// pumps und pissregen…

Es ist Nacht. Neonzeichen beleuchten meinen Weg. Es regnet. Zuerst ganz leicht, kaum spür- und sehbar, dann immer stärker und intensiver. Der Regen trommelt auf meinen Kopf, innerhalb von Sekunden sind meine Haare durchweicht und meine Pumps könnten kleine Mäuseboote sein. Jap, ich triefe vor Nässe. „Toll“, murmle ich gnatschig vor mich hin. Ich senke […]

Es ist Nacht. Neonzeichen beleuchten meinen Weg. Es regnet. Zuerst ganz leicht, kaum spür- und sehbar, dann immer stärker und intensiver.

Der Regen trommelt auf meinen Kopf, innerhalb von Sekunden sind meine Haare durchweicht und meine Pumps könnten kleine Mäuseboote sein.
Jap, ich triefe vor Nässe. „Toll“, murmle ich gnatschig vor mich hin. Ich senke meinen Kopf nach unten, ziehe den Nacken ein und stampfe durch die Pfützen.
„So ein Mist,“ flucht es in mir. Es regnet und regnet und der Heimweg, kommt mir immer länger und länger vor. Alles zieht sich wie Kaugummi und die Neonzeichen werden langsam unscharf. Zwischen den Pflastersteinen bilden sich kleine Rinnsale, kleine reißende Bäche die den Dreck des Tages mit sich hinfort spülen. Und ich stampfe immer noch muffig über sie hinweg.
Ja, und da passiert es, mein Pumps verhakt sich zwischen 2 Pflastersteinen. Flup und weg ist er. In meiner Wut habe ich einen ganz schönen Zahn drauf und so stehe ich nun, auf einem Bein, 1 m weiter vorne, ohne rechten Pumps.
Ich bleibe stehen.

Ja, ich wusste es ja gleich, hohe Schuhe anziehen war von vorne herein eine blöde Idee. Da stehe ich, mitten im Regen, nur noch einen Pumps an und motze innerlich vor mich hin. „So ein Mist so ein doofes Wetter“.
Maaahhhhhnnnnnn und überhaupt was ist das für ein bescheuerter Tag. Zum ausflippen. Während ich so dastehe und in meiner Wut förmlich aufgehe, überlege ich mir, wie ich mich nun am Besten meinem aschenputtelmäßig verlassenen Schuh wieder nähere.
Auf einem Bein hüpfend? Es ist glatt dank des sinnflutartigen Regens und einbeinig auf einem Pumps hüpfend, das klingt schon so nach Bänderriss.
Doofe Idee, nächste Idee. Meine Füße sind ja eh schon pitschepatsche nass, also kann ich auch gleich humpelnd, weil 9 cm Beinunterschied von rechts nach links, zu meinem Cinderellaschuh wackeln. Ich mache einen Schritt und schon komme ich mir blöd vor. Mein Fuß, unvorstellbar, aber tatsächlich so, noch nasser als zuvor.

Grrrrrrrr macht es in mir…..mit der linken Hand reiße ich mir nun sehr schwungvoll auch meinen linken Pumps vom Fuß. Meine Haare klatschen mir ins Gesicht, überall bin ich nass, bis in die Glieder zieht es mir und ich grummle nur vor mich hin. Mit dem linken Pumps bewaffnet und in der linken Hand halten, stampfe ich zu einer nahegelegenen Bank, lasse mich mit Anlauf drauf fallen. Auch da ist es nass, aber das ist ja inzwischen eh „wurschd“. Meine Jeans ist ebenso durchweicht wie mein Oberteil.

