// zuckerbeat vol. (3)54 – „american jesus“

mit neuer Musik von Bad Religion, Tony Sly, Biffy Clyro, Elway, We Walk Walls, The Strypes, Rudimental und Nicone. // Kurz vor Weihnachten schütteln die Punkrock-Legenden von Bad Religion doch tatsächlich ihr erstes Weihnachtsalbum aus dem Ärmel. Das Bemerkenswerteste daran ist, dass sie darauf nicht etwa die größten Weihnachtshits durch den Kakao ziehen, sondern sich […]

mit neuer Musik von Bad Religion, Tony Sly, Biffy Clyro, Elway, We Walk Walls, The Strypes, Rudimental und Nicone.

bad-religion// Kurz vor Weihnachten schütteln die Punkrock-Legenden von Bad Religion doch tatsächlich ihr erstes Weihnachtsalbum aus dem Ärmel. Das Bemerkenswerteste daran ist, dass sie darauf nicht etwa die größten Weihnachtshits durch den Kakao ziehen, sondern sich den Originalen auf ernsthafte Art und Weise annähern. Heraus kommt ein achtteiliges Mini-Album mit Weihnachtsliedern wie „Hark! The Herald Angels Sing“ und „White Christmas“ – wobei natürlich auch der „Little Drummer Boy“ und „O Come All You Faithful“ nicht fehlen dürfen. Wem das immer noch nicht reicht, der darf sich zu guter Letzt auch noch über ein „Andy Wallace-Mix“ des Bad Religion-Klassikers „American Jesus“ freuen. Wenn du also auf alternative Weihnachten stehst, dann schnapp dir die Scheibe, die gerade deshalb so gelungen ist, weil sich die Band auf „Christmas Songs“ den erhobenen Zeigefinger in Richtung Kommerzialisierung spart. Ist einfach immer wieder für eine Überraschung gut, diese Band.

tony-sly// Der Tod von Tony Sly im vergangenen Jahr hat uns alle schwer getroffen. Nun erscheint eine groß-angelegte Retrospektive seines musikalischen Schaffens in Form eines „Tribute“-Albums, auf dem zahlreiche Wegbegleiter und befreundete Bands die Musik von Tony Sly und seiner Band No Use For A Name noch einmal zum Leben erwecken. Eingeleitet von dem bedächtigen Stück „Biggest Lie“ (in der Version von Karina Denike) finden sich auf „The Songs Of Tony Sly: A Tribute“ 26 gelungene Tracks von Bad Religion bis Lagwagon, die den Originalsongs allesamt ein paar interessante Facetten abtrotzen. Besonders stechen in diesem Zusammenhang heraus: des herzerreisende „For Fiona“ in der Version von Rise Against und der Cover-Version von „The Shortes Pier“, aufgenommen von den altehrwürdigen Kollegen aus dem Hause NoFx. Ebenfalls Tribut zollen die Mad Caddies, Frank Turner, Pennywise, Yellowcard, The Gaslight Anthem, Joey Cape with The Scorpios, Alkaline Trio und zahllose weitere, befreunde Musiker und Bands, die uns in den vergangenen Jahren ganz innig ans Herz gewachsen sind. Ein wirklich gelungenes „Tribute“-Album für einen großen Musiker, dessen Solo-Alben wir euch bei der Gelegenheit auch noch einmal sehr herzlich empfehlen möchten. Wir werden dich und deine Musik vermissen, Tony Sly.

biffy// Biffy Clyro zählen inzwischen zu den wichtigsten Vertretern der Modern-Rock-Generation und veröffentlichen pünktlich zur Adventszeit einen eindrucksvollen Nachweis in Sachen Live-Performance. Wer die Band schon einmal auf der Bühne gesehen hat, der weiß wovon wir reden. Die Gruppe versteht es eine riesige Festival-Crowd in Grund und Boden zu rocken, macht aber auch im Club eine gute Figur. Nun erscheint mit „Opposites Live From Glasgow“ einer ihrer legendärsten Auftritte des Jahres auf DVD und zeigt eine Band, die nur so strotzt vor Emotionen. Während andere Acts immer wieder die ollen Kamellen in ewig-gleicher Reihenfolge herunterspielen, entwickeln sich die Jungs von Biffy Clyro kontinuierlich weiter. Die Liste der Hits ist inzwischen auf ein unüberschaubares Maß angewachsen, live aber erzeugen vor allem das vertrackte „Living Is A Problem Because Everything Dies“ oder das abschließende „Mountains“ ein echtes Feuerwerk der Emotionen. Wenn du also auf zeitgenössische Rockmusik stehst, dann schnupper mal rein.

