mit neuer Musik von Placebo, The Weeknd, Nine Inch Nails, Velojet, Jack Johnson, Agnes Obel, 2Raumwohnung und The 1975.

// Nachdem uns Placebo mit „Too Many Friends“ schon im August einen der schönsten Indie-Pop-Songs des Jahres vor den Latz knallten, steht nun auch ihr aktuelles Album in den Regalen. Darauf geht die Band den eingeschlagenen Weg des Vorgängers weiter und führt uns vor Augen, wie man Indie-Rock mit großer Geste zu Stadion-Pop aufmotzt. Ist schon bemerkenswert, dass diese Gruppe heute zu den ganz Großen im Geschäft zählt, schließlich waren sie doch immer diejenigen, die sich äußerst wohl in der Außenseiter-Rolle gefühlt haben. Placebo sind im Grunde genommen immer der Gegentwurf zu all den Stadionrockern da draußen gewesen. Inwzischen aber haben sie dermaßen viele Hits im Gepäck, dass man ihnen auch als Headliner auf den großen Rocklkfestivals stundenlang an den Lippen klebt, ohne dass sich auch nur eine Sekunde Langeweile einstellen würde. Auf „Loud Like Love“ kommen nun wieder eine ganze Reihe neuer Hits hinzu. Schon allein der fulminante Opener und das poppige „Scene Of A Crime“ dürften demnächst für Gänsehaut-Stimmung in den großen Hallen des Landes sorgen. Soll heißen: wir feiern diese Band auch im zwanzigsten Jahr ihres Bestehens.

// Nachdem Abel Tesfaye erst vor kurzem seine gefeierte EP-Trilogie noch einmal in physischer Form neu-veröffentlichte, steht nun das erste (wirkliche) Album seines Projekts The Weeknd in den Regalen. „Kiss Land“ wiederum weiß die hohen Erwartungen zu erfüllen, die an den Musiker herangetragen wurden. Da wurde ja in der Vergangenheit noch nicht einmal vor Michael Jackson Halt gemacht, wenn es darum ging, den Stellenwert seiner Musik zu benennen. In solch illustren Höhen wiederum ist der Künstler indes noch nicht angekommen – und legt es wahrscheinlich auch gar nicht darauf an. Seine Verschlossenheit gegenüber den Medien, die sphärischen Eskapaden in seinen Songs stehen im direkten Kontrast zu den großartigen R&B-Anleihen von welchen seine Stücke zehren. Am Ende entsteht daraus genau das, was man von guter Musik erwartet: ein Gefühl von Magie. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

// Wir müssen ehrlich zugeben, dass wir in den vergangenen Jahren ein wenig das Interesse an der Musik von Nine Inch Nails verloren haben. Während wir früher noch jedem neuen Release entgegen fieberten, also ob es kein Morgen mehr gäbe, sahen wir uns in den letzten Jahren mit der Situation konfrontiert, dass das Schaffen von Trent Reznor immer komplexer und abstrakter geworden ist. So erschien unter anderem ein sperriges Mammut-Werk namens „Ghosts I – IV“, im Rahmen dessen sich der Musiker nicht nur komplett frei machte von jeglichen Erwartungen, sondern das ihm auch den Kopf frei zu machen schien, für das neue Album „Hesitation Marks“, das ihn und seine Band so poppig wie nie zuvor zeigt. Soll heißen: alle, die zuletzt bereits ausgestiegen sind, sind nun herzlich dazu eingeladen, wieder anzudocken im Hause Nine Inch Nails. „Hesitation Marks“ ist das beste Album der Band seit mindestens zehn Jahren und gehört in jede gut geführte Industrial-Bibliothek.

// Eigentlich kaum zu glauben, dass die Indie-Rocker von Velojet hierzulande immer noch ein Nischendasein fristen. Dabei hätten es die Österreicher doch längst verdient in einer Reihe mit so illustren Kollegen wie Slut und Miles genannt zu werden. Stattdessen aber ist die Band auch nach drei veröffentlichten Alben nur einer kleinen Anzahl an Fans ein Begriff und es wird endlich Zeit das zu ändern. Auch ihre neue Single „Angeldust“ verdient es nämlich in allen Indie-Discos des Landes rauf und runter gerattert zu werden. Die Band wagt sich auf ihrer neuen Platte in diesem Zusammenhang allerdings noch ein ganzes Stückchen weiter raus als zuvor. Velojet experimentieren mit unterschiedlichsten Sounds und loten ihre Möglichkeiten aus. Sie wollen raus aus der Indie-Ecke in die sie gedrängt wurden. Sie orientieren sich an der Musik von Pink Floyd und Konsorten und sorgen dafür, dass auf „Panorama“ alles im Fluss ist. Fans von psychadelischer Musik dürfen also auch mal einen Durchlauf riskieren – genauso wie Anhänger der altehrwürdigen Kollegen aus dem Hause The Notwist. Ansonsten gibt’s auf „Panorama“ jede Menge Synthies, Orgeln und Songs voller Eleganz, die auch diesmal darauf hoffen lassen, dass uns die Gruppe in den kommenden Monaten mal leibhaftig gegenüber steht.

