Nicht nur Angelika Express-Anhänger werden sich freuen, dass es endlich wieder ein neues Album vom Teenage Fanclub gibt. Die aktuellen Scheibe „Shadows“ löst alle Versprechen ein, denen sich die Band auf dem Vorgäner noch verweigerte. Zuckersüßen Indie-Pop bekommt man auf den Löffel gehievt und die Melodien munden so vorzüglich, dass man sofort die Augen schließt und sich vorstellt, in den 90ern aufzuwachen, als Miles, The Electric Club und natürlich der Teenage Fanclub selbst mit eben diesem Sound zahlreiche Teenager-Herzen zum Pochen brachten. Knutschen möchte man diese Jungs, an denen jeder Zeitgeist scheinbar spurlos abzublättern scheint. Stattdessen schaffen sie sich eine Oase der Glückseligkeit und parken den Karren direkt neben Belle & Sebastian ein, die zwar noch eine Spur poppiger zu Werke gehen, die aber ähnlich zeitlose Songs abliefern. Alle, die sich gerne in Lieblichkeit suhlen und dazu ihre Beinchen im Bächlein um die Ecke baumeln lassen. Alle, die nur darauf warten, dass sich in diesem Moment die große Liebe neben sie setzt, ihre Hand nimmt und ihnen einen zärtlichen Kuss auf die Lippen gibt. Alle hoffnungslosen Romantiker. Kauft! Diese! Platte. Und scheiße was geht ab, hab ich wirklich grad geflucht? In einer Teenage Fanclub-Rezension? Hab ich? Hab ich! Verdammt, ist das schön.
Und jetzt herzlich Willkommen zum Soundtrack des Films, der da gerade über die Bildschirme der Nation flimmert. Einen echten Rundumschlag in Sachen extravaganter Musik aus Afrika kann man sich in diesen Tagen beim charmanten Label „Outhere Records“ abholen. Die veröffentlichen in regelmäßigen Abständen gelungene Zusammenstellungen in Sachen Pop meets Weltmusik. Die Compilation „Yes We Can!“ Zum Beispiel versammelt „Songs About Leaving Africa“. „Leave Or Die Trying“ heißt das Motto und Superstar K´Naan gibt mit „15 Minutes Away“ die Richtung vor. Dazu gibt’s gelungene Tunes von dem nigerianischen Rapper Rapturous oder dem Freestyle-Kollektiv CAPSI Revolution, das sich in seinen Texten mit dem komplizierten Thema Migration auseinander setzt. Wanlow schmettert vorher seine Punchlines über einen brillanten Beat, der anmutet, als hätte man eine belebte Ecke einer afrikanischen Stadt durch den Mixer gejagt und auf Endlosschleife überführt. Wer auf einen bunten Strauß unterschiedlicher Sounds steht, ist bei diesem Sampler auf der sicheren Seite.
Wer sich für afrikanische Soul-Klänge und brasilianische Elektro-Bretter gleichsam begeistern kann, der sollte sich „Comfusoes 1“ ins Regal stellen. Melancholische Momente aus Portugal werden hier mit afrikanischen Rhythmen gekreuzt und erzeugen ein stimmungsvolles Gesamtbild. Zusammengebastelt wurde das Ganze von Maurício Pacheco, der schon seit knapp zwei Jahrzehnten in der brasilianischen Musik-Szene aktiv ist und auch an manchen Song dieses Samplers erneut Hand anlegte, um eine tränenreiche Atmosphäre zu erschaffen. Die Scheibe eignet sich ganz vorzüglich für warme Nächte unter Palmen, einfach zurücklehnen und die Seele baumeln lassen.
