// zuckerbeat vol. (2)54 – du bist ne ratte, wenns um kröten geht, meister splinter

mit neuer Musik von MoTrip, Raf 3.0, Herr von Grau, Oliver Koletzki, Olli Schulz, Breton, Krazy Baldhead und The Overtones. // Wer inzwischen immer noch nicht mitbekommen hat, dass Deutscher Rap auf dem nächsten Level angekommen ist, der sollte sich mal das aktuelle Album von MoTrip zu Gemüte führen. Die Scheibe mit dem „Embryo“ vorne […]

mit neuer Musik von MoTrip, Raf 3.0, Herr von Grau, Oliver Koletzki, Olli Schulz, Breton, Krazy Baldhead und The Overtones.

motrip// Wer inzwischen immer noch nicht mitbekommen hat, dass Deutscher Rap auf dem nächsten Level angekommen ist, der sollte sich mal das aktuelle Album von MoTrip zu Gemüte führen. Die Scheibe mit dem „Embryo“ vorne drauf ist eine 17teilige Odysee voller Wortspiele und vertrackter Ideen. MoTrip will übers „Schreiben, schreiben“ und das tut er auch. Einmal erinnert er in diesem Zusammenhang an Kool Savas, dann wieder an Dendemann in dessen „Zwei“-Phase. MoTrip widersetzt sich über die volle Distanz der Versuchung, irgendwelche aggressiven Parolen abzusondern und auf diese Weise Aufmerksamkeit zu erhaschen. Der Rapper aus Beirut kreiert stattdessen einen absolut zeitlosen Stil. Und auch wenn die wenigen Features von Marsimoto bis Silla in diesem Zusammenhang nicht zu verachten sind, wird spätestens nach dem Song „Albtraum“ deutlich, wer hier eigentlich der „King“ ist. Unsere Prognose: MoTrip wird mit diesem Album schon in Kürze zu einer ernstzunehmend Instanz im deutschen Rap. Oder, um es mit seinen eigenen Worten zu formulieren: „Ich hab gesagt, ich werde kommen, um euch zu zeigen, wie es geht und jetzt verneige dich vor deiner Majestät. Nur ein paar Schritte sind noch nötig, ich bin oben, seht ihr? Ich entwickel mich zum König und die Krone steht mir.“ Ganz im ernst: dem ist erstmal nichts mehr hinzuzufügen.

raf_30// Mit Cro, Rockstah und Ahzumjot sind inzwischen zahlreiche Rap-Acts am Start, die ebenfalls große Erwartungen schüren. Das erste Album von RAF 3.0 (ehemals RAF Camora) steht inzwischen auch in den Läden und kontert synthetische Beats mit jamaikanischer Gelassenheit. Prinz Pi hat per „twitter“ bereits seine Empfehlung für das Album ausgesprochen und wir können ihm da nur beipflichten. Das gleichnamige Werk von RAF 3.0 ist vom Sound her absolut einzigartig. Der lässige Flow des Protagonisten und die Musik greifen perfekt ineinander und schon nach wenigen Tracks verfällt man dieser Platte. Wenn am Ende auch noch Gaststars wie MoTrip und Marteria zum Mikrofon greifen, hat man das Gefühl jetzt und hier der Zukunft des deutschen Rap beim Entstehen zuzusehen. Ein absolut bemerkenswertes Album. Ob es am Ende zum Klassiker reicht, muss sich zwar erst noch herausstellen. Für den Moment kommt an RAF 3.0 jedenfalls keiner vorbei.

herrvongrau// Wirklich bemerkenswert ist auch das aktuelle Mini-Album von Herr von Grau, welcher gerade Prinz Pi auf seiner aktuellen Tour supportet. „Das erste Buch Grau“ erscheint als schicke DVD-Edition mit Bonus-Disc, welche neben einem Tourtagebuch in 17 Kapiteln auch zahlreiche Musikvideos zu den Songs „Klebeband“, „Der große Schmerz“, „Halbleider“ und einigen anderen enthält. Auf der CD findet sich die EP „Das erste Buch Grau“, die acht entspannte bis düstere Tracks umfasst. Selbige rufen schöne Erinnerungen an den Sound von Immo (allerdings nicht ganz so verfreakt) und Doppelkopf wach. Fans von anspruchsvollem Rap kommen hier voll auf ihre Kosten. Und zu den acht Instrumentals, die es ebenfalls auf die Scheibe geschafft haben, lässt sich am Ende noch mal ganz entspannt durchhängen. Wer durch Prinz Pi, Motrip und Konsorten wieder auf den Geschmack in Sachen Deutscher Rap gekommen ist, sollte dieses Werk auf jeden Fall mal antesten. Es lohnt sich. Und düstere Postkarten und Aufkleber gibt’s inklusive.

