// zuckerbeat vol. (1)81 – half-light

Wer mal wieder zurückhüpfen möchte in die 90er Jahre und sich in nostalgisch anmutendem Karamel-Pop suhlen möchte, der sollte sich mal nach der neuen Songzusammenstellung aus dem Hause Suede umschauen. „The Best Of Suede“ versammelt auf zwei Silberlingen 35 Stücke, die man allesamt irgendwo schon mal gehört zu haben scheint. Natürlich sind da auch die […]

suede_thebestof_300Wer mal wieder zurückhüpfen möchte in die 90er Jahre und sich in nostalgisch anmutendem Karamel-Pop suhlen möchte, der sollte sich mal nach der neuen Songzusammenstellung aus dem Hause Suede umschauen. „The Best Of Suede“ versammelt auf zwei Silberlingen 35 Stücke, die man allesamt irgendwo schon mal gehört zu haben scheint. Natürlich sind da auch die ganz großen Gassenhauer mit drauf, wie zum Beispiel der Mini-Hit „Beautiful Ones“ und das schwelgerische „Everything Will Flow“, aber weil die Songs hierzulande allesamt nicht zu Megahits mutierten, macht es auch heute noch Spaß, die alten Schmachtfetzen noch mal aufs Neue zu umarmen. Nachdem sich Sänger Anderson auf seinen Solo-Album vor allem aufs Melancholieren beschränkt, tut es zudem sehr gut, ein paar tanzbare Momente a la „Can´t Get Enough“ von seiner ollen Crew vor den Latz geknallt zu bekommen. Wer auf britische Popmusik steht, aber die Jungs von Suede bisher noch nicht so recht auf dem Schirm hatte, der sollte sich dieses Album hier auf keinen Fall entgehen lassen.

harryAus aktuellem Anlass möchten wir außerdem noch mal alle Nachwuchszauberer darauf hinweisen, dass man nicht unbedingt darauf warten braucht, dass in einer gefühlten Ewigkeit der zweite Teil des Finales von Harry Potter ins Kino kommt. Sogar den überzeugten Lesemuffeln unter euch dürfte warm ums Herz werden, wenn sie sich den letzten Band „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ in schriftlicher Form zu Gemüte führen. Der Roman von Schriftstellerin Joanne K. Rowling ist ein Spektakel. Und jeder, der sich schon immer gefragt hat, wie es möglich ist, dass sich die Fans nachts um 12 vor Buchläden versammeln und Online-Buchhändler Extra-Schichten schieben, um den Wissensdurst der Anhänger zu stillen, der sollte diesem epischen Zauber-Werk auch mal in Romanform eine Chance geben. Im siebten Teil der Saga dreht sich alles darum, die fehlenden Horkruxe (das sind so komische Behälter mit Seelen von Zauberern drin) zusammenzukratzen. Ziel ist es, sie zu zerstören, denn nur so ist es möglich, den obersten Bösewicht endlich in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Bemerkenswert an diesem Band ist, dass hier einerseits durch das Wegbrechen der Filmfigur Dumbledore die Nachwuchs-Magier plötzlich auf sich allein gestellt sind. Im Endeffekt heißt das: unsere Helden müssen erwachsen werden, die Entscheidungen die sie treffen, haben Gewicht. Sie hadern, kämpfen und schlagen sich. Und es gibt niemanden mehr, der ihnen ein Fangnetz aufspannt, wenn sie mal ins Stolpern geraten. Dazu thematisiert Rowling gesellschaftliche Themen, wie Diskriminierung und persönlichen Verlust, wobei sie sich ganz nahe an unserer jetzigen Realität entlang hangelt. Alles in allem also noch mal der Aufruf an alle, die durch den ersten Teil der „Heiligtümer“ neugierig geworden sind, die Auflösung der Saga liegt bereits vor, ihr müsst nur zugreifen. Die passenden Bilder dazu kann man sich ja dann auf der Leinwand nachliefern lassen.

lucky-soul-a-coming-of-ageDie herzallerliebsten Indie-Pop-Romantiker von Lucky Soul haben derweil ein neues Album eingespielt und setzen dabei nicht nur covertechnisch auf Theatralik. Wer sich schon immer gefragt hat, wie es wohl klingen würde, wenn Abba mit den Shout Out Louds gemeinsame Sache machen würden, der sollte sich „A Coming Of Age“ auf keinen Fall entgehen lassen. Immer dort, wo das letzte Album von den Pipettes eine Spur zu verkopft anmutete, lassen die beseelt Glückseligen ihren Gefühlen freien Lauf und entwerfen ein zwölfteiliges Pop-Kabinett, das in einer gerechten Welt schon lange der werten Kollegin aus dem Hause Duffy den Rang abgelaufen hätte. „A Coming Of Age“ ist Glückseligkeits-Pop mit Taschentuch-Breitseite. Zum Heulen schön.