Wenn dann der Akku wieder aufgeladen ist, kann man sich hinterher zu den treibenden, afrikanischen Beats der Compilation „Ayobaness! – The Sound Of South African Hose“ die Gliedmaßen verrenken. Die Zusammenstellung wirbelt einem Sounds um die Ohren, die sich im Grenzgebiet von House und Afro-Beat einnisten. Da darf natürlich einer wie Dj Mujava nicht fehlen, der mit seinem weltmusikalischen Funk schon in den Szene-Dissen der Nation für reichlich Wirbel sorgte. Sein Song „Mugwanti/Sgwejegweje“ geht dann auch als gekonntes Update seiner Hitsingle „Township Funk“ durch. Im Info-Zettel wird noch darauf hingewiesen, dass die Mucke der passende Soundtrack zur Fußball-WM sein dürfte. Stimmt zwar in gewisser Weise, wäre aber nun wirklich nicht nötig gewesen, sich auf diesen massentauglichen Event zu beziehen (wobei, hab ich das nicht auch getan?). Diese Zusammenstellung zieht die Hörer jedenfalls auch unabhängig vom Soccer-Spektakel gnadenlos in ihren Bann. Schon nach wenigen Sekunden schleudert man sämtliche Körperteile in Gefilde, von denen man noch nicht mal wusste, dass der eigene Körper sich dorthin zu Verrenken im Stande ist. Ein verrenkter Satz zum Schluss. Zum Locker machen einfach diese Scheibe hier einlegen.
Tumi And The Volume wildern derweil in ähnlichen Gefilden, vermengen ihre afrikanischen Sounds allerdings mit einer gehörigen Portion HipHop und Indie-Attitüde. Das dritte Album der Formation, genannt „Pick A Dream“, ist ein atemberaubender Grenzgänger zwischen den Stilen. Da können sich die Kollegen aus Europa eine gehörige Portion von abschneiden. Die Punchlines knallen, als hätten The Roots sich entschlossen eine Afro-Hop-Scheibe einzuspielen. Fans von k-os und Konsorten werden vor Freude im Kreis hüpfen. Die Bassline eines Jazz-Hop-Knallers wie „Asinamali“ stellt alle Regler auf Kopfnick-Modus und man kommt nicht umhin, sich sofort den Backing-Katalog dieses Afro-Jazz-Traums hier zu Gemüte zu führen.
Womit wir schon wieder zurück in Europa wären. Wer auf epische Rockmusik im Grenzgebiet von Kasabian, Muse und den Killers steht, sollte sich mal The Sunshine Underground zu Gemüte führen. „Nobody´s Coming To Save You“ setzt auf atmosphärischen Pop und packt im Refrain regelmäßige die große Stadion-Keule aus. In dieser Form hat man das zwar alles schon mal gehört, dennoch strahlt die Scheibe einen gehörigen Hit-Appeal aus. Auf dem Glastonbury-Festival jedenfalls lagen die britischen Fans dieser Combo schon mal hoffnungslos zu Füßen. Und selbst Skeptiker dieses Sounds sollten in den 44 Minuten Glückseligkeit eine herzerwärmende Melodie für sich entdecken können. Alles in allem ein gelungener Nachfolger für den verstrahlten Vorgänger „Raise The Alarm“. Vorausgesetzt natürlich man steht auf pompöse Popmusik.
Parlovr wiederum knallen uns eine Portion Power-Pop um die Ohren, wie er in den 90ern szeneintern so richtig abgefeiert wurde. Dazu wird stimmlich hin und wieder etwas tief gestapelt (a la Joy Division) oder gepoltert (a la At The Drive-In) und heraus kommt der perfekte Indie-Pop-Soundtrack für den Sommer 2010. Über die volle Länge geht’s zwar bisweilen etwas episch zu, doch die aufkommende Langeweile wird immer wieder von einer schmissigen Melodie in die Wüste geschickt. Wer auf kanadischen Nerd-Pop der Marke Broken Social Scene steht, sollte die Scheibe unbedingt mal antesten.
Den passenden Rundumschlag in Sachen Hängematten-Atmosphäre lassen wir uns hinterher von den „Rootdown Allstars“ in die Kokosnussschale kippen. Nach dem famosen Opener aus dem Hause Koalas Desperados bieten sich Nosliw, Maxim und Nattyflo als charmante Alternative zum Seeed-schen Schaffen an. Deutschsprachige Rapmusik in Perfektion fabrizieren auch Mono & Nikitama, die hierzulande immer noch ein Untergrund-Dasein fristen, die aber mit einem gelungenen Wechselgesang von männlichen/weiblichen Gesang für Aufsehen sorgen. Lasst „Rootdown Allstars Volume 2“ auf den einschlägigen Sommerfestivals rauf und runter laufen und eure direkte Umgebung wird nur noch von Grinsebacken bevölkert. Womit wir auch schon wieder am Ende wären. Lasst die Seele baumeln. Bis zum nächsten Zuckerbeat.
UND WAS NUN?