„Love Never Dies“ nennt sich derweil das neueste Musical aus dem Hause „Andrew Lloyd Webber“. Das Sequel zur Phantom der Oper besticht durch ein himmelhoch jauchzendes, schluchzendes Orchestergeplänkel zu dem sich der geneigte Emo-Anhänger nur zu gerne in den Armen der Liebsten verliert, aber auch so mancher Queen-Fan die Arme in bester „Waynes World“-Manier in Richtung Firmament schleudert. Auf zwei Cds werden Instrumentals und Gesangparts gekonnt zu einem schlüssigen Gesamtwerk verknüpft. Ist ja auch kein Wunder, dass hier ganz großes Kino aufgefahren wird, wenn man bedenkt, dass die Arbeit an diesem Gesamtkunstwerk bereits vor zwanzig Jahren begann. Wer sich vor Jahren das Buffy-Musical in den Schrank gestellt hat, sollte sich der Scheibe ebenso annähern, wie alle, die sich schon seit Jahren zu düster-traurigen Melodien in Tim Burton-esken Szenerien verlieren.
Jetzt sollte es aber endlich klappen mit Frightened Rabbit. Die Schotten wollen endlich raus aus der Nische und wäre die Welt gerecht, würden sie jetzt schon auf einer Welle mit Kings Of Leon durch die Konzerthallen surfen. Stattdessen ziehen sie immer noch durch die Eckkneipen der City und sorgen für offene Mäuler. Hits fabrizieren sie ja am laufenden Band. Das war schon auf ihren letzten Alben so. Irgendwo zwischen den Counting Crows, Bright Eyes und Konsorten würde sich so mancher Hit auf „Winter Of Mixed Drinks“ sicher auch in einer amerikanischen Teenie-Soap gut machen. Das bemerkenswerte allerdings ist, dass Songs, wie das zauberhafte „Swim Until You Can´t See Land“ von dermaßen tiefsinnigen Texten durchzogen und gleichzeitig so interpretationsfähig sind, dass man sich auch nach dem Überdruss an Wohlfühlklängen immer noch an ihnen fest krallt, als wollte man diese Scheibe hier direkt zwischen die eigenen Herzklappen verpflanzen.
Die Wiener Elektro-Popper von Bunny Lake verzaubern einen derweil mit gehauchten Nostalgie-Fetzen der Marke „1994“, massieren einen aber hin und wieder auch die eingerosteten Tanzmuskeln, wenn sie im Opener „Swallow The Darkness“ New Wave-Pop mit einer gehörigen Breitseite an Elektro-Gepumpe verzieren. Klingt im Endeffekt äußerst schmissig, was die Band um Sängerin Suzy on the Rocks auf „The Beautiful Fall“ im Grenzgebiet von Ultravoxes „Dancing With Tears in My Eyes“ und David Bowies Sternschnuppen-Pop so in Richtung Gehörgänge säuselt. Alles in allem ein gelungener Absacker für die nächste Party in irgendeinem düsteren Kellerloch von Tanzlokal, in welchem schummriges Neonlicht die Tanzfläche durchströmt.
Bright Eyes & Neva Dinova läuten derweil nicht etwa die Reformation von erstgenannter Band ein, sondern haben ein schillerndes Juwel aus dem Jahre 2004 ausgegraben, als sich Conor Oberst und Jake Bellows aufmachten, ihre Qualitäten als Liedermacher zu bündeln und „One Jug Of Wine, Two Vessels“ einzusäuseln. Nun wird die EP von damals noch mal veröffentlicht. Das neu abgemischte Material verblüfft. Nimmt es doch in gewisser Weise vorweg, welchen Weg Oberst auf seinen beiden Solo-Alben einschlagen wird. Der Pop-Appeal der Songs ist bestechend. Zudem bekommen all diejenigen, die das alte Material bereits im Regal stehen haben, noch mal vier neue Songs um die Ohren gehauen.