trembling-blue-starsEinen illustren Doppelpack haben die Tremling Blue Stars im Gepäck, die uns mit „Fast Trains And Telegraph Wires“ vor Augen führen, wo die Pains Of Being Pure At Heart heute angelangt wären, wenn sie sich mit Belle & Sebastian verbrüdert hätten, um zusammen jegliche Krach-Eskapaden aus ihren Songs zu verbannen. Das hier ist zauberhafte Popmusik, die einen noch Stunden später im Ohr herumschwirrt. Allein der Opener „My Face For The World To See“ ist seinen Eintritt wert und lädt uns ein in eine Zuckerwatte-Welt, die wie geschaffen ist, ein sehnsüchtiges Kribbeln im Bauch zu erzeugen. Nach diesem Album muss jeder Indie-Pop-Fan seine Jahrescharts noch mal umschreiben. Dieser Doppelschlag hier funkelt so hell, da kriegt selbst der große Bär weiche Knie.

kcaccidentalEbenfalls auf zwei EPs verteilt haben K.C. Accidental ihr Schlafzimmer-Projekt namens „Captured Anthems for An Empty Bathtub + Anthems For The Could´ve Bin Pills“. Der dreckige Sound ist dabei wohl der kurzen Produktionszeit geschuldet, in der das Teil eingespielt wurde. Fünf Tage für die Aufnahmen, noch mal zwei am Mischpult und die ganze Geschichte mit dem epischen Namen war im Kasten. Wer auf Post-Rock mit Lo-Fi-Tendenzen steht, sollte unbedingt mal reinschnuppern. Lohnt sich auch deshalb, weil hier die halbe Besetzung der Broken Social Scene mit am Start gewesen ist. Wer auf spontan eingespielte Improvisationskunst der Marke Mars Volta steht, könnte hier an der richtigen Adresse sein.

singleUnter dem Namen Single veröffentlichen derweil Teresa Iturrioz und Ibon Errazkin einen ebenso abseitigen, wie berührenden Piano-Schmachtfetzen namens „Monólogo Interior“, der in 14 Akten vor Augen führt, wie man klassische Songstrukturen in einen Pop-Kontext überführt. Dazu noch ein paar verwunschene Chöre und fertig ist der perfekte Soundtrack, um den Weihnachtsbaum in Flammen zu setzen und das ganze Tohuwabohu außen herum mit ein paar wohlschmeckenden Plätzchen herunter zu spülen. Immer, wenn man sich besonders sicher fühlt, kommt die Scheibe mit einer abseitigen Idee um die Ecke, so dass man sich nie so ganz sicher fühlen kann in seiner Glückseligkeit. Wer auf abseitigen Piano-Pop steht, sollte unbedingt mal reinhören.

paul-kalkbrenner-live-documentary-dvdIch muss zugeben. Vom Charme- und Witz-Faktor war „Berlin Calling“ eine Sternstunde des (musikalischen) Kinos. Wer DJ Ikarus, den nimmermüden Chaotiker mit Musikfimmel tief ins Herz geschlossen hat, kann sich nun Nachschub in Form des realen Lebens von Darsteller Paul Kalkbrenner nach Hause holen. „2010- A Live Documentary“ beinhaltet zehn Songs, die in Paris, München, Lyon, Istanbul, und natürlich auch in Berlin mitgeschnitten wurden. Darunter das zauberhafte Pop-Schnuckerl „Sky & Sand“ mit Fritz Kalkbrenner am Mikrofon, das gleich in mehreren Läden für einen Überschwang der Emotionen sorgt. Die 128 Minuten Spielzeit vergehen wie im Fluge, was auch kein Wunder ist, schließlich zeichnet sich „Berlin Calling“-Regisseur Hannes Stöhr für die Dramaturgie der Doku verantwortlich. Wer nicht zu den 100.000 Zuschauern seiner 2010er Europa-Tour gehörte, sollte sich die Chance nicht entgehen lassen und sich dieses Spektakel noch mal auf der Mattscheibe reinziehen.

gammablitzboysAus dem Hause „Rookie Records“ erreicht uns derweil ein Elektro-Punk Schmankerl, dass alle Audiolith-Fans eine Grinsebacke aufs Gesicht klatscht. „1.21 Gigawatt“ von den GanmmaBlitzBoys besticht durch 13 tanzbare Tracks im Grenzgebiet von Saalschutz und Egotronic. Das Pfälzer Duo um Christoph Reichelt und Markus Brosam ballert einem eine Hymen nach der nächsten vor den Latz, so dass man schon nach wenigen Minuten freudestrahlend die Zimmereinrichtung verwüstet. Wer mal wieder so richtig Krawall machen möchte, ist bei diesen Jungs an der richtigen Adresse. Und wir sind raus für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.