// aufgelesen vol. 54 – „was denken sie, penny?“

mit neuen Büchern von Roger Willemsen, Ian Fleming und Helen Hodgman. // Ein neues Werk von Roger Willemsen ist inzwischen auch immer ein Ereignis. Umso gespannter durfte man auf sein neues Buch „Momentum“ sein, das in diesen Tagen in die Läden kommt. In seinem neuen Schmöker versucht der Autor abermals auf das Besondere im Alltag […]

mit neuen Büchern von Roger Willemsen, Ian Fleming und Helen Hodgman.

roger-willemsen1// Ein neues Werk von Roger Willemsen ist inzwischen auch immer ein Ereignis. Umso gespannter durfte man auf sein neues Buch „Momentum“ sein, das in diesen Tagen in die Läden kommt. In seinem neuen Schmöker versucht der Autor abermals auf das Besondere im Alltag aufmerksam zu machen. Er durchforstet das Leben der Menschen nach den Momenten, die wirklich von Bedeutung sind. Vieles in „Momentum“ geschieht beiläufig, doch Willemsen gelingt es durch seine Worte die einzelnen Sequenzen mit immenser Energie aufzuladen. Mit seinem gewandten Schreibstil versucht er die Bedeutung zu erfassen, die eben jene kurzen Augenblicke in der Rückschau auf das Leben eines Menschen hatten.

Die Leerstellen zwischen diesen Augenblicken allerdings sind das eigentlich Faszinierende an Willemsens Buch. Denn so wird man als Leser immer wieder dazu angeregt, in die Handlung einzugreifen. Der Autor bringt einen mit seinen Zeilen dazu, aus unterschiedlichen Augenblicken eine komplexe Dramaturgie zu kreieren. Er lässt dem Leser aber immer auch Luft zum Atmen. In gewisser Weise ist Willemsen damit der wohl phantasievollste Roman des Sommers gelungen. Ähnlich wie das Pop-Trio „The XX“, welches seine Songs streckenweise komplett skelettiert, ist „Momentum“ die literarische Antwort auf die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft. Es scheint einem immer wieder zuzuflüstern, alles Überflüssige hinter sich zu lassen, den Kopf einzuschalten und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren – Selbiges droht nämlich sonst im Wust der Informationen zu ersticken. Ein „phantastisches“ Werk, dieses „Momentum“.

0071// Kurz vor dem Start des neuen James Bond-Streifens erscheinen beim „Cross Cult“-Verlag derzeit die ersten Romane der breit angelegten „James Bond Bibliothek“. Zum Auftakt lädt euch Ian Fleming in das allseits beliebte „Casino Royale“ ein – da heißt es Pokerface aufsetzen und auf das eigene Glück vertrauen. Mit dem gleichnamigen Streifen wurde nicht nur der Daniel Craig als neuer Bonddarsteller auf die Fans losgelassen, „Casino Royale“ hat der 0073Bond-Reihe durch seine Konzentration aufs Wesentliche eine längst überholte Frischzellenkur verpasst. Auch im Rahmen des Buches wird mit action-lastigen Passagen gegeizt, wodurch der Story mehr Raum zur Entfaltung eingeräumt wird. Als „Moonraker“ damals im Kino lief, war das noch ganz anders. Die Produzenten haben sich daran gemacht, ein nahezu bombastisches Werk voller Spezial-Effekte aus dem Ärmel zu schütteln. In Buchform funktioniert die Geschichte allerdings wesentlich besser. Genauso wie in „Casino Royale“ wird auch in „Moonraker“ dem Glücksspiel gefrönt, aber unser Geheimagent der Herzen sollte auf der Hut vor Falschspieler sein. Das große Finale geht dann auf einer groß angelegten Raketenbasis über die Bühne. Es geht um nichts weniger, als die Zerstörung Londons. Ob James d0072a noch was machen kann? Wir gehen mal davon aus und weisen zu guter Letzt noch auf das dritte Buch namens „Leben und Sterben lassen“ hin, das im Rahmen der ersten Veröffentlichungsrunde in den Handel kommt. In der Story, die 1973 mit Roger Moore in der Hauptrolle verfilmt wurde, kommen vor allem Jazz-Fans auf ihre Kosten. 007 tingelt nämlich im Laufe der Geschichte durch einige Musik-Clubs und darf sich im weiteren Verlauf dann noch mit einer mysteriösen Solitaire und dem gefährlichen Mr Big auseinander setzen. Es gilt den Mord an einigen Kollegen aufzuklären, die auf einer einsamen Karibik-Insel ums Leben gekommen sind. Dabei versteht es der Autor sehr gekonnt seine Leser immer wieder an der Nase herumzuführen und beschert allen Fans eine gehörige Portion an Hintergrundinformationen, für welche auf der Leinwand kein Platz mehr gewesen ist. Wer schon lange mal Lust hatte, etwas tiefer in die Welt des britischen Geheimagenten vorzudringen, sollte die Gelegenheit nutzen und sich die ersten drei Bände dieser Kollektion nach Hause holen. Nachschub gibt’s dann im Dezember. Und wir können es jetzt schon kaum mehr erwarten.

helen-hodgman// Nicht sonderlich begeistert vom Eheleben ist die Protagonistin des Roman-Klassikers „Gleichbleibend schön“. Das Buch der schottische Autorin Helen Hodgman wurde bereits im Jahre 1976 veröffentlicht, erscheint nun aber noch einmal in einer Neuauflage beim „Knaus“-Verlag. Auf knapp 200 Seiten umreist die Autorin, die heute in Australien lebt, das Leben einer jungen Frau, die sich in ihrer Rolle als Ehefrau und Mutter gefangen fühlt. Nur noch selten verlässt sie das Haus, wirkt zunehmend trübsinnig und kann sich einfach nicht mit ihrem Schicksal abfinden. Lediglich zwei Tage die Woche flieht sie aus ihrem selbst errichteten Gefängnis und vergnügt sich mit einem Künstler und Restaurantbesitzer. Dann aber wird ihr auch dieser letzte Fetzen eine freien und selbstbestimmten Lebens entrissen und so fängt die Protagonistin zunehmend an durchzudrehen. „Gleichbleibend schön“ ist in diesem Zusammenhang ein gnadenloses Werk. Der stetig gleich bleibende Alltag schlägt der Hauptfigur fortwährend aufs Gemüt und lässt sie die Welt nur noch mit einer schwarz-weißen Brille sehen. Für Dinge, wie Selbstverwirklichung und die Suche nach dem großen Glück scheint kein Platz mehr zu sein. Zumindest dann nicht, wenn man sich nicht nach gängigen, gesellschaftlichen Konventionen unterwirft. Demnach ist „Gnadenlos schön“ vor allem ein Buch, das einen zum Nachdenken anregt. Also grübelt mal schön. Bis zur nächsten Leserunde.