// zuckerbeat vol. (1)79 – slowly falling leaves, red, green, golden…

Erinnert sich noch jemand an die New Radicals. Die Jungs um Sänger Gregg Alexander hatte damals diesen Sommerhit im Gepäck, den man einfach nicht mehr aus dem Ohr raus bekam. Fyfe Dangerfield hat auf seinem aktuellen Album mit der schlagfertigen Single „When You Walk In The Room“ das passende Update zu „You Get What You […]

fyfe-dangerfield-fly-yellow-moon-492963Erinnert sich noch jemand an die New Radicals. Die Jungs um Sänger Gregg Alexander hatte damals diesen Sommerhit im Gepäck, den man einfach nicht mehr aus dem Ohr raus bekam. Fyfe Dangerfield hat auf seinem aktuellen Album mit der schlagfertigen Single „When You Walk In The Room“ das passende Update zu „You Get What You Give“ geschrieben. So macht Indie-Pop wieder Spaß. Das Teil dürfte sogar im Formatradio funktionieren. Die Indie-Pop-Fans können sich derweil heimlich darüber freuen, der Mainstream-Hörerschaft mal wieder ein Stück voraus gewesen zu sein. Auf dem aktuellen Album „Fly Yellow Moon“ finden sich neben dem bezaubernden Wohlfühl-Hit auch noch ein paar echte Piano-Schmachtfetzen. Die eignen sich ganz wunderbar, um an kalten Herbsttagen mal wieder das Licht auszuknipsen, sich die Decke übers Gesicht zu ziehen und einfach mal im eigenen Selbstmitleid zu ertrinken.

nouvelle-vagueNouvelle Vague schmieren uns derweil auf ihrem aktuellen Album „Couleurs sur Paris“ mal wieder allerhand klebrige Easy Listening-Zuckerwatte ums Maul und lassen sich dabei von illustren Acts, wie Coeur De Pirate und Cocoon unter die Arme greifen. Wenn sich dazu auch noch Yelle und Vanessa Paradis breit schlagen lassen, in waviger Glückseligkeit zu versinken, dauert es nicht mehr lange, bis man als Zuhörer in Tagträumen ersäuft. Mit Charlie Winston und Soko sind dann auch noch zwei echt hippe Nachwuchskünstlerinnen am Start, die den alten Bekannten namens Camille und Coralie Clément ein wenig die Show stehlen. Das bisher beste Werk der Leichtigkeits-Fanatiker aus Frankreich. Wer noch kein Album der Nouvelle Vague im Schrank stehen hat, sollte die Chance nutzen und zugreifen. Es lohnt sich.

palermoDer Roman „Palermo. Der Schmerz“ aus dem „Folio Verlag“ nimmt seinen Ausgang nach dem 1992er Bombenattentat auf den Mafia-Ankläger Paolo Borsellino. In der Mafiahochburg Palermo nimmt sich der Protagonist Gioacchino Martinez die eigene Geschichte zur Brust, besucht in einem Zwischenstopp seinen Sohn in Paris, konfrontiert sich mit seiner Verantwortung bezüglich des Tods seines Vaters und versucht die Depressionen seiner Frau zu lindern. Schwere Kost wird hier mit einem poetischen Schreibstil gekontert und wer durchhält, bekommt sehr viele interessante Fragen über unser hiesiges Dasein beantwortet, unter anderem wie sich bestimmte Zusammenhänge erbarmungslos auf unser eigenes Leben auswirken und uns den Blick für den letzten Funken Hoffnung am Firmament zu verstellen vermögen. Wer einen kurzen Eindruck vermittelt bekommen möchte… bitteschön: „Der schrecken am Morgen beim Anblick eines Gesichts, das er nicht wiedererkannte, die Haare wie Stroh, die Augen in Augenhöhlen versunken, die mageren Wangen, der verbitterte Mund, die tiefe Furche zwischen Kinn und der Lippe, wo das Rasiermesser nicht weiterglitt. Die verhasste Spiegelgruft ließ den Abgrund des Magens noch größer erscheinen, den Käfig der Rippen, den Krückstock des Schlüsselbeins, die Wirbel und die Flügel des Schulterblatts.“. Es schmerzt beinahe weiter zu lesen. Doch es lohnt sich.

