// aufgelesen vol. (1)04 – „bienensterben“

mit Büchern von Stephen King, Nils Mohl, Patti Smith, Andrew Kaplan und Lisa O´Donnell. // Manchmal, wenn große Schriftsteller nicht mehr wissen, worüber sie schreiben sollen, wagen sie sich an die Fortsetzung eines alten Klassikers heran, wobei natürlich immer die Gefahr besteht, das dabei nicht die Qualität des Originals erreicht wird. Stephen King hat sich […]

mit Büchern von Stephen King, Nils Mohl, Patti Smith, Andrew Kaplan und Lisa O´Donnell.

king// Manchmal, wenn große Schriftsteller nicht mehr wissen, worüber sie schreiben sollen, wagen sie sich an die Fortsetzung eines alten Klassikers heran, wobei natürlich immer die Gefahr besteht, das dabei nicht die Qualität des Originals erreicht wird. Stephen King hat sich nach einer gefühlten Ewigkeit an eine Fortsetzung seines legendären Werks „Shining“ gewagt und schlägt allen Nörglern und Zweiflern ein Schnippchen. Die Geschichte von „Doctor Sleep“ setzt nämlich erst geraume Zeit später an und ist somit ein eigenständiges Werk, das mit zum Besten gehört, was der Horror-König in den vergangenen Jahren aus dem Ärmel geschüttelt hat.

Die Story selbst dreht sich um eine Sekte, die es auf kleine Kinder abgesehen haben, die mit dem „Shining“ leben. Der kleine Danny aus dem ersten Teil ist inzwischen erwachsen geworden und steht im Mittelpunkt des Geschehens. Er sieht sich in diesem Zusammenhang nicht nur mit den Geistern der Vergangenheit konfrontiert, sondern muss auch ein kleines Mädchen namens Abra beschützen, die das „Shining“ hat. Ob es ihm am Ende gelingt? Wer Stephen King kennt, wird dieses Frage bereits im Vorhinein beantworten können. Alle anderen werden mit einem spannungsgeladenen Roman versorgt, der zwar nicht an das famose Original heranreicht, aber dennoch für reichlich Gänsehautstimmung in der anstehenden Adventszeit sorgen sollte.

mohl// Schon seit letztes Werk „Es war einmal Indianerland“ wurde mit dem „Deutschen Jugendliteraturpreis“ ausgezeichnet. Nun steht mit „Stadtrandritter“ der neue Roman des Hamburger Schriftstellers Nils Mohl in den Regalen und der steht dem Vorgänger in Nichts nach. Im zweiten Band seiner „Liebe-Glaube-Hoffnung“-Trilogie dreht sich alles um feste Gewissheiten, die sich in der heutigen Zeit immer mehr in Rauch auflösen. Symbolisch dafür wird hier eine Kirche in Brand gesetzt und es geht unter anderem darum, herauszufinden ob das nun ein Unfall oder Brandstiftung war. Darüber hinaus bleibt aber noch viel Raum für einen Jungen, der ein Mädchen wieder trifft. Das Buch dreht sich um Erwartungen, die nicht erfüllt werden und der Rolle des Glaubens in einer schnelllebigen Gesellschaft. Warum sollte man? Und wieso? Und wie gelingt es diesem Autor eigentlich eine solch verschachtelte Story so gelungen auf Papier zu transferieren? Der Autor zieht einen mit seinen Worten in einen Sog der Emotionen und sorgt bis zum Ende hin dafür, dass man das Buch am Liebsten in einem Rutsch verschlingen möchte. Wobei natürlich schon der Beginn grandios ist. Dieses Bild von Traum und Wirklichkeit und wie das ganze auseinander klafft. Einfach famos. Also lest dieses Buch. Und „Es war einmal Indianerland“ gleich hinterher (oder noch besser: vorneweg). Die Geschichte wird euch noch Tage später im Kopf herum schwirren.

