Herzlich Willkommen zurück. Pünktlich zum 20ten sind wir mal wieder back mit jeder Menge heißen Scheiß. Und ich sach ma. Noch mehr back als wir sind höchstens noch Bäcker. Oder packer. Aber natürlich nur im englischen Sprachgebrauch. Backpacker am bäckesten sozusagen. Weil man heute scheinbar lieber klotzt als kleckert. Und sich dafür dann von den Medien anhören darf, dass man unter der Oberfläche gar nix zu bieten hätte. Dabei kann man das neue Hadouken! (klickt auf den Interpreten und ihr gelangt zum Reinhören sofort auf dessen Myspace Seite) Album namens „Music For An Accelerated Culture“ (6) doch so schön abfeiern. Klar ist das kurzweilig, was da als Monster aus britischer Grime-Attitüde und Prodigy-Elektrogewummse auf einen einprasselt. Aber manchmal ist einem eben einfach nach ein paar Knalleffekten am Nachthimmel. Hadouken! machen deshalb auch das einzig richtige. Sie schnappen sich eine Packung Sylvesterraketen und feuern sie berauscht zum Mond, wo sie dann auf halbem Weg verglühen. Kurz gesagt: Wer Tiefsinn sucht, sollte weitergehen. Wer auf den Festivals aber immer noch Rage Against The Machine und The Prodigy ins Tapedeck wirft. Bitte mal anchecken und abfeiern. Anschließend wird’s nämlich ziemlich düster. Die Jazzkantine ist zurück und agiert als offenes Kollektiv im Untergrund. Alte Metal-Klassiker wurden dabei für „Hell´s Kitchen“ (3) radiokombatibel zweckentfremdet. Das klingt zumindest am Anfang schlimmer, als es sich anhört. Tom Gaebel tapeziert das Loch, aus dem „Highway To Hell“ entsprang, erst mal mit einer rosa Plüschtapete zu und kommt damit durch, weil er das Ganze nicht allzu ernst sieht. Ganz anders Xavier Naidoo. Seine Version von „Nothing Else Matters“ klingt wie der überambitionierte Versuch, den Hörer nur schnellstmöglich dazu zu bringen, sich auf die Skip-Taste zu werfen, als wär grad Profi-Wrestling. Soviel gequetschte Emotion ist kaum zu überbieten. Und wird glücklicherweise es am Ende nur noch Max Mutzke mit seiner Version von „Back in Black“ unterboten. Da wird einem wirklich schwarz vor Augen, „yeah yeah yeah yääääääää“ bla blubb blub. Begeisterung sieht anders aus. Und macht dieses Album in etwa so austauschbar, wie Panini-Bilder. Gut, dass wir da noch ein bisschen After-Umsonst & Draussen-Mucke am Start haben. Besonders schön: Das neue Album von Sir Simon Battle. Der lässt auf „Battle“ (7) die einsamen Herzen, die Miles & Electric Club zurück gelassen haben, pochen, wie Poltergeister. Die Scheibe wandelt dabei eher in melancholischen Sphären. Aber die zahllosen Melodien bringen dich gedanklich immer ein Stück näher zur Angebeteten am Ufer gegenüber. Wie ein Rettungsboot trägt dich die Musik durch die tobenden Fluten und schafft eine Oase der Ruhe. Dort verweilen wir hinterher noch bisschen mit den charmanten Mädels von Audrey. Die haben sich auf ihrem Zweitling „The Fierce And The Longing“ (6) endgültig dem Pop verschrieben. Ihre melancholische Ader können sie dabei zwar nicht vollständig unterm Shirt verstecken. Man merkt der Platte aber an, dass da früher mal ordentlich postgerockt wurde, lässt sich aber trotzdem auf die reduzierte Spielwiese geleiten. Stellt sich nur die Frage, ob man wirklich am Kreativsten ist, wenn man das überflüssige Spielzeug mal auf dem Dachboden verstaut und sich aufs Wesentliche besinnt. Denn die Songs erschließen sich diesmal zwar erheblich schneller, verlieren aber dadurch etwas an Reiz. Ist halt blöd, wenn man sich gerade auf Schatzsuche begeben will und dann stellt einem der Nachbar die Schatzkiste direkt vor die Haustür. Trotzdem: Ein schönes, weil zweitweise äußerst betörendes Album. Auch wenn ich persönlich den Erstling zum Einstieg empfehle. Womit wir dann mal weiter in poppige Gewässer segeln. Ein lauwarmer