mit neuen Büchern von Zygmunt Bauman, Robert Nippoldt, Boris Pofalla, Patrisse Khan-Cullors, Elena Favilli, Francesco Cavallo und Helmut Krausser.
// Früher gab es noch Utopien, heutzutage orientieren sich stattdessen viele Menschen eher an der Vergangenheit. Das Werk „Retrotopia“ greift diesen Umstand auf und landet dabei gleich mal beim Wahlspruch von Donald Trump. „Make America Great Again“ heißt es da und schon in der Wortwahl ist ein Blick zurück spürbar. Die Sehnsucht nach Althergebrachtem scheint zu Verfangen und während Obama noch den Aufbruch in ein neue Zeit beschwor, gibt es auf der anderen Seite sehr viele Menschen, die sich nach den guten alten Zeiten zurücksehen. Woran das liegt? Dem möchte der inzwischen verstorbene Literat Zygmunt Bauman in seinem letzten zu Lebzeiten entstandenen Buch auf den Grund gehen und schafft es einen dabei in einen regelrechten Sog der Emotionen zu reißen. Woher kommt all die Nostalgie, von denen zahlreiche Menschen auf unserem Planeten erfasst zu sein scheinen. Schaffen es die Staaten auf unserer Welt nicht mehr das Versprechen von Wohlstand und Sicherheit aufrecht zu erhalten? Die Antwort darauf liegt in den Menschen selbst und so macht sich der Autor daran dieser untoten Vergangenheit mal etwas genauer auf den Grund zu gehen.
// Wer gerne mal 100 Jahre in der Zeit zurück reisen möchte, der kommt beim „Taschen“-Verlag auf seine Kosten. Dort erscheint nämlich in diesen Tagen ein wirklich zauberhaftes Werk namens „Es wird Nacht in Berlin – Die wilden Zwanziger“, welches das Berlin der damaligen Zeit noch einmal im neuen Glanz erstrahlen lässt. Die exzessiven Feiern und die unbändige Lebenslust der damaligen Zeit wurde ja schon vielfach in Szene gesetzt, gleichzeitig allerdings kommt es zu einer Wirtschaftskrise und man sieht schon die ersten Vorboten der Naziherrschaft auf der Bildfläche erscheinen. Der Künstler Robert Nippoldt macht sich nun zusammen mit dem Autor Boris Pofalla daran noch einmal ein Portrait der damaligen Zeit aus dem Ärmel zu schütteln und das hat es in sich. Mit großformatigen Illustrationen und jede Menge Hintergrundinformationen zum „Fliegenden Holländer“, dem „Hotel Adlon“ und Marlene Dietrich, bekommt man einen wirklich gelungenen Eindruck von der damaligen Zeit, wobei auch der örtliche Luftverkehr und die Zeitungsstadt Berlin nicht zu kurz kommen. Es gibt also jede Menge zu entdecken in diesem Werk. Außerdem bekommt man als kleines Schmankerl auch noch eine Extra-CD mitgeliefert, die mit 26 Originalaufnahmen aus der damaligen Zeit von Josephine Baker, den Comedian Harmonists und Marlene Dietrich bestückt ist. Also viel Spaß beim Nachhören.
// Wer sich etwas eingehender mit dem Hashtag „#Blacklivesmatter“ auseinander setzen möchte, der kommt im gleichnamigen Werk von Patrisse Khan-Cullors auf seine Kosten. In ihrer „Geschichte vom Überleben“ wendet sich die Mitbegründerin der gleichlautenden Bürgerrechtsbewegung noch einmal den bestehenden Verhältnissen auf unserem Planeten zu. Sie macht deutlich, wie es ist, in Armut groß zu werden. Ungleichheit und rassistische Polizeigewalt stehen auch heute noch in Amerika auf der Tagesordnung und es ist gar nicht so einfach sich als Betroffener aus dieser Spirale der Gewalt und des Unrechts auszubrechen. Im Rahmen ihres Werkes trifft sie dabei auf zahlreiche Menschen, die es dennoch versuchen, etwas an den bestehenden Verhältnissen zu ändern. Mit ihnen zusammen möchte sie die Frage diskutieren: „Wie viel zählt ein schwarzes Leben?“ und drückt dabei den Finger immer wieder tief in die Wunde. Wenn du also auch noch daran glaubst, dass wir Menschen selbst die Welt zum Besseren verändern können, dann schnapp dir dieses Buch. Du wirst es ganz sicher nicht bereuen.
// Eine wirklich famose Sammlung von 100 inspirierenden Geschichten findet sich derweil in dem Sammelband „Good Night Stories For Rebel Girls“, der bereits im vergangenen Jahr im „Hanser“-Verlag erschienen ist. Die Stories selbst drehen sich dabei allesamt um Frauen, die anderen Frauen Mut machen wollen und sie dazu ermuntern wollen, weiterhin an ihre Träume zu glauben. Dabei wenden sich die beiden Schöpferinnen Elena Favilli und Francesco Cavallo unter anderem so weltberühmten Frauen wie Coco Chanel und Sophie Scholl zu und schaffen es immer wieder einen in einen regelrechten Sog der Emotionen zu reißen. Dieses Werk hier ist nicht weniger als ein kleines Gesamtkunstwerk und es ist schon beeindruckend, wie es den Macherinnen gelingt aus allen gesellschaftlichen Bereichen die wichtigsten Protagonistinnen in Szene zu setzen. Dass das Buch darüber hinaus auch noch ein echter Augenschmaus ist, liegt dabei übrigens auch an den zahlreichen Illustrationen, die sich in dem Werk wiederfinden. Sie wurden geschaffen von 60 unterschiedlichen Illustratorinnen rund um den Globus und veredeln diesen Band noch einmal auf einzigartige Weise.
// Zu guter Letzt noch der Hinweis auf das neue Werk von Helmut Krausser. Der 1964 in Esslingen geborene Autor hat bereits mehrere Bücher wie „Fette Welt“ oder „Einsamkeit und Sex und Mitleid“ veröffentlicht. Mit „Geschehnisse während der Weltmeisterschaft“ macht er sich nun daran seine Leser ins Jahr 2028 zu transferieren. Dort möchten Leon und Sally zusammen bei der 11. Weltmeisterschaft im „Leistungssex“ antreten. Blöderweise allerdings gelingt es dem heimlich verliebten Leon nicht über den Sex hinaus mit seiner Partnerin in einen näheren Kontakt zu treten. Zudem ist es verboten in irgendeiner Weise emotionale Bindungen mit der Wettbewerbspartnerin einzugehen. Während draußen vor den Toren die Proteste toben, geschehen auf einmal zwei Morde. Die Funktionäre bekommen Panik und schon bald wird zu illegalen Mitteln gegriffen. Ob Leon mit seiner Angebeteten da wieder heil heraus kommt? Lass dich ein auf diese provokative Zukunftsvision, die einen immer wieder die Kehrseite unserer Leistungsgesellschaft vor Augen führt. Und damit Schluss für heute. Bis zur nächsten Leserunde.
UND WAS NUN?