Jenny Wilson präsentiert sich derweil als weiblicher Robin Hood (mit Knarre) auf ihrem neuen Werk „Hardships!“. Manche ihrer Stücke strahlen diese bittersüße Zärtlichkeit aus, wie wir sie schon von The Knife kennen. Allerdings geht es hier nicht etwa elektronisch, sondern traditioneller zur Sache. „Hardships!“ ist ein echtes Liedermacher-Werk geworden, das sich hin und wieder ein paar überdrehte Trommeleinlagen im Sinne Animal Collective leistet, ohne allerdings alles mit ihnen zuzukleistern. Der imposante Rhythmus vieler Songs sorgt dafür, dass einem über die volle Länge nicht langweilig wird. Jenny Wilson hat ein etwas anderes Hitalbum aufgenommen. Und so bahnen sich die verqueren Stücke ihren Weg ins verschlungene Herz des Zuhörers.
Zwischendurch ein paar Lachanfälle gefällig? Checkt doch mal das kürzlich wieder veröffentlichte, humoristische Theater aus dem Hause Stand & Ollie. „Dick & Doof sprechen Deutsch: Spuck um Mitternacht“ nennt sich das sympathische Bühnenstück, das von den Protagonisten selbst im Jahre 1930 in deutscher Sprache absolviert wurde. 2004 in einem Moskauer Archiv aus einer ollen Kiste gekramt, wird das Teil nun erstmals auf DVD veröffentlicht. Thematisch dreht sich der 39minütige Streifen um einen Mord an einem entfernten Verwandten von Stan, dessen Testamentsverkündung schließlich dazu führt, dass das humoristische Duo in einem astreinen Spukhaus die Nacht verbringen muss. Neben dem Streifen selbst versammelt die DVD 127 Minuten Extras, unter anderem auch ein aussagekräftiges Interview mit dem Filmexperten Stefan Drössler vom Filmmuseum München.
Den Rundumschlag in Sachen Clubmusik kann man sich derweil vermengt von Jean Elan auf drei Silberlingen ins heimische Wohnzimmer holen. Der „Clubbers Guide 2010“ dürfte bei regelmäßigen Großraumdisco-Besuchern für wahre Euphorieschübe sorgen. Es folgt Hit auf Hit. Resteverwertung a la Snap!s „Rhythm Is A Dancer“ trifft auf Restverwertung der Marke Tag Team („Whoomp! There It Is“). Persönlich wird da aber auf Dauer etwas zu viel auf die Kacke gehauen. Der ständige Versuch den einen großen Tanzflächen-Böller mit einem noch größeren Knallbonbon zu übertreffen, sorgt zwar für eine illustre Gästeliste mit durchaus passablen Stücken von Calvin Harris über Moby bis Röyksopp, lässt aber keinerlei Verschnaufpausen zu, in denen sich so etwas wie eine mitreißende Dynamik entwickeln könnte. Am Ende wird der aktuelle Clubbers Guide wie die 120 Minuten Spezialeffekte in den beiden Matrix-Fortsetzungen. Sieht zwar alles klasse aus, ins Herz schließen tut man es deshalb aber noch lange nicht.
Kidz In The Hall machen sich derweil daran, den charmanten Old School-Rap-Style der Marke Cool Kids mit einer Portion Pop-Atmosphäre zu strecken. „Land Of Make Believe“ wirkt wie ein vergessenes Rapwerk aus alten Tagen. Der Sound nostalgisiert einen zurück in eine Zeit, als noch bunt bemalte Häuserwände in den Rap-Clips auf MTV zu sehen waren. Etwas weniger Gästeliste und eine Straffung um drei Songs hätte dem Album sicher nicht geschadet, trotzdem gehört „Land Of Make Believe“ zum Besten, was man in Sachen klassischer Rapmusik in letzter Zeit so vor den Latz geknallt bekam. Spätestens wenn Just Blaze im Überhit „Take Over The World“ den Vorhang zum ganz großen Popmoment öffnet, möchte man endlich mal wieder die Fensterscheiben runter kurbeln, um den ganzen Wohnblock mit diesem Sound zu verzaubern. Und damit genug gepost(et) für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?