// aufgelesen vol. (3)67 – „spyderling“

mit neuen Werken von Hendrik Bolz, Katerina Poladjan und Sascha Macht. // Ein wirklich eindringliches Werk schüttelt in diesen Tagen der in Leipzig geborene Hendrik Bolz aus dem Ärmel, den manche vielleicht schon als eine Hälfte der grandiosen Crew Zugezogen Maskulin kennen dürfte. In „Nullerjahre – Jugend in blühenden Landschaften“ dreht sich alles um Knieper […]

mit neuen Werken von Hendrik Bolz, Katerina Poladjan und Sascha Macht.

// Ein wirklich eindringliches Werk schüttelt in diesen Tagen der in Leipzig geborene Hendrik Bolz aus dem Ärmel, den manche vielleicht schon als eine Hälfte der grandiosen Crew Zugezogen Maskulin kennen dürfte. In „Nullerjahre – Jugend in blühenden Landschaften“ dreht sich alles um Knieper West – eine Großwohnsiedlung am Stadtrand von Stralsund. Hier treffen wir auf Hendrik, Tino, Nadja, Susanne, Pavel und Basti und schauen ihnen beim Aufwachsen über die Schultern. Meistens hängen sie zusammen auf den Spielplätzen herum und fragen sich, wo sie denn nun ihr nächstes Pack Gras herbekommen. Dabei spüren sie am eigenen Leib, wie sich die Zeiten verändern und manche Dinge doch gleich bleiben. Es geht darum sich irgendwie durchzuschlagen in diesem System, das nur zwei Möglichkeiten bietet: Fressen oder Gefressen werden. Davon erzählt Bolz auf eine dermaßen direkte Art und Weise, das man seinen Zeilen so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommt und sich unweigerlich in diesem Werk über die Nullerjahre in Mecklenburg-Vorpommern verliert.

// Wer sich ein spannendes Werk über vier Generationen von Frauen zu Gemüte führen möchte, der kommt im neuen Roman von Katerina Poladjan auf seine Kosten. Die Autorin, die bereits mit ihrem Werk „Hier sind Löwen“ auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand und 2021 mit dem Nelly Sachs Preis ausgezeichnet wurde, schickt uns in ihren Buch zurück ins Jahr 1985. Zu jener Zeit lebt Maria Nikolajewna zusammen mit ihrer Mutter, Tochter und Enkelin in einem Zimmer und so bleibt kaum Raum für Privatsphäre. In der Küche der Gemeinschaftswohnung hat darüber hinaus alles seinen festen Platz. Sogar die Länge und Breite der Tische ist festgelegt. Doch die Zeichen stehen auf Veränderung. Denn der alte sowjetische Herrscher Konstantin Tschernenko hat das zeitliche gesegnet und alles scheint auseinanderzufallen. Dabei schaut die Autorin ihren vier Protagonistinnen über die Schulter und erschafft Sätze, die klingen wie ein Gedicht. „Zukunftsmusik“ ist aufgrund seiner ganz besonderen Sprache damit völlig zu Recht für den diesjährigen Preis der Leipziger Buchmesse in der Sparte „Belletristik“ nominiert worden. Es ist ein wahrhafter literarischer Schatz.

// Wer auf Brettspiele steht, der kommt sicher im neuen Werk des Frankfurters Sascha Macht auf seine Kosten. Der heute in Leipzig lebende Autor konfrontiert uns in „Spyderling“ mit einer Entwicklerin namens Daytona Sepulveda, die in Fachkreisen nur „Die Veerschwundene“ genannt wird. Der Name wiederum kommt nicht von ungefähr. Sie war wirklich eine Zeit lang verschollen und hat nun zahlreiche Brettspielentwickler aus aller Welt auf ein Weingut in der Republik Moldau eingeladen. Selbiges gehört einem gewissen Spyderling, den aber noch nie jemand leibhaftig zu Gesicht bekommen hat, der aber zu den größten seines Fachs zählt. Als dann alle versammelt sind, lässt ausgerechnet er sich aber nicht blicken und alle sind erst einmal auf sich allein gestellt. Und dann taucht auch noch ein Spiel namens „Maunstein“ auf, das alle Beteiligten an die Grenzen ihrer Möglichkeiten führt.  Was anschließend passiert? Lass dich ein auf dieses verschachtelte Werk, das einem noch einmal kongenial die Faszination von Brettspielen vor Augen führt. Und damit Schluss für heute. Bis zu unserer nächsten Leserunde.