patti-smith// Fans der altehrwürdigen Patti Smith dürfen sich in diesen Tagen über die Kindheitserinnerungen der Künstlerin in literarischer Form freuen. In „Traumsammlerin“ wirft die Punkrock-Ikone und Dichterin einen Blick zurück auf ihre eigene Jugend und man wird als Leser sofort in einen Sog der Emotionen gezogen, während man die ersten paar Seiten dieses Werkes verschling. Patti Smith gelingt es mit ihrer poetischen Sprache sehr gekonnt, das eigene Leben in ein nostalgisches Licht zu hüllen und so werden wir nicht nur mit zahlreichen Situationen aus der Kindheit der Musikerin konfrontiert, sondern bekommen auch tiefsinnige Gedanken von der Protagonistin mitgeteilt, die bisher noch in keiner Biografie nachzulesen gewesen sind. Daneben finden sich außerdem ein paar Gedichte in dem Werk, das sich sehr gekonnt auf dem schmalen Grat zwischen Kunst und Literatur bewegt. Wenn du also auf ebenso kompromisslose, wie leidenschaftliche Geschichten mit biografischem Hintergrund stehst, dann schnupper mal rein. Die Memoiren dieser „Traumsammlerin“ sind aller Ehren wert.

homeland// Wer bereits Fan der gelungenen TV-Reihe „Homeland“ ist, der darf sich nun über ein besonderes, literarisches Schmankerl freuen. In dem Werk „Homeland – Carries Jagd“ wird nämlich die Vorgeschichte der Qualitätsserie erzählt und die bringt so manches Licht ins Dunkel. Das Werk von Andrew Kaplan funktioniert in diesem Zusammenhang als eigenständiger Roman, der einen ebenso großen Sucht-Faktor ausstrahlt, wie die TV-Reihe. Wir befinden uns im Jahre 2006 in Beirut. CIA-Agentin Carrie Mathison ist gerade nur knapp einem Hinterhalt entgangen. Sie hat den Verdacht, dass es in dem CIA-Hauptquartier in Beirut eine Sicherheitslücke gibt, stößt dabei allerdings auf Hinweise für einen bevorstehenden Terror-Anschlag. Ob es ihr gelingt selbigen zu vereiteln? Dem Autor gelingt es sehr gekonnt das Innenleben der Protagonistin auf Papier zu transferieren und die Atemlosigkeit der ersten „Homeland“-Staffel auch in literarischer Hinsicht zu spiegeln. Anhänger der Serie sollten sich dieses Werk also auf keinen Fall entgehen lassen.

bienensterben// Zu guter Letzt noch der Hinweis auf den aktuellen Roman der Schriftstellerin Lisa O´Donnell, die bereits für ihr Drehbuch zu „The Wedding Gift“ mit dem „Orange Screenwriting Prize“ ausgezeichnet worden ist. „Bienensterben“ ist ihr erster Roman und der hat es auch gleich ganz schön in sich. Die Geschichte spielt an Heiligabend in Glasgow. Die junge Marie und ihre kleine Schwester Nelly haben gerade die sterblichen Überreste ihrer Eltern im Garten verscharrt. Außer den beiden weiß niemand etwas von der Geschichte und so sehen sie sich von nun an mit der Situation konfrontiert, selbst das Geld für ihren Lebensunterhalt beschaffen zu müssen. Während sich Marnie als Delaerin versucht, fängt plötzlich der angeblich perverse Nachbar Lennie an, sich für die jungen Mädchen zu interessieren. Nach einigen Missverständnissen ziehen die Beiden schließlich bei ihm ein und sehen sich mit quälenden Fragen konfrontiert. Ob ihr Lügengebäude am Ende einstürzt? Es lohnt sich mal einen Blick in dieses abgründige Romandebüt zu werfen, das genauso irrwitzig wie verstörend ist. „Bienensterben“ ist ein wirklich originelles Werk, das einen bis zum (bitteren?) Ende bei der Stange hält. Also schnupper mal rein. Bis zur nächsten Leserunde.