Den Schuh immer noch in der Hand haltend, knalle ich meine kleine Handtasche neben mich auf die Bank. Mit meinen nassen Finger versuche ich meine Tasche zu öffnen.
„Zigarette“ denk ich genervt. Nervös fummle ich in meiner Tasche umher, suche meine Glimmstengel und mein Feuerzeug. Na endlich, da sind sie, und wo ist nun das Feuer? Achja, da. Ein heikles Unterfangen, bei einem solchen Wetter seine Zigarette anzubekommen. Die Finger sind eh schon nass und dank dem Dauerregen, auch bald die Zigarette, aber ich bekomme sie an.
Da sitze ich. Links von mir steht mein Pumps in dem inzwischen Wasser steht.  Rechts von mir meine Handtasche, die auch eine Dusche abbekommen hat. Kraftvoll puste ich den Rauch aus meinen Lungen in die regengefüllte Luft.
„Menno“. Ich atme durch. ein paar Meter vor mir, steht immer noch recht schief, mein im Pflaster verklemmter rechter Pumps. Ich drehe den Kopf schräg, ziehe wieder an meiner Zigarette und betrachte mein Meisterwerk. Ich strecke meine Füße aus, die Fußspitzen nach vorne, die Knie durchgestreckt und tippe  und wippe mit meinen Fußspitzen auf das nasse Pflaster vor mir.

Langsam beruhige ich mich, kalt ist es eigentlich nicht mehr, nur nass. Ich zieh an meiner Zigarette und starre auf meine Fußspitzen.
„Blöder tag, denkt es in mir. Blöder blöder blöder saudoofer mega-ober-super-blödtag.“
Das Aufstehen war noch in Ordnung, es ging, so sehr es eben geht, wenn man die ganze Nacht kaum ein Auge zugetan hat. Aber das war noch im Rahmen. Der Blick in den Spiegel, offenbarte mir, dass man mir meine geistige Umnachtung auch noch ansah. Meine Haare die in der Nacht ohne mich entschlossen hatten ihre Wuchsrichtung umzukehren oder der Schwerkraft zu trotzen.
Und diese dunklen Schatten unter meinen Augen. Wuahr! Schlimm genug, dass man nicht schlafen kann, aber muss man es mir gleich wie eine Visitenkarte in die Visage schreiben?!
Hilft ja alles nichts dachte ich heute morgen, wasche mir erst einmal das Gesicht mit kaltem Wasser und bändige meine Haare mit allem was mein Beautyschrank so hergibt, was nicht viel ist. Das Ergebnis kann sich nicht sehen lassen ein „bad hair day“ vom Allerfeinsten. Selbst mit Haargummi sind die wilden Haare nicht zu bändigen.
Ich schlürfe in die Küche, mache Kaffee…..2 mal verschütte ich Kaffeepulver, weil ich mit meinem vollgeladenen Löffel die Kaffeemaschine nicht treffe….möp….nachdem das geschafft ist, und die Maschine vor sich hintuckert schlappe ich mit meinen hello kitty Hausschuhen zu meinem Kleiderschrank. Jeans, Chucks, Pulli und Leckerjacke. Schlürfe meinen Kaffee und frühstücke eine Zigarette. „Auf geht’s.“

Auf dem Weg zur Arbeit keine größeren Vorkommnisse, bis auf die Oma die mir den Schlaf im Gesicht zwar ansieht, aber trotzdem das penetrante Bedürfnis hat sich mit mir über das Wetter zu unterhalten. Ich nicke schwach und versuche zu Lächeln. Sie steigt aus. „Halleluja.“ Um niemandem anderem mehr die Chance zu geben mich anzuquatschen, fische ich meinen Mp3 Player aus meiner Tasche und stöpsle mir die Hörer ins Ohr. Ruhe.

Ich vergesse die Bahnfahrt die Menschen um mich herum. alles wirkt wie in einem Film. Die Klavierklänge die aus meinem Ohrhörer strömen beruhigen mich. Ich steige aus. Laufe durch die Menschenmenge aber es macht mir nichts mehr aus.