Sommerwind streift einen beim Genuss von „Going Up“ (6) durchs Haar. Das neue Album von Kidda aus Brighton klingt in etwa so, als wäre Mika plötzlich kreativ geworden und würde einen auf Gnarls Barkley machen. Kurz gesagt: Dieses Album ist so Pop as Pop can eben be. Nur leider poppt am Ende keiner mehr. Die haben sich vor lauter Harmonien schon auf ein dickes Monster geschwungen, um das pixelartige Männchen auf dem Cover platt zu walzen. Soviel positive Sounds hält ja kein Mensch aus. Was aber wiederum den Vorteil hat, dass man die Stücke perfekt auf die nächsten zehn Lieblingsmixtapes verteilen kann. Wohl dosiert nämlich geht da einiges in dieser bunten Popcorntüte, wo die Melodien nur so im Kreis hüpfen, wie Ringelnattern. Also checkts mal aus. Vielleicht hört ihr hier ja schon das „nächst big sing“ oder so ähnlich. Vielleicht sind das aber auch So So Modern. Wobei? Erstmal abwarten. Die orientieren sich auf „Friends & Fires + 000Eps“ (5) nämlich an rhythmischen Kapellen der Marke Robocop Kraus und The Rapture und dürften damit zumindest szene-technisch schon mal auf ein tanzwütiges Indie-Publikum treffen. Einzig und allein ein alles überstrahlender Hit will sich dabei noch nicht so recht abzeichnen. Aber wer sich hinter Tiermasken versteckt, der schielt ja sowieso nicht ins Scheinwerferlicht. Der fühlt sich wohl in seiner Höhle. Und hat dort die beste Zeit seines Lebens, bis die Decke einkracht. Vielleicht sollte man die Sache am Ende dann aber auch nicht übertreiben. Jedenfalls bin ich sicher nicht der einzige, dem beim Gedanken an ein neues Album von Me First And The Gimme Gimmes eine wahre Flut aus Gähnarmeen übermannt. Auf „Have Another Ball!“ (1) (übrigens laut Info der zweite Teil der Sessions zum Debütalbum „Have A Ball“) werden diesmal „The Boxer“, „Country Roads“ und jede Menge andere, in dieser Form verzichtbare Pop-Klassiker durch den Punkwolf gedreht. Ich will ja nicht bezweifeln, dass man da im Sommer durchaus gut drauf durchdrehen kann. Aber das kann man bei Singstar-zockenden Nachbarn ja auch. Dann vielleicht doch lieber die neue Real McKenzies reinschieben. „Off The Leash“ (6) disqualifiziert sich zwar für mich schon durch den ersten Einsatz der schottischen Bagpipe. Bietet aber dennoch für alle, die sich durch das Dudeln nicht übelst drangsaliert fühlen, einen wahren Hitreigen. Das fällt sogar mir auf, was soviel heißt, wie, ich habs tatsächlich bis zum Ende durchgehalten und sogar ab und zu mitgepfiffen. Was heißt das für euch? Holt euch das Teil! So viel Objektivität muss schon mal drin sein. Mehr Sonnenscheinpunk…? Geht nicht! Und vielleicht find ich ja noch nen Tüftler, dass mir die Bagpipe da rausmischt. Bis dahin zock ich noch ne Runde Luftpiano mit Ratatat. Die verlieren sich auf „LP.3“ (7) mal wieder in instrumentalen Synthie-Hero-Gedächtnismomenten. Haben allerdings aus dem schnellen Abnutzungsgrad des Vorgängers ihre Lehren gezogen und die Stücke ein bisschen breiter angelegt. Soll heißen. Es darf zwar zwischenzeitlich immer noch ordentlich die Mähne geschüttelt werden, aber das Teil bleibt auch beim zehnten Mal noch spannend. Schon allein der Opener „Shiller“ steuert so konsequent am Emotionsausbruch vorbei, dass man am liebsten selber auf die Bühne springen möchte, um die beiden Musiker so richtig durchzuschütteln und den Glücksmoment aus ihnen herauszukitzeln. Dabei ist es am Ende doch gerade diese Verweigerungshaltung, die das Teil so strahlen lässt. Stellt sich nur die Frage, was da jetzt noch kommen mag? Am besten ist es wohl, man lässt sich einfach überraschen. So wie ich. Von all den schönen Platten, die da noch eintrudeln. Also haut rein. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
// von Alexander Nickel-Hopfengart
UND WAS NUN?