Klarinetten buhlen um die Aufmerksamkeit des Hörers und doch wirkt „Foreign Landscapes“ zu keinem Zeitpunkt überladen. Wer mit klassischer Musik bisher nichts anfangen konnte, weil er im Grunde seines Herzens Pop-Fan ist, könnte durch Hauschka seine Meinung ändern. Einfach mal reinhören.

yann_tiersen_dust_lane_300Yann Tiersen dürfte den Meisten durch seine Mitwirkung am „Amelie“-Soundtrack ein Begriff sein. Wer ihn bisher noch nicht als Solo-Künstler für sich entdeckt hat, dürfte überrascht sein, wie vertrackt, rotzig und verspielt sein musikalischer Output doch ist. Auf „Dust Line“ wendet er sich wieder der melancholischen Seite des Lebens zu und erzählt Geschichten von Menschen, die die Hoffnung nicht verlieren. Die Songs wurden atmosphärisch arrangiert und dürften in diesem Zusammenhang auch für Fans von Sigur Ros interessant sein. Der nahezu perfekte Soundtrack, um in einer warmen Nacht mit dem Bike eine lange Straße hinab zu fahren. Einfach Kopfhörer überstülpen und alles um dich herum beginnt zu fließen.

kortMelancholische Schmachtfetzen, zudem auch noch mit Country-Einschlag, waren noch nie mein Ding, dementsprechend ernten Lampchops Kurt Wagner & Courtney Tidwell auch erstmal Kopfschütteln, während der Opener ihres aktuellen Albums „Invariable Heartache“ seine Runden auf den Plattenteller dreht. Mit zunehmender Dauer schicken sich in diesem Zusammenhang zwar immer wieder ein paar himmelhochjauchzende Geigen an, das bodenständige Lagerfeuer-Geplänkel zu unterbrechen, alles in allem kann ich das gemeinsame Cover-Projekt namens Kort aber dennoch nur hartgesottenen Country-Fans ans Herz legen. Sorry, da warte ich dann doch lieber auf das nächste, reguläre Lambchop-Werk.

athlete_singlesAthlete waren derweil immer eine Band, die auf jedem Album einige famose Stücke hervorbrachte, die aber über die volle Länge nie so recht zu überzeugen wusste. Schön zu sehen, das nun unter dem Titel „Singles 01-10“ der Rundumschlag in Sachen Single-Auskopplungen erfolgt. Die Scheibe liefert ganz großes Brit-Pop-Kino der Marke „El Salvador“, „You Got The Style“, „Superhuman Touch“ und natürlich den Überhit „Wires“. Doch die Platte ist nicht nur für Athlete-Neueinsteiger interessant. Mit „Back Track“ wurde ein nicht zu verachtender Bonus-Track hinzugefügt. Zudem wurden auf Seite Zwei zahlreiche Raritäten, B-Seiten und Remixes zusammengewürfelt, die den eigentlichen Hitsingles in nichts nachstehen. Ein Album, wie geschaffen, um auf dem nächsten Tape für die/den Liebste/n für zahlreiche A-Ha-Effekte zu sorgen. Athlete schaffen Atmosphäre. In dieser geballten Form ist das ein Hochgenuss.

yazoo-reconnected-live-300x278Yazoo haben sich derweil bereits vor zwei Jahren nach nahezu einem Vierteljahrhundert Funkstille reformiert. Nun erscheint eine Doppel-Cd im hochwertigen Buch-Einband, welche die schönsten Momente der vergangenen Tour von Vince Clark und Alison Moyet versammelt. Dass Songs, wie „You And Me Both“ und „Only You“ heute noch so zeitgemäß anmuten, ist bemerkenswert, aber man fühlt sich auf der Stelle abgeholt, wenn die ersten Synthesizer-Klänge das Soundsystem fluten. Alles in allem ist „Reconnected Live“ nicht nur ein gefundenes Fressen, für hoffnungslose Nostalgiker, sondern auch für Yazoo-Neueinsteiger. Das schwarz-weiße Büchlein verschafft einem einen hübschen Eindruck von den atmosphärischen Auftritten der letzten zwei Jahre. Fehlt eigentlich nur noch ein neues Album? Wie sieht´s damit aus, Yazoo?

matouMatou schreiben derweil poppige Songs, die anfangs noch etwas gleichförmig anmuten, mit jedem weiteren Durchlauf allerdings, beginnt einen „Lost & Found“ ein Stück weit mehr zu fesseln. Mit „Ich bin viel zu lange mit euch mitgegangen“ hat das Quartett sogar einen Hit aus dem Hause Tocotronic in Klavierwelten überführt. Während des Songs hat man ununterbrochen Gänsehaut, weil man das Gefühl hat, er wäre genau für diese Variante entworfen worden. Wer sich mal wieder an Lagerfeuerhymnen das Herz wärmen möchte und im Hintergrund ein Jazz-Orchester aufspielen sehen möchte, sollte sich dieses Werk hier ins Regal stellen. „Lost & Found“ ist ein echter Geheimtipp für Menschen, die den Glauben an gute Popmusik noch nicht an die Formatradios dieser Welt verloren haben. Hier gibt’s das Kontrastprogramm zum Einheitsgedudel. Hoffen wir, dass der örtliche Quotensender diese Hymnen nicht ausschlachtet.

two-chixTwo Chix & A Beer klingen derweil wesentlich entspannter, als es der Bandname vermuten lässt. Die Referenzgröße Bob Dylan wird einem schon nach wenigen Augenblicken offenbar und „Friends Of Dolores“  schafft es leider nur selten, dem Blues-Standard-Repertoire der Marke Stones bis White Stripes etwas Neues hinzuzufügen. Ein Funk-Schunkler, wie „All The Girls“  sorgt zwar zwischenzeitlich für rege Unterhaltung, schafft es aber leider nicht, den Gesamteindruck über die volle Länge auf ein höheres Niveau zu hieven. Womit wir dann auch schon wieder am Ende wäre für heute. Lasst es euch gut gehen. Bis zum nächsten Zuckerbeat.