mit neuen Büchern von Moby, Christian Kracht, Gerhard Falkner, André Kubiczek und Andreas Baum.
// Wer sich nochmal in die 90er Jahre zurück transferieren möchte, der kommt beim aktuellen Werk von Moby auf seine Kosten. Der Künstler hat nämlich unter dem schicken Titel „Porcelain“ seine Biografie veröffentlicht und die ist wirklich lesenswert. Mitte der 90er entwickelt sich der Protagonist dabei zu einem der wichtigsten Künstler der gegenwärtigen DJ- und Technoszene. Während seine ersten Gehversuche noch stark von den elektronischen Vorlieben des Musikers zehren, öffnet er sich zunehmend neuen Stilrichtungen und überschreitet damit konsequent Grenzen. Dass er damit auch beim Massenpublikum punkten kann, ist ein toller Nebeneffekt und so bekommen wir hier nicht nur eine überaus selbstironische Abhandlung der einzelnen Karrierestationen vor den Latz geknallt, sondern wir erfahren auch sehr viel über die Innansichten des Musikers. Sein Weg vom New Yorker Underground-Elektroniker zum Massen-DJ ist dabei mit zahlreichen Anekdoten versehen, die einen auch hin und wieder ganz ordentlich zum Nachdenken anregen. Soll heißen: besser kann man seine eigene Biografie eigentlich kaum mehr in Szene setzen. Und wer noch einen passenden Soundtrack dazu sucht, kann auch gleich noch zu der limitierten Vinyl-Single „Music From Porcelain“ greifen, die vier knackige Mega-Hits des Musikers in sich vereint. Wir wünschen viel Spaß damit.
// Literarischen Nachschlag bekommen wir in diesen Tagen endlich mal wieder von Christian Kracht präsentiert. Der transferiert uns in seinem neuen Werk namens „Die Toten“ zurück in die 30er Jahre und entführt uns in Richtung der damaligen Filmszene. Wir treffen auf einen enthusiastischen Schweizer Regisseur namens Siegfried Kracauer, der versucht in Berlin den UFA-Member Alfred Hugenberg von einer Investition in seinen Film zu überzeugen. Bei selbigem allerdings handelt es sich nicht nur um einen astreinen Gruselfilm, er soll auch noch in Japan gedreht werden, wo ein mysteriöser Japaner namens Masahiko Amakasu noch eine Rechnung mit den Filmstudios in Hollywood offen hat. Was Sigfried Kracauer und Lotte Eisner mit der ganzen Sache zu tun haben, schließlich waren sie es, die Kracauer erst auf die Idee mit dem schrägen Streifen brachten? „Die Toten“ wirft einen Blick auf den Zeitenwandel und die Macht der Bilder. Es ist gleichzeitig ein leichtfüßiges, wie auch vielschichtiges Werk, das man als Leser am Liebsten an einem Rutsch durchschmökern möchte.
// Schon bald steht wieder die Frankfurter Buchmesse auf dem Programm und natürlich wollen wir euch auch dieses Jahr wieder über die wichtigsten Bücher der kürzlich veröffentlichten Longlist auf dem Laufenden halten. Bereits in der letzten Ausgabe haben wir auch Thomas Melles neues Werk „Die Welt im Rücken“ vorgestellt. Heute widmen wir uns dem Epochen-Roman „Apollokalypse“, der sich mit den 80ern und 90ern in Berlin auseinander setzt. Der renommierte Dichter und Schriftsteller Gerhard Falkner zählt dabei nicht nur zu den meist-ausgezeichneten Autoren des Landes, ihm gelingt auf etwas mehr als 400 Seiten auch das Kunststück, zahlreiche Handlungsstränge formvollendet mit einander zu verweben. Man möchte eigentlich noch nicht zu viel verraten, aber im weitesten Sinne wird hier anhand mehrerer Hauptfiguren (vor allem aber der Person des Georg Autenrieth, einem Westdeutschen, der immer wieder in der Stadt auftaucht und genauso schnell wieder verschwindet) unsere Geschichte abgehandelt. So dreht sich dieses Werk um die Stasi, die RAF, die Kunst und das Leben gleichermaßen. Im Mittelpunkt allerdings steht immer Berlin – eine Metropole im Wandel der Zeit und man hätte nach den letzten Zeilen gerne noch ein wenig länger verweilt zwischen diesen Zeilen.
// Ins Jahr 1985 zurück transferiert uns das aktuelle Werk des Potsdamer Schriftstellers André Kubiczek, der bereits mit seinem 2002er Werk „Junge Talente“ für Furore sorgte. Nachdem er 2007 den Candide-Preis erhalten hat, steht nach „Die fabelhafte Welt der Anarchie“ nun sein neuester Wurf in den Regalen. Darin erzählt er uns die Geschichte des sechzehnjährigen René, der in den großen Ferien diesmal nicht die große weite Welt unsicher macht. Stattdessen lässt ihm sein Vater 1000 Mark da, die er zu gleichen Teilen mit seinen Freunden Dirk, Michael und Mario teilt. Die Jungs nutzen derweil die Zeit, um in den leeren Cafes der Stadt herumzusitzen und sich die Zeit mit witzigen Späßen und Ideen zu vertreiben. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht nur die unerfüllten Wünsche und Hoffnungen der einzelnen Protagonisten, sondern auch die Suche nach der großen Liebe. Weil es dem Autor dabei gelingt, den Zeitgeist und das Innenleben der jungen Menschen so famos einzufangen, wurde sein Werk völlig zu Recht auf die Longlist der Frankfurter Buchmesse gesetzt.
// Vier Jahre später, im Jahr 1989, befinden wir uns im aktuellen Werk von Andreas Baum. Der Kulturredakteur des Deutschlandradios hat in seinem Debüt die Zeit der Wende zum Mittelpunkt des Geschehens erklärt und so treffen wir auf eine Gruppe junger Menschen, die sich dazu entschlossen hat, das Gründerzeithaus nahe des Rosenthaler Platzes gegen die ganzen Eindringlinge da draußen zu verteidigen. Im Mittelpunkt steht dabei ein gewisser Sebastian Brandt, der in Berlin vor allem einen Rettungsanker sieht. Das Leben in der Provinz hat ihn angeödet und doch schleichen sich schon nach kurzer Zeit Risse in seiner neuen, heilen Welt ein. Im Haus selbst nämlich sucht jeder nach seinem eigenen Vorteil und dann scheinen sich auch noch ein paar Schnüffler für den Verfassungsschutz unter die Bewohner geschlichen zu haben. Ob das alles am Ende wirklich gut ausgeht? „Wir waren die neue Zeit“ ist ein Werk über große Hoffnungen und enttäuschte Träume, das man am liebsten in einem Rutsch durchschmökern möchte.
UND WAS NUN?