// presswerke vol. (2)44 – „holidays in the sun“

mit der neuen Live-LP von den Sex Pistols. // Es gibt Live-Alben, die die rohe Energie eines Konzerts einfangen – und dann gibt es Live In The U.S.A. 1978: Dallas 10th January, Longhorns Ballroom. Diese limitierte Vinyl-Edition der legendären Sex Pistols ist keine sterile Aufnahme, kein glattgebügeltes Produkt für den Massenmarkt. Nein, sie ist das