Und plötzlich bin ich wieder zurück, im Regen, auf meiner Parkbank, auf meinen Pumps starrend und mit einer fast abgebrannten Zigarette in der rechten Hand. Plötzlich bin ich wieder im jetzt und hier und nicht bei meinem morgendlichen Aufstehzirkus.
Meine beste Freundin ist mit einem Typen abgezogen, eine Stunde lang war sie verschwunden, bis ich mich entschied nach Hause zu gehen. So wie es alle anderen vorher schon längst getan hatten. Ihr Handy hat sie nicht mehr abgenommen. Also entschloss ich mich genervt alleine nach Hause zu laufen bevor mich der nächste Betrunkene Vollpfosten fragen konnte: „Na auch alleine hier?!“ Der Tag war ja eh schon nicht meiner, also lieber Heim und ins Bett und versuchen Schafe zu  zählen um wenigstens diese Nacht schlafen zu können.

Die Meldodie des Klavierstücks surrt noch durch meinen Kopf. Was würde ich jetzt für meinen Mp3 Player geben und für diese Stück. So, dass ich wie heute morgen, einfach nach Hause schweben könnte.
In meinen Gedanken und der der Melodie versunken bemerke ich nicht, wie sich mir ein junger Mann nähert. Er hat die Hände in den Hosentaschen. Blickt auf den Boden und auf die Schuhspitzen seiner Chucks. Vor ihm steht mein Pumps, verdutzt schaut er ihn an, schaut mich an, aber ich bemerke es nicht. Er bückt sich und befreit meinen Pump aus seinem Pflastergefängnis.

Langsam geht er auf mich zu, er merkt, dass ich vor mich hin träume und eigentlich gerade mit meinem Bewusstsein auf irgendeiner Sphäre schwebe.
Schüchtern, etwas verschmitzt, neigt er leicht den Kopf zur Seite und lächelt mich an, langsam nehme ich ihn wahr und entziehe mich aus meinem Delirum das gefüllt ist mit Klavierarkorden.
„Gehört der dir,“ frägt er und hebt den Pump nach oben. Ich muss lachen, nehme linken Schuh und sage. „Jap, sieht wohl so aus.“ Süß ist er denke ich. Aber blamiert hast du dich gerade, der muss denke du bist eine Irre. Wie du da sitzt auf der Bank, völlig abgeklärt und abwesend, mit Schuh und Tasche neben dir und mit dem aussehen den ersten Preis in einem „Wetpudel-Contest“ gewinnen zu können.
Doch er scheint sich gar nicht zu wundern. Er frägt auch nicht was ich da tue oder warum ich meinen Schuh verwaisen lasse.

Nein, anstatt dessen, macht er einen Schritt auf mich zu, kniet sich vor mich hin und sagt: „Hier Cinderella, dein Schuh.“ Da ich weiß, dass es nur ein Scherz ist und er dazu ganz spitzbübisch grinst, lasse ich es zu, dass er mir den Schuh anzieht. Bei jedem anderen wäre es ein blöder Anmachspruch gewesen und in meiner Laune hätte ich ich wahrscheinlich rund gemacht, wie schleimig denn sowas sei und ob er nicht auch noch findet, dass meine Augen perfekt zu seiner Bettwäsche passen.
Aber er, er meint es ganz nett und eigentlich, ist es ja auch ganz kreativ in der Situation. Ich hätte mich nicht angesprochen in meiner „ich-bin-nicht-auf-dieser-Welt-Haltung“. Ich muss lachen. Schlüpfe in den Schuh den er mir so nett bereit hält. Schlüpfe in meinen zweiten Pumps und grinse.
„Scheiß Tag gehabt?“ frägt er. Als würde er es mir ansehen, „Ja,“ murmle ich. er antwortet nur: „Ja ich auch.“

Verlegen frägt er ob er mich zu Mc Donalds einladen darf und ich strahle über da ganze gesicht. „Yeah fastfood,“ sage ich begeistert, das einzig Wahre nach eine „bad-hair wethair und überhaupt blödday“.
Zwei Cheesburger später und meine Welt ist wieder in Ordnung. Mit der Cinderella-Aktion hat er mich nicht überzeugt, aber mit der Seelenverwandtschaft im Bezug auf die Vorliebe für „nächtliche Cheesburger Vermampfung“ und den intuitven Art zu wissen, dass ich einen scheiß Tag hatte und genau das gebraucht habe: einen Witz, einen Cheesburger und einen verkappten Märchenprinzen.
// ella