nellyWer auf Breitwand-Rap mit Pop-Appeal steht, dürfte das neue Album von Nelly derweil ganz tief ins Herz schließen. Die Produktion basst, der Bass boomt, aber trotz eines viel versprechendes Gastauftritts aus dem Hause T.I. und der durchaus gelungenem Auftakt-Schiffschaukel „I´m Number 1“ beschränkt sich das olle Trostpflaster auf „Nelly 5.0.“ auf Altbekanntes und ringt allen, die sich nicht dem Hochglanz-Wirr-Warr auf MTViva verschrieben haben, nur ein sanftes Lächeln ab.

rihanna-loud-artwork-cvfh8Weitaus gelungener mutet da schon die neue Scheibe von Rihanna an. „Loud“ reißt im wahrsten Sinne des Wortes das Maul ganz groß auf, ballert einem gagaeske Sythesizer-Phantasien mit La Roux-Breitseite um die Ohren und dürfte damit mitten im Trendbreich „Megahit“ eintrullern. Schade eigentlich, dass in Sachen Tempomat überraschenderweise gerade zu Beginn derbe auf die Bremse getreten wird, so dass man, wenn die Scheibe erst mal so richtig anfängt zu kicken, eigentlich schon wieder den Off-Button betätigen möchte. Absoluter Höhepunkt in diesem Zusammenhang ist sicherlich die Euro Dance-Hymen „Only Girl (In The World)“, die Magic Affair nicht besser hinbekommen hätten. Alles in allem ist „Loud“ ein konsequent durchgestylter Pop-Entwurf. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

jay-zJay-Z knallt uns derweil pünktlich zum Fest seine x-te Best Of um die Ohren und versammelt auf „The Hits Collection – Volume One“ ein paar seiner größten Gassenhauer. Der Dinosaurier unter den Rapmusikern lädt Rihanna und Kanye West ein, die Straßen der Stadt zu durchkämmen, spielt mit der Herezallerliebsten „Bonnie & Clyde“ und spendiert uns als Bonus noch seine ollen Gassenhauer „Hard Knock Life“ und „99 Problems“ oben drauf. Schön zu sehen, dass es auch das famose „Roc Boys (And The Winner Is…)“ vom „American Gangster“- Soundtrack auf dem Silberling geschafft hat. Alles in allem ist diese Zusammenstellung ein gefundenes Fressen für all jene, die im nach hinein noch auf den Jigga-Fanzug mit aufspringen möchten. Hier gibt’s die 14 passenden Argumente, um Rapmusik mit dicker Hose wieder ganz tief ins Herz zu schließen. Volume 2 soll in Kürze folgen. Es sind ja noch genug Hits übrig, um eine zweite Scheibe zu füllen. Wir halten euch auf dem Laufenden.

tim-kasherWer derweil mal wieder ein gelungenes Liedermacher-Werk hören möchte, der sollte mal bei Tim Kasher vorbeistolpern. Der werte Saddle Creeker hat sich auf „The Game Of Monogamy“ nämlich voll und ganz der Glückseligkeit verschrieben. Hat man erst einmal die Ouvertüre hinter sich gelassen, lädt er einen dazu ein die Herbstwolken-Formation am Firmament in Richtung Nirgendwo zu verfrachten. Natürlich darf zwischenzeitlich auch mal die Tränendrüse bemüht werden, aber alles in allem gelingt es dem Cursive-Member, der auch schon bei David Letterman auf der Bühne stand, niemals in Kitschige abzudriften. Ein alles in allem äußerst spritziges und vor allem vielseitiges Liedermacher-Werk.

ralf-hildenbeutelRalf Hildenbeutel läutet zum Abschluss mit seinem klassisch-verpoppten Album „Wunderland“ den Winter ein. Wer sich bereits begeistert von der Filmmusik des Streifens „Vincent will Meer“ zeigte, sollte die Scheibe unbedingt mal anchekcen. Wie hier Streicher und Pianisten ringelreih tanzen und sich mit atmosphärischen Sounds bekleckern, lässt einen schon nach wenigen Minuten In Tagträumen versinken. Ein Akkordeon, Glockenspiele und Ukulelen sorgen zwischenzeitlich für Aufregung, am Ende befindet sich Hildenbeutel aber immer wieder auf der Suche nach harmonischen Klängen. Da kann es in „The Spirits That I Called“ noch so creepy zugehen, schon holt einen „Nachtzeit“ wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Wer sich mal wieder so richtig einlullen lassen möchte, sollte zugreifen. Alle anderen freuen sich einfach jetzt schon auf den nächsten Zuckerbeat.