mit dem neuen Buch von Michaela Marzano.
// „Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung“ ist kein Buch, das du einfach so in die Ecke schmeißt, nachdem du es gelesen hast. Michela Marzano trifft dich mitten ins Herz, packt dich und lässt dich auch nach der letzten Seite nicht mehr los. Das hier ist kein Roman, der nur erzählen will – er stellt sich zwischen dich und deine bequemen Denkmuster und zwingt dich, hinzuschauen, nachzudenken und zu fühlen. Anna, die Protagonistin, lebt in Paris, aber ihre Wurzeln sind italienisch. Sie ist Journalistin beim Radio, sie unterrichtet an der Uni, und sie beginnt, ihre eigenen Erfahrungen mit Macht und Sexualität zu reflektieren. Was das Buch so stark macht, ist, dass es keine einfachen Antworten liefert. Stattdessen zieht es uns Leser tief hinein in die Grauzonen der menschlichen Beziehungen. Marzano gibt uns nicht die Erlösung eines klaren Endes.
Stattdessen bietet sie kluge Fragen und eine Sichtweise, die so frisch und herausfordernd ist, dass man sich immer wieder ertappt fühlt, wie man selbst festgefahrene Ansichten hinterfragt. Man könnte meinen, der Roman sei ein Beitrag zur #MeToo-Debatte – und das ist er auch. Aber er ist so viel mehr. Er ist ein unerschrockener Blick auf das, was es bedeutet, eine Frau zu sein, mit all den unausgesprochenen Erwartungen, die damit einhergehen. Er fordert dazu auf, sich dem Unerträglichen zu stellen – den ständigen kleinen Verrätereien, den gesellschaftlichen Strukturen, die uns in bestimmte Rollen pressen. Es gibt keine pathetischen Momente oder übertriebenen Dramen. Marzanos Sprache ist präzise und nüchtern, fast schon sachlich – und gerade das verleiht ihren Worten so viel Kraft. Ihre Erzählweise hat etwas Kathartisches. Der Text verlangt von uns, die eigene Bequemlichkeit abzulegen und sich dem Schmerz, der Scham und der Schuld zu stellen. Aber es ist eine lohnende Auseinandersetzung. „Ich warte noch immer auf eine Entschuldigung“ ist ein Buch, das man nicht nur liest, sondern das man erlebt. Es ist ein Aufruf zum Nachdenken, zum Hinterfragen, zum Diskutieren. Und am Ende bleibt ein leises Echo, das dich noch lange begleitet. Michela Marzano hat einen Roman geschrieben, der unbequem und wichtig ist – und der in jedem Bücherregal seinen Platz finden sollte.
UND WAS NUN?