Chuck Ragan & The Camaraderie im Hirsch (Nürnberg)

Sonntag, 1.6.2014, 20 Uhr, Text und Photos von Oli Dekrell

// „Say what you want – I don’t mind!“

Bier, Schweiß und heisere Stimmen.

Vollbartträger Arm in Arm.

Mädels mit Freudentränen in den Augen

und Schnappschüssen von sich und Chuck auf den Smartphones.

// Zufrieden schlendern die Besucher aus dem fast ausverkauften Nürnberger Hirsch in die laue Frühjahrsnacht.

Ja… diese Stimme – dieser Teufelskerl!

„Nach dem Konzert machen die Platten gar keinen Spaß mehr…“,

schreibt ein Freund kurze Zeit später per WhatsApp.

// Aber Recht geben ihm nicht alle…

Natürlich war das wieder großes Konzert-Kino.

Natürlich hat er eine Stimme, die seinesgleichen sucht.

Natürlich durften wieder alle gemeinsam auf der Bühne stehen.

Und natürlich ist und bleibt er ein außergewöhnlicher Songwriter!

Aber irgendwie war irgendwas diesmal dann doch anders…

„Da fehlt die Power und der Drive!“

„Das klingt jetzt schon ziemlich nach Country-Charts.“

„Also damals, auf der letzten Revival Tour, da…“

Gutes Stichwort – Revival Tour!

Ein auf Chuck Ragan zurückzuführendes, bislang ziemlich einzigartiges Live-Konzept:

Man gehe mit befreundeten Musikerkollegen, die alle einen ziemlich großen Background im (Punk-)Rock haben, auf gemeinsame Tour.

Reduziert das ganze dabei auf das Wesentliche, also Stimme und akustische Begleitung, und verzichtet auf einen offiziellen Headliner.

Einer fängt mit ein paar Solonummern an und wird nach und nach von den Mitreisenden musikalisch unterstützt.

Ohne dass besucher es bemerkt, steht dann plötzlich der nächste Act auf der Bühne, nur um nach einem kleinen Soloset dann wieder von einem gemeinsamen Bühnensturm abgelöst zu werden.

Nach mehreren Stunden und dem finalen „Revival Road“ mit wirklich allen Musikern auf der Bühne bleibt man dann fassungslos zurück…

Eingeschlagen ist das Ganze – zu Recht – wie eine Bombe!!!

Und nicht wenige sind an diesem Abend deshalb natürlich mit einer ähnlichen Erwartungshaltung gekommen.

Mit jeweils einem Song wurde an dieses Konzept dann auch erinnert.

Bewaffnet mit Mundharmonika und Reibeisenstimme unterstützt Chuck Ragan seine tollen Supports BILLY THE KID und NORTHCOTE auf gewohnt sympathische Art und Weise.

Und beide dürfen im Umkehrschluss auch Chuck bei jeweils einem Song begleiten.

Aber trotzdem schwirren die kritischen Kommentare im Nürnberger Nachthimmel umher,

und leider sind sie berechtigt…!

Nicht dass wir uns falsch verstehen:

Diese Zeilen schreibt ein Fan und Verehrer des Ragan’schen Gesamtwerks!!!

Aber dennoch hat man Chuck und seine Kameradschaft schon spielfreudiger und mitreißender erlebt.

Dennoch bleibt irgendwie ein schaler Country-Charts-Schatten haften,

der ja leider auch die aktuelle Platte „Till Midnight“ umgibt…

Egal ob Kalkül oder Ergebnis eines verstärkten Bandprozesses beim Songwriting,

irgendwie geht der Fan in mir nach Hause und denkt:

„Schade! Eigentlich war das nur noch Revival Tour Light…“