// die welt ist ein schuh…

… und nicht irgendein Schuh. Die Welt ist ein Converse Chuck Taylor All Star – ein „Chuck“. Ein zeitloses Stück Style, das 2008 ganze einhundert Jahr alt wurde. Grund genug für eine Laudatio auf einen Schuh, der die Welt berührt, Völker vereinigt, Kriege beendet, die Hungrigen speist – scheißegal, ob das ein bisschen übertrieben ist. […]

… und nicht irgendein Schuh. Die Welt ist ein Converse Chuck Taylor All Star – ein „Chuck“. Ein zeitloses Stück Style, das 2008 ganze einhundert Jahr alt wurde. Grund genug für eine Laudatio auf einen Schuh, der die Welt berührt, Völker vereinigt, Kriege beendet, die Hungrigen speist – scheißegal, ob das ein bisschen übertrieben ist. Wenn man Chucks ins Wasser wirfst, dann werden sie nicht nass – das Wasser wird Chucks. Frei nach Chuck Norris, der schließlich nicht einfach so den coolsten Vornamen der Welt hat. Chucks sind authentisch, Schuhe mit Charakter. Mit Chucks ist jeder ein bisschen dagegen. Chucks sind ein bisschen “Fuck you” für die Füße – aber dezent und unterschwellig. Chucks kann man auch zum schicken Nadelstreifenanzug tragen, ohne wie ein Werbedesigner zu wirken, dem das weiße Gute-Laune-Pülverchen noch an den Nasenflügeln klebt.

Chucks sind ein Stück Lebensgefühl, Ein Stück Rock ´n Roll, nur nicht so aufdringlich und ohne die verwüsteten Hotelzimmer. Der fehlende vierte Part in der scheinbaren Trias Sex, Drugs und Rock n Roll. Mit Chucks sagt man „Es passt mir irgendetwas in dieser Gesellschaft nicht – aber ich bin zu sehr Avantgarde, um auf Demos zu latschen.“ Chucks sind Revolution – verdammt gut aussehende Revolution. Chucks sind die perfekte Mischung aus Gandhi und Che Guevara. Chucks sind Protest. Chucks sind wie Zigaretten – nur ohne die tödlichen Nebenwirkungen, von Schweißfüßen und Haltungsschäden mal abgesehen. “Fuck you”!

Die Ramones haben Chucks getragen. Mick Jagger hat in Chucks geheiratet. Und wenn es sie vor 2009 Jahren gegeben hätte, dann wäre Jesus seinen letzten Weg mit ihnen an den Füßen bis nach Golgatha gegangen. Ich muss nicht erwähnen, worin Josef von Arimatäa die Blutstrophen von Gottes Sohn aufgefangen hat, oder? Der heilige Gral. Ein Schuh, sie zu knechten. Ein Schuh, der dem 0815-Einheitsbrei mal so richtig gepflegt in den Allerwertesten tritt.

Chucks sind Mode, Trend, Stil, Eleganz – damals, jetzt und für immer. Chucks sind zwar amerikanisch – aber wenn das die Punks beim G8-Gipfel in Heiligendamm nicht gestört hat, dann muss sich der gemeine Nach-Feierabend-Revoluzzer auch nicht darum kümmern. Ich würde auch Chucks mit USA-Flaggen darauf tragen. Geht jetzt auch wieder, jetzt ist Amerika ja wieder cool. Yes, Chucks can! Chucks sind für Menschen, die zu ihrer Frau im Bett mal sagen: „Schatz, dreh dich um und bell wie ein Hund!“ Viel Spaß bei der Missionarsstellung, ihr Lackschuhträger! Aber Chucks sind nicht nur für Männer – keine Frau sieht in irgendwelchen anderen Schuhen so sexy aus, wie in Chucks. Chucks sind der pure Sex. „Du darfst Sie im Bett auch gern anbehalten, Schatz!“

Chucks sind ein Musterbeispiel an Qualität. Sie gehen nie kaputt. Zwar lösen sich bereits nach vier Wochen die ersten Klebungen an den immergleichen Stellen – aber dennoch gehen sie nie so kaputt, dass man sie gar nicht mehr anziehen könnte. Chucks zwingen sogar den hauseigenen Pitbullterrier in die Knie, dem man sie vorher zum Spielen gegeben hat, damit sie noch etwas zerfetzter und damit noch mehr “Fuck you” aussehen.

Chucks sind auch Vielfalt, Abwechslung. Es gibt sie in eintausend Farben und zehntausend Mustern für hunderttausend verschiedene Menschen. Chucks sind stoffgewordener Multi-Kulti, der auch noch funktioniert. Wo Chucks sind, gibt es keine Hassparolen, keine Integrationskurse – Chucks sind Esperanto für die Füße. In Chucks gehen Neonazis und Israelis gemeinsam auf einen Döner zum Türken. Denn
Chucks kümmern sich nicht um alteingesessene Meinungen und Regeln. Chucks sind Geschichte, Chucks machen Geschichte. Chucks sind die französische Revolution, scheißegal ob in der Bastille nur eine Handvoll Gefangener saß. Chucks sind Hans und Sophie Scholl – die hätten damals sogar extra braune Chucks getragen, um es den Nazis noch so richtig reinzudrücken. Chucks sind Freiheit. Chucks sind der Fall der Mauer, das letzte Stück Kapitalismus, das am Ende überleben wird. Denn Chucks sind Widerstand – Widerstand im Subtext.

Und Chucks sind Erinnerungen. Chucks sind das erste Skateboard, die erste heimliche Zigarette unten am See, der erste Lieblingssong, der erste Kuss, die erste Liebe – und das alles nicht nur für US-amerikanische Highschool-Teenager der 1980er Jahre. Chucks sind das erste Mal „Nein Mama, ich bleib heute mal länger auf und schau mir auch die zweite Folge Sandmänchen an“, das erste Mal „Hausaufgaben? Die hat mein Hund gefressen“, das erste Mal „Gebt mir die Autoschlüssel, ich kann noch fahren – „Fuck you I won’t do what you tell me!“ Chucks sind all die Fehler, die jeder im Leben machen muss. Chucks sind das volle Leben. Mit allen Widersprüchen, in vollen Zügen und mitten ins Herz. Indie und Pop, Style und Kommerz, Individualität und Masse, Qualität und Ramsch, Revolution und Mitläufer, Ying und Yang, Alpha und Omega, Gott und Luzifer, Weiß und Schwarz, Himmel und Hölle.

Die Welt ist ein Schuh. Auch für alle anderen Menschen außer Al Bundy. Das Leben ist ein paar Chucks. Schmutzig, stinkig, sauteuer – aber hat dafür einfach verdammt viel Stil.
// thomas brandt