oliver-koletzki-grossstadtmaerchen-2// Nachdem uns Oliver Koletzki bereits mit dem ersten „Band“ seines „Großstadtmärchens“ große Freude bereitet hat, steht nun der zweite Teil des elktrifizierten Vergnügens im Handel. Nachdem der Elektro-Künstler bereits auf dem Vorgänger zahlreiche Gaststars zur Unterfütterung seiner sphärischen Klänge (welche schöne Erinnerungen an Paul Kalkbrenner wachrufen) ins Studio schleppte, hat er auch diesmal einige renommierte Künstler zu Kollaborationen bewegen können. So finden sich auf „Großstadtmärchen 2“ durchweg gelungene Beiträge von Bosse und Ex-Muff Potter Nagel (der wie bereits auf seiner Solo-EP als Redner fungiert). Jake The Rapper und Fran sind ebenfalls mit drauf und machen das Album zu einer überaus abwechslungsreichen Angelegenheit. Womit letztlich auch der Beweis erbracht wäre, dass Fortsetzungen nicht immer überflüssig sind.

olli-schulz// Ein neues Album von Olli Schulz steht in der Zwischenzeit auch mal wieder im Regal. Diesmal allerdings darf man durchaus aufhorchen, denn Moses Schneider hat sich dazu entschlossen, die neuen Songs des Musikers in Szene zu setzen. Man merkt vielen Songs an, dass sich Olli Schulz für die Aufnahmen zu Beginn mit Schlaugzeuger Ben Lauber im Studio verbarrikadiert hat, um einfach ein bißchen drauf los zu jammen. „S.O.S. – Safe Olli Schulz“ ist ein sehr entspanntes Album. Die Songs sind über weite Strecken sehr schmissig arrangiert und rufen schöne Erinnerungen an Ollis famoses Debüt wach – sogar ein Reggae-Knaller im Auto-Tune-Modus („Ich kenn da ein“) hat es auf die Platte geschafft und schrammt überraschenderweise elegant an der Peinlichkeitsgrenze vorbei – die Hookline des Songs hat man stattdessen noch Stunden später im Ohr. 14 Tracks und drei kleine Hörspiele haben es am Ende auch noch auf das Album geschafft und Freunde und Kollegen wie Marten Ebsen, Walter Schreifels und Gisbert zu Knyphausen haben im Studio vorbei geschaut, um Chorgesänge, Gitarren- und Klavierklänge beizusteueren. Ein durchaus überzeugendes Werk.

breton// Gleich zu Beginn ihres aktuellen Albums machen Breton deutlich, dass sie nicht bereit sind, sich irgendwelchen Szene-Konventionen unterzuordnen. Stattdessen wirkt gleich der erste Song auf ihrem aktuellen Album „Other People´s Problems“, als hätten sich J Dilla und Mr. Hudson zum Nachmittagstee verabredet. Mit ihren Songs malen sie Bilder im Kopf des Hörers und bewegen sich auf dem schmalen Grad zwischen Klassik, Pop und HipHop. Dass sie bei diesem Drahtseilakt nicht abstürzen, liegt vor allem daran, dass alles homogen ineinander greift. Die dynamischen Songstruckturen rufen darüber hinaus schöne Erinnerungen an den Sound von Bloc Party und Phoenix wach. Ein elektrisierendes Album.

krazy-baldhead// Wenn der Name „Ed Banger“ in die Wagschale geworfen wird, denken die meisten wohl als Allererstes an die werten Kollegen von Justice, die sich erst vor Kurzem mit ihrem gelungenen Zweiltling zurück gemeldet haben. Mit Krazy Baldhead geistert seit geraumer Zeit ein echter Geheimtipp im Hause des zeitgenössischen Elektro-Labels herum, der den Charme eines gelungenen Musicals auf Silberling überführt. Das aktuelle Album namens „The Noise Is The Sky“ könnte man als elektrifizierte Funk-Oper beschreiben. Das gleichnamige Intro geleitet einen auf sanften Pfoten in die wunderbare Welt von Krazy Baldhead und spult einen per Zeitmaschine in die 70er Jahre zurück. Anschließend wird dann alles von Daft Punk bis zu den Chemical Brothers durchdekliniert, was die zwölf Stücke zu einem partytauglichen und perfekt produzierten Effektgewitter macht. Wer sich fragt, wo Elektro-Pop in den nächsten Jahren hinsteuern wird: hier bekommt er einen ersten Eindruck davon.

the_overtones_gambling_man_album_cover_// Wer noch keinen passenden Tanzpartner für den Abschlussball gefunden hat, sollte sich einfach mit einer Boombox in die nächste Fußgängerzone stellen und das neue Album der Overtones auflegen. Die Jungs (oder Mädels) werden ihm / ihr reihenweise um den Hals fallen. Die tanzbaren Pop-Songs auf „Gambling Man“ rufen schöne Erinnerungen an die großen Tage des Doo-Wop wach. Mit „The Longest Time“ hat sich dann auch noch ein charmantes a capella Cover von Billy Joel zwischen die Tracks geschlichen. Wer auf vielstimmige Chorgesänge im Pop-Modus steht, sollte unbedingt mal reinhören. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.