// Wer es gerne locker-flockig mag und sich bei dem miesen Herbstwetter am Liebsten in Richtung Palmenstrand transferieren möchte, der kommt auch in diesem Jahr wieder bei Jack Johnson auf seine Kosten. Dessen neues Album „From Here To Now To You“ klingt im Grunde genommen wie alle Alben zuvor und das… ist auch gut so. Das Schöne an Jack Johnson ist nämlich, dass man seine Musik schon nach wenigen Sekunden mitträllern kann und weil auf Albumdistanz etwas Abwechslung vorherrschen sollte, hat er sich diesmal noch den renommierten Künstler Ben Harper ins Studio eingeladen, um mit ihm zusammen den Track „Change“ einzuspielen. Ansonsten wickelt einen der Musiker auch diesmal wieder mit seinem Wonnenproppen-Pop und Hits der Marke „I Got You“ um den kleinen Finger. Soll heißen: Nach Verklingen dieser zwölf Songs hat wirklich jeder ein breites Grinsen im Gesicht.

// Agnes Obel haben wir schon für ihr Debütalbum „Philharmonics“ ganz tief ins Herz geschlossen. Nun erscheint ihr sehnslichst erwarteter Nachfolger namens „Aventine“ und setzt den auf dem Vorgänger eingeschlagenen Weg fort. Zusammen mit Anne Müller am Cello und Mika Posen an der Violine macht sie sich daran, zauberhafte Piano-Tracks zu kreieren, die einen schon nach wenigen Sekunden um den kleinen Finger wickeln. Die Scheibe, die in den Berliner „Chalk Wood Studios“ aufgenommen wurde, klingt im direkten Vergleich sogar noch unmittelbarerer als der Vorgänger, was wohl auch daran liegt, dass die Stücke allesamt in einem sehr kleinen Raum entstanden sind. Wenn du also auf zärtliche Pop-Melodien stehst, die sich in dynamischen Klanglandschaften breit machen, schnupper mal rein.

// Der Gruppe 2Raumwohnung wird immer wieder vorgeworfen, keine wirkliche Haltung an den Tag zu legen. Vielen klingt ihre Musik einfach zu glatt und poppig, als das die Band damit zur großen Revolte aufrufen könnte. Inga Humpe und Tommi Eckart haben sich davon nicht besonders beeindrucken lassen. Ganz im Gegenteil: sie sind einfach weiter ihren Weg gegangen und haben es dadurch zur absoluten Konsens-Pop-Band gebracht, die Fans aus den unterschiedlichsten musikalischen Lagern um sich herum versammelt. So ist auch ihr neues Album „Achtung fertig“ ein kunterbruntes Pop-Spektakel, welches mit zahlreichen, süßlichen Melodien bestückt ist, die einem noch Stunden später noch im Kopf herum schwirren. Neben den Kollegen von Klee gelingt es wohl kaum einer Band hierzulande so hintersinnig und poppig zugleich rüberzukommen. Die Wahrheit steckt nämlich auch diesmal zwischen den Zeilen – 2Raumwohnung macht Musik die sich anfühlt wie Liebe auf dem zweiten Blick. Und das ist wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum diese Band von so vielen Menschen ganz innig ins Herz geschlossen wurde.

// Zu guter Letzt noch der Hinweis auf das aktuelle Album von der neuen Pop-Sensation The 1975, die sich gerade anschickt zum nächsten großen Ding zu avancieren. Das selbstbetitelte Debüt besticht durch eine ganze Reihe blitzeblanker Indie-Pop-Songs zu denen man im Antlitz des Scheinwerferlichts hemmungslos mit den Hüften wackeln kann. Man merkt es sofort: diese Band hier hat großes vor und mit Mike Crossey einen Co-Produzenten am Start, der schon die Musik der Arctic Monkeys und der Foals in Richtung Chartspitze katapultierte. Wenn du also auf tanzbare Kracher aus der Indie-Disco stehst und allabendlich den großen Hits von den Killers bis zum Two Door Cinema Club entgegen fieberst, bist du hier an der richtigen Adresse. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.