elway// Wer auf die Musik von Against Me!, The Menzigers und The Gaslight Anthem steht, der kommt in diesen Tagen ebenfalls auf seine Kosten. Die Gruppe Elway versucht nämlich mit ihrem neuen Album in die Fußstapfen der ganz Großen zu treten und hat mit Songs wie „Prophetstown“ und „Ariel“ ein paar wirklich packende Argumente im Gepäck, die man sich am besten bei voll aufgedrehter Anlage zu Gemüte führt. Nur wenige Alben in diesem Jahr erzeugen einen solchen immensen Sog der Emotionen wie „Leavetaking“. Die Scheibe kommt über die volle Distanz praktisch ohne einen einzigen Ausfall aus und die hymnischen Refrains schwirren einem noch Tage später im Kopf herum. Wenn du also auf emotionsgeladenen Punkrock mit Rotz-Attitüde a la Hot Water Music stehst, dann schnupper mal rein. Es lohnt sich.

we-walk-walls// Am Puls der Zeit bewegen sich die Kollegen aus dem Hause We Walk Walls. Die Wiener Gruppe spielt zeitgenössischen Indie-Pop, der sich irgendwo zwischen den Polen Shoegaze, Synthie Pop und Dream-Wave einsortieren lässt. „Ceremonies“ ist ein Werk, das man sich am Besten in einem Stück zu Gemüte führt. Dann nämlich entfaltet sich die volle Wucht dieser Songs, die einem noch Stunden später im Kopf herum schwirren. Wenn du dich also schon lange mal gefragt hast, wie es wohl klingen könnte, wenn The XX zusammen mit Radiohead und Vampire Weekend ins Studio stapfen, dann schnupper mal rein. Dieses Platte wird dich mit ihren zauberhaften Ohrwürmern schon nach wenigen Minuten um den kleinen Finger wickeln. Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass die Gruppe in den kommenden Monaten auch mal hierzulande in den einschlägigen Indie-Clubs vorbei schaut.

strypes// The Strypes werden in der Zwischenzeit bereits als die neuen Rolling Stones gehandelt. Ob sie es so weit bringen, darf in diesem Zusammenhang natürlich mit Recht bezweifelt werden, trotzdem strahlt ihr aktuelles Album „Snapshot“ einen unverwechselbaren Charme aus, der einen die Regler an der heimischen Stereoanlage immer höher schubsen lässt. Die Gruppe aus Cavan Irland um die Munharmoniker-Fraktion Ross Farrelly (Gesang), Josh McClorey (Gitarre), Pete O’Hanlon (Bass) und Evan Walsh (Schlagzeug) lädt einen auf ihrer Platte zu einer musikalischen Zeitreise ein und orientiert sich am Sound von The Yardbirds und Bo Diddley. Kein Wunder, dass die britische Musikpresse sofort hin und weg gewesen ist, genau so wie Elton John, Paul Weller und Noel Gallagher. Wenn du also mal wieder so richtig schön nostalgisch werden möchtest, dann zieh dir das Album mal rein. Es könnte sich als lohnenswert erweisen – noch dazu weil es von niemand geringerem als Chris Thomas produziert wurde.

rudimental// Rudimental sind eine Crew, deren Musik sich bereits beim ersten Durchlauf erschließt. Mit „Feel The Love“ kann das Quartett aus London inzwischen zwar einen waschechten Nummer 1-Hit in ihrem Heimatland vorweisen, es sind aber vor allem Tracks wie „Not Giving In“ in Kooperation mit John Newman & Alex Clare oder das betörende „Hell Could Freeze“ mit freundlicher Unterstützung von Angel Haze, die sich in unseren Gehörgängen festsetzen. Die Platte hier ist ein gefundenes Fressen für all jene, die großen Pop gerne im Drum´n´Bass-Outfit vor den Latz geknallt bekommen. Die Hitdichte auf „Home“ ist dermaßen hoch, dass man anfangs noch glaubt, die Songs würden sich schnell totlaufen, doch falsch gedacht: „Home“ macht auch nach dem zwanzigsten Durchlauf noch Spaß, weil in dieser Musik so viele Details stecken, dass man immer wieder etwas neues entdeckt.

Unbenannt-7// Der Berliner Produzent Nicone wiederum präsentiert uns auf seinem aktuellen Album einen bunten Strauß housiger Klänge, die man sich am Besten via Kopfhörer zu Gemüte führt. „Let Love Begin“ ist ein äußerst vielseitiges Album, zu dem man sich direkt eine bunte Discokugel im Wohnzimmer installieren möchte. Verschiedene Gastsänger sorgen in der Zwischenzeit dafür, dass das Album über die volle Distanz nicht langweilig wird, wobei vor allem Sascha Braemer eine gute Figur abgibt. „Querido“ klingt sogar wie ein treibendes Update des aktuellen London Grammar-Albums – wobei natürlich auch Fans von Fritz Kalkbrenner und Konsorten einen Durchlauf riskieren dürfen. Jetzt aber ist erst einmal wieder Schluss für heute. Also genießt die Musik. Und baut ein paar Schneemänner. Bis zum nächsten Zuckerbeat.