// aufgelesen vol. (5)13 – „die projektoren“

mit dem für den Buchpreis nominierten Werk „Die Projektoren“ von Clemens Meyer. // Mit seinem neuesten Roman „Die Projektoren“ liefert Clemens Meyer ein monumentales Werk, das sowohl literarisch als auch thematisch Maßstäbe setzt. Auf über 1000 Seiten entführt Meyer seine Leser*innen in ein episches Geflecht aus Geschichten, das von der DDR bis zur Volksrepublik Jugoslawien […]

mit dem für den Buchpreis nominierten Werk „Die Projektoren“ von Clemens Meyer.

// Mit seinem neuesten Roman „Die Projektoren“ liefert Clemens Meyer ein monumentales Werk, das sowohl literarisch als auch thematisch Maßstäbe setzt. Auf über 1000 Seiten entführt Meyer seine Leser*innen in ein episches Geflecht aus Geschichten, das von der DDR bis zur Volksrepublik Jugoslawien reicht und die Abgründe Europas im 20. und 21. Jahrhundert schonungslos beleuchtet. Dieser Roman, der völlig zurecht für den Deutschen Buchpreis nominiert wurde, ist ein meisterhaftes Panorama über die Krisen Europas und die Kraft des Erzählens. „Die Projektoren“ ist mehr als nur ein Roman – es ist ein kaleidoskopisches Epos, das Vergangenheit und Gegenwart in einem atemberaubenden Erzählrausch miteinander verknüpft. Meyers Fähigkeit, tief in die Seele seiner Charaktere einzutauchen und dabei die Widersprüche und Tragödien des Lebens auf eine so packende Weise darzustellen, wird hier eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Geschichte entfaltet sich in verschiedenen Erzählsträngen und Schauplätzen.

Da ist der ehemalige Partisan, der im Velebit-Gebirge die Dreharbeiten zu den legendären Winnetou-Filmen miterlebt und Jahrzehnte später Zeuge der blutigen Jugoslawienkriege wird. Meyers Beschreibungen der Szenerie und der menschlichen Dramen sind so lebendig und intensiv, dass man das Gefühl hat, selbst durch die steinigen Gebirgslandschaften Kroatiens zu wandern. Parallel dazu erzählt Meyer von einer Gruppe junger Rechtsradikaler aus Dortmund, die an genau diesen historischen Schauplätzen mit der Sinnlosigkeit ihrer Ideologie konfrontiert werden. Diese Erzählung ist nicht nur eine scharfe Abrechnung mit dem rechten Gedankengut, sondern auch eine tiefgründige Erforschung der menschlichen Seele, ihrer Suche nach Identität und Zugehörigkeit. Die Art und Weise, wie Meyer die Naivität und die verlorene Orientierung dieser Figuren darstellt, ist sowohl erschreckend als auch zutiefst menschlich. In Leipzig, einer weiteren zentralen Kulisse des Romans, wird während einer Konferenz in einer psychiatrischen Klinik über die Texte eines mysteriösen ehemaligen Patienten diskutiert. Dieser Mann, der angeblich spurlos verschwunden ist und möglicherweise die Zukunft vorhersagen konnte, stellt eine Verbindung zu einem anderen Patienten her: dem Weltreisenden Dr. May. Diese Erzählung in Leipzig fügt dem Roman eine weitere Dimension hinzu, indem sie die Grenzen zwischen Realität und Wahnsinn, zwischen Wissenschaft und Okkultismus verschwimmen lässt. Meyers Stil ist dabei so kraftvoll wie präzise. Er schreibt mit einer Sprachgewalt, die tief in die menschlichen Abgründe hineinreicht und die Leserinnen immer wieder mit unerwarteten Wendungen überrascht. Seine Prosa ist dicht und vielschichtig, seine Beschreibungen sind eindringlich und poetisch. Trotz der Komplexität und der Länge des Romans gelingt es Meyer, die Spannung aufrechtzuerhalten und die Leserinnen bis zur letzten Seite zu fesseln. Meyer fordert seine Leser*innen auf, sich mit den Widersprüchen und Tragödien der europäischen Geschichte auseinanderzusetzen, mit den tiefen Wunden, die Kriege und Ideologien hinterlassen haben. Gleichzeitig erzählt er eine zutiefst menschliche Geschichte von Verlust und der Suche nach Sinn. Dieser Roman ist ein Muss für alle, die sich für Literatur interessieren, die sowohl intellektuell anspruchsvoll als auch emotional packend ist. „Die Projektoren“ ist ein literarisches Meisterwerk, das einmal mehr zeigt, warum Clemens Meyer zu den bedeutendsten Schriftstellern unserer Zeit zählt. Eine beeindruckende Leseerfahrung, die lange nachhallt.