// zuckerbeat vol. (4)61 – „wintermärchen“

mit neuer Musik von Metallica, Solange, Genetikk, Enoq, Nicolas Sturm, G.Rag Y Los Hermanos Patchekos, Joe Purdy und der Compilation „Ein Wintermärchen“. // Metallica sind zurück und wie immer wurde im Vorfeld die Frage gestellt. Hat die Band es noch drauf einen modernen Klassiker aus dem Ärmel zu schütteln. Mit „Hardwired… To Self Destruct“ gelingt […]

mit neuer Musik von Metallica, Solange, Genetikk, Enoq, Nicolas Sturm, G.Rag Y Los Hermanos Patchekos, Joe Purdy und der Compilation „Ein Wintermärchen“.

metallica// Metallica sind zurück und wie immer wurde im Vorfeld die Frage gestellt. Hat die Band es noch drauf einen modernen Klassiker aus dem Ärmel zu schütteln. Mit „Hardwired… To Self Destruct“ gelingt ihnen nun wohl zumindest das beste Album seit der gleichnamigen schwarzen LP und die Band hat gut daran getan, die Songs sorgfältig auf zwei Silberlinge zu verteilen. Mit den experimentellen „Load“- und „Reload“-Klängen oder dem schroffen „St. Anger“ hat dieses Album hier rein gar nichts mehr am Hut. Metallica gehen stattdessen den auf „Death Magnetic“ eingeschlagenen Weg weiter und bescheren und auf diese Weise ganz wunderbare Bretter wie „Hardwired“ und „Atlas Rise“. Das aber sind noch lange nicht alle Songs, die sich demnächst wohl in jedes Best Of-Set der Band integrieren lassen. „Moth Into Flame“ und „Spit Out The Bone“ machen ebenfalls viel Spaß und überhaupt scheint die Band auf dieser Platte tatsächlich wieder Spaß an der Musik zu haben. Die knapp 80 Minuten vergehen dementsprechend auch wie im Flug und wir freuen uns jetzt schon auf die hoffentlich bald anstehenden Live-Shows.

solange// Anfang des Jahres hätte wohl auch niemand damit gerechnet, dass sich die beiden Knowles-Schwestern Beyonce und Solange ein Kopf an Kopf-Rennen in den Jahrescharts diverser angesagter Musikmagazine liefern würden. Solange hat dabei mit „A Seat At The Table“ unserer Ansicht nach ein klein wenig die Nase vorn, weil sie scheinbar spielend unterschiedlichste Stile aus den 70ern mit denen der Gegenwart in einen Topf zu werfen vermag, ohne dass es irgendwie konstruiert anmuten würde. Die Scheibe nutzt dabei Versatzstücke aus Soul-Jazz-Gefilden und kombinierte sie mit dem zeitgenössischen Rock der Gegenwart. Das Ergebnis davon klingt niemals verkopft, sondern spannend und hält die Scheibe über die volle Distanz von 21 Einheiten bis zum Ende spannend. Statt auf den großen Hit wurde hier auf Langlebigkeit gesetzt, wobei die Künstlerin sich in eine Reihe mit so illustren Kollegen wie Bon Iver oder Kanye West stellt, die in diesem Jahr ebenfalls formvollendet vor Augen führten, dass das Album-Format in Zeiten der allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Musik noch keineswegs ausgestorben ist.

enoq// Fans von Umse und Konsorten werden derweil wohl eher beim neuesten Signing aus dem Hause „Jakarta Records“ auf ihre Kosten kommen. Enoq, ein Berliner MC aus dem Süden der Stadt, war früher mal Produzent aktiv, hat sich dann aber selbst dazu durchgerungen, ans Mikrofon zu treten, nachdem ihm die Parts der anderen Rapper nicht so richtig zusagten. Nach ersten Achtungserfolgen (u.a. mit Audio88 & Yassin) hat er in den vergangenen Jahren seinen Sound perfektioniert und legt nach einer Free-EP nun sein erstes Werk namens „zu schön um klar zu sein“ vor. Darauf lässt sich der Künstler nicht so recht in eine Schublade stecken, sondern beeindruckt mit einer stilistischen Vielfalt, die vielen Künstlern in diesen Tagen vollends abgeht. Zusammen mit illustren Feature-Gösten wie Döll und Mädness, die hoffentlich auch bald mal wieder was eigenes an den Start bringen, erschafft er hier ein rundum gelungenes und zeitgemäßes Rap-Album, das auch nach dem x-ten Durchlauf noch neues offenbart. Worauf also wartest du noch? Schnapp dir das Werk. Es lohnt sich.

genetikk// Zum Jahresende lassen es auch die Jungs von Genetikk nochmal krachen und veröffentlichen ein neues Album mit 16 Tracks, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. „Fukk Genetikk“ wagt dabei nochmal einen Schritt zurück. Nach dem atmosphärisch dichten Vorgänger besinnt sich die Crew auf dem neuen Werk wieder auf ihre Stärken und so springen auch ein paar gelungene Kracher wie „Tote Präsidenten“ und „Diamant“ bei der ganzen Geschichte heraus. Die Scheibe verpulvert darüber hinaus gleich zu Beginn die beiden hervorragenden Singles „Jordan Belfort“ und „Peng Peng“ und führt dabei textlich vor Augen, welch innere Zerrissenheit sich in einem Menschen breit macht, der sich mal etwas intensiver mit den komplexen Mechanismen auf unserem Erdball auseinander setzt. Gegentikk machen in diesem Zusammenhang gar keinen Hehl daraus, dass sie natürlich auch von dem ganzen Irrsinn da draußen profitieren und so gelingt ihnen mit ihrem neuen Album ein überaus gelungener Kommentar zum aktuellen Zeitgeist. Es lohnt sich also mal reinzuschnuppern in dieses vielleicht politischste Album der Band. Allerdings lohnt es sich auch etwas Zeit zu investieren, weil sich viele Stücke erst nach mehreren Durchläufen erschließen.

