// aufgelesen vol. 52 – „war das unsensibel?“

mit Büchern von John Green, Richard Ford, Ann-Marlene Henning & Tina Bremer-Olszewski, Katerina Dimitriadis und Helmut Schreier. // Es ist schon bemerkenswert, dass das aktuelle Werk von John Green so erfolgreich ist. Schließlich widmet er sich in „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ einem äußerst schwierigen Thema. In seinem Buch dreht sich alles um eine […]

mit Büchern von John Green, Richard Ford, Ann-Marlene Henning & Tina Bremer-Olszewski, Katerina Dimitriadis und Helmut Schreier.

Green_24009_MR1.indd// Es ist schon bemerkenswert, dass das aktuelle Werk von John Green so erfolgreich ist. Schließlich widmet er sich in „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ einem äußerst schwierigen Thema. In seinem Buch dreht sich alles um eine Sechzehnjährige namens Hazel, die wegen ihrer Krebs-Erkrankung nicht mehr lange zu leben hat. Mitleidsbekundungen aller Art kann sie schon lange nicht mehr hören und auch sonst versucht sie sich weitestgehend aus dem Leben ihrer Mitmenschen raus zu halten. Eines Tages allerdings trifft sie in einer Selbsthilfegruppe auf Augustus. Der junge Kerl, den sie alle nur „Gus“ rufen, macht nicht nur einen äußerst witzigen und liebenswerten Eindruck auf sie, er ist auch äußerst schlagfertig und intelligent.

Selbst in den Momenten, wo jede Hoffnung verloren scheint, begegnet Augustus seinem Schicksal mit einem Lächeln auf den Lippen. Das wiederum imponiert Hazel und es kommt wie es kommen muss – die beiden verlieben sich ineinander und rüsten sich für die letzte, große Reise. Hazel hat nämlich einen Traum: Sie möchte, bevor sie stirbt, noch einmal ihren Lieblingsautor treffen. John Green versteht es dabei nahezu perfekt, jegliche Klischeefallen zu umschiffen. Er stattet seine Charaktere mit einer gehörigen Portion Selbstvertrauen und jeder Menge Tiefgang aus. Rührselige Momente sind so gut wie nicht vorhanden und auch sonst ist „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ganz sicher kein Buch, dass die Hoffnungslosigkeit der Situation vor Augen führen möchte. Ganz im Gegenteil: John Green macht mit seinem Werk deutlich, dass das Leben genau hier und jetzt passiert. Er ruft durch seine Geschichte dazu auf, dass man es genießen sollte – ganz gleich wie bedrückend die weiteren Aussichten auch sind.

richard-ford// Womit wir auch schon beim neuen Roman von Richard Ford angelangt wären. „Kanada“ dreht sich um einen jungen Kerl namens Dell, dessen Eltern nach einem missglückten Banküberfall im Kittchen sitzen. Gleich zu Beginn wird man dabei als Leser nicht nur ausführlich über Dells Vergangenheit (und die seiner Eltern) informiert, man bekommt auch ein gutes Gespür dafür, wie er sich als Heranwachsender fühlen muss, nachdem er fortwährend keinen festen Halt mehr unter den Füßen findet. Die Geschichte wird dabei aus der Sicht des zukünftigen Rentners Dell erzählt, der sich im gehobenen Alter nochmal an sein früheres Leben zurückerinnert. So erfahren wir, dass Dell nach dem missglückten Banküberfall seiner Eltern zu seinem eigenen Schutz nach Kanada gebracht wird und sich schließlich in einem kleinen Kaff wiederfindet, in welchem es vor zwielichtigen Gestalten nur so wimmelt. Unterschlupf findet er bei einem gewissen Arthur Remlinger, der nicht nur einige Leichen im Keller hat, sondern Dell auch noch ziemlich tief in die Scheiße reitet. Nach und nach spitzen sich die Ereignisse vor Ort immer weiter zu. Diverse Morde geschehen, bis Dell nur noch einen Ausweg sieht: er muss zurück in Richtung Grenze. Er will endlich all den Mist hinter sich lassen, der sich in seiner Vergangenheit angesammelt hat. Wie aber soll das funktionieren…? Es hat dem Jungen schließlich nie jemand beigebracht, wie man sich seinen Problemen stellt. Fast scheint es, als wäre Dell fortwährend auf der Flucht… vor dem Leben und auch vor sich selbst. Dabei möchte er doch eigentlich nur eins: ein möglichst stressfreies (oder noch besser: gewöhnliches) Leben führen. Ob ihm das gelingt und welche Folgen es nach sich zieht? Es lohnt sich das herauszufinden, weil Richard Ford in „Kanada“ einen glaubwürdigen Charakter erschafft. Eine Figur, die sich mit der wichtigsten Herausforderung ihres Lebens konfrontiert sieht: erwachsen zu werden.

make-love// Und darauf hat die Welt gewartet. Das Aufklärungsbuch „Make Love“ macht die gute alte „Liebe, Sex und Zärtlichkeit“-Lektüre überflüssig. Die beiden Schöpferinnen Ann-Marlene Henning & Tina Bremer-Olszewski widmen sich dem Thema Sex auf witzige und umfassende Weise. Getreu dem Motto: „Wer Bescheid weiß, hat mehr Spaß“ setzen sich ihr Buch auf gelungene Art und Weise mit der schönsten Nebensache der Welt auseinander. Bereits im Rahmen der Einleitung erzählen uns die Beiden von den zahllosen Synonymen des Wortes „Muschi“ (und „Glied“) und nehmen auch im weiteren Verlauf des Buches kein Blatt vor dem Mund. In den einzelnen Kapiteln wird dann ausgiebig über die Sex-Altersgrenzen in den einzelnen Ländern der Welt und die durchschnittlichen Alterszahlen beim „Ersten Mal“ gequatscht. Neben allerhand Statistiken zum Thema Geschlechtskrankheiten (und Rasieren) finden sich außerdem zahllose Fotos von Heji Shin, sowie ausgiebige Erläuterungen zu den Themen „Orgasmuskunde“ und „Geschlechtsorgane“ in dem Werk. Durch ihre offene und unverklemmte Herangehensweise an das Thema Sex macht es nicht nur wahnsinnig viel Spaß, den Abhandlungen der beiden Autorinnen zu folgen, man erfährt auch als nicht mehr ganz so junger Leser zahlreiche Dinge, die man, zum Beispiel in Bezug auf der sexuellen Vorlieben in anderen Ländern dieser Welt, nicht unbedingt auf dem Zettel hatte.

Adobe Photoshop PDF// Hungrige Mäuler hergehört. Es gibt jetzt eine Alternative zu Chefkoch.de und dem örtlichen Pizza-Lieferservice… in diesen Tagen erscheint nämlich ein wunderschönes Buch von Katerina Dimitriadis aus Nürnberg- „Käts Studenten Küche – Kochen und Backen für alle Kochsemester“ hat alles was ein Kochbuch für Selbstversorger braucht. Im Buch befinden sich unter anderem Einkaufslisten fürs Smartphone via QR-Code, außerdem punktet es mit einem wahnsinnig schönen Layout, wir ihr es vielleicht aus der „Fräulein“ kennt (wenn nicht, holt Euch diese Zeitschrift am Bahnhof – sie ist nicht nur für weibliche Leser interessant). Letztendlich zeichnet sich das Buch der 22-jährigen aber auch durch die Auswahl der Gerichte aus. „Fish and Chips“ findet ihr dort genauso wie Zucchini-Quiche oder Chili con Carne. Ofenkartoffeln, Risotto oder Käsespätzle. Das Beste aber, alles scheint relativ einfach umzusetzen, auf übermäßig fette (sprich: unverträgliche) Gerichte wird verzichtet und wenn doch mal eines dabei ist, wird es nicht standardmäßig präsentiert. Es gibt außerdem weitere Vorteile gegenüber den Kochbüchern von Zacherl, Tim, Jamie und so weiter… die meisten Gerichte sind für 2 Personen ausgelegt (Wer kocht täglich noch für 4 Personen?) und können auch in einer vegetarischen Variante zubereitet werden oder mit den Gewächsen der Saison garniert werden. Die meisten Rezepte sind in 20 Minuten zubereitet. Viel Spaß beim Kochen getreu Katarinas Motto: Gesunde, schnelle Küche, die satt und glücklich macht! (verfasst von K. Reschke)

schreiner// Der langjährige Umwelt-Autor Helmut Schreier veröffentlicht in diesen Tagen sein neues Werk „Krise der Kindheit“. Darin kreidet er an, dass die junge Generation sich immer weiter von der Natur entfernt. Viele Kinder hätten überhaupt keinen Bezug mehr zu ihrer Umwelt, lautet die These des Professors für Hochschulpädagogik und deshalb möchte er mit seinem neuen Werk sehr gerne eine Diskussion anstoßen. Passend dazu hat er das Buch mit dem Untertitel „Warum wir in die Natur zurückfinden müssen“ versehen und gibt zu Protokoll, dass wir auch deshalb so leben, wie wir leben, weil bereits die Eltern der jungen Generation die Natur nie richtig kennen gelernt haben. Nun ist es wirklich nicht so, dass man diesen Umstand nicht kritisch hinterfragen sollte, das muss man sogar. Und Helmut Schreiber nähert sich seinem Thema auch durchaus differenziert, wenn er anerkennt, dass die Jugend heutzutage eben anders tickt (oder noch besser: mit besseren technischen Voraussetzungen ausgestattet ist), als früher – wenn sie zum Beispiel erst durch GPS-Geräte dazu angeregt wird, nach draußen zu gehen. Gleichzeitig aber schwingt da immer so ein kritischer Unterton mit, wenn er diese Entwicklungen aufgreift. Im weiteren Verlauf spricht er unter anderem über Übergewicht und ADHS und wie sie mit der zunehmenden Reizüberflutung in unserem Leben in Verbindung stehen. Das mag alles bis zu einem gewissen Punkt zutreffend sein, wirft allerdings die Frage auf, ob die Welt wirklich so schwarz / weiß ist, wie sie hier streckenweise gemalt wird oder ob da nicht doch eine gehörige Portion an Sehnsucht nach den guten, alten Zeiten mitschwingt. Mit „Krise der Kindheit“ gelingt Helmut Schreiber genau das, was er im Sinn hatte: ein diskussionswürdiges Buch zu schreiben. Also schnuppert mal rein und macht euch selbst ein Bild. Bis zum nächsten Mal.