wintermarchen// Wer sich schon mal auf die Feier mit den Liebsten einstimmen möchte und noch nach einem passenden Soundtrack sucht, der vielleicht der ganzen Familie gefällt, der kommt bei der Compilation „Ein Wintermärchen – Weihnachtslieder aus Deutschland“ auf seine Kosten. Darauf machen sich so illustre Künstler wie Gregor Meyle, Casandra Stehen und Max Raabe daran, die bekannten Klassiker noch einmal ein wenig aufzuhübschen. So kommen wir nicht nur in den Genuss neuer Versionen von „Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen“, „Leise rieselt der Schnee“ oder „Stille Nacht“, sondern dürfen uns auch über eine ganze Menge Songs des Deutschen Filmorchesters Babelsberg in Kooperation mit Produzent Christoph Israel freuen. Auf diese Weise entsteht ein charmantes und besinnliches Gesamtpaket bestehend aus 18 Songs, die wirklich jedem Nostalgiker ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern. Wenn du also mal wieder so richtig in schönen Erinnerungen schwelgen möchtest, dann schnapp dir dieses Weihnachtsalbum. Wer auf die klassischen Klänge steht, die seit jeher unter dem Weihnachtsbaum Widerhall in tausenden Kehlen finden, der ist mit dieser Scheibe hier ganz vorzüglich bedient.

nicolas-sturm// Wirklich lohnenswert ist auch die Anschaffung des Albums „Angst Angst Overkill“ von Nicolas Sturm. Der Liedermacher äußert auf seinem aktuellen Werk konkret seine Meinung zu bestehenden Missständen und macht damit auch deutlich, wie hilflos wir ihnen bisweilen ausgeliefert sind. Den Kopf in den Sand stecken ist deshalb natürlich trotzdem keine Option und so macht sich der Lindenberg-Preis-Gewinner daran, die 80er nochmal aufleben zu lassen. Mit Twang-Gitarren und Wave-Synthies huldigt er dem Sound des damaligen Jahrzehnts und orientiert sich dabei nur zu gerne an der Musik der Kollegen aus dem Vereinigten Königreich. Wenn du also auf die große Geste von Morrissey stehst und auch der Musik von Jens Friebe etwas abgewinnen kannst, dann bist du hier genau an der richtigen Adresse. Und so bleibt am Ende eigentlich nur zu hoffen, dass wir auch in Zukunft noch weitere großartige Songs des Musikers präsentiert bekommen. Dieses Album hier hat nämlich sehr unbedingt ein weiteres Update verdient. Genauso nämlich macht deutschsprachige Popmusik Spaß, ohne in die Klischeefalle zu tapsen.

grag// Unter dem Titel „Wacky Tobacky“ erscheint derweil mal wieder ein neues Album von G.Rag Y Los Hermanos Patchekos. Das elfköpfige Kollektiv hat sich ja bereits einen guten Ruf als ‚Munich s finest caribbean trash orchestra‘ erspielt, was auch kein Wunder ist, wenn man auf solch formvollendete Weise karibische Klänge mit Country und Brass-Momenten mixt. Nachdem Mister G.Rag bereits mit den Landlergschwistern und der Hochzeitskapelle für Furore sorgte, bleiben auch diesmal keinerlei Wünsche offen. Kein Wunder, dass sogar die Macher der Krimiserie „München 7“ ihn höchstpersönlich für den Soundtrack ausgewählt haben, für den er im Jahre 2005 dann auch noch den Grimme-Preis erhalten hat. Der „Gutfeeling“-Plattenladen-Besitzer aus München ist einfach ein echter Tausendsassa und so darfst du dich auf acht ganz wunderbare Songs mit so bezaubernden Titeln wie „Paris Paris“ und „Abba Zaba“ freuen. Dabei sind die neuen Stücke zwar etwas rauer geraten, als die Vorgänger, das aber mindert den guten Gesamteindruck nicht. Ganz im Gegenteil: es macht einfach nur verdammt viel Spaß, sich diese Scheibe hier reinzuziehen.

joe-purdy// Zu guter Letzt nochmal ein Blick auf ein wirklich außergewöhnliches Folk-Rock-Album. Davon gibt’s ja nun wirklich nicht mehr allzu viele heutzutage, die nicht im Einheitsbrei unterzugehen drohen. Joe Purdy wiederum hat bereits zwölf Alben auf dem Buckel und doch ist er hierzulande immer noch ein Geheimtipp. Sein neuestes Album namens „Who will be next?“ allerdings hätte es zweifelsfrei verdient, von einem größeren Publikum wahrgenommen zu werden. Der „Hillybilly“ orientiert sich darauf an den Klängen von Peter Seeger und Bob Dylan und schafft es dabei so bemerkenswerte Songs aus dem Ärmel zu schütteln, dass es einem immer wieder eine Gänsehaut verschafft. Nachdem bereits einige Songs von ihm in diversen TV-Shows wie „Lost“ oder „Dr. House“ zum Einsatz gekommen sind, ist seine neueste Platte vor allem eins: ein formvollendetes Gesamtwerk bestehend aus 9 Songs, die allesamt so spannend und zauberhaft klingen, dass man damit am liebsten die Familie unter Weihnachtsbaum beglücken möchte. Wenn du also mal wieder nach einem echten Geheimtipp suchst. Hier bist du an der richtigen Adresse. Und damit Schluss für heute. Bis zum nächsten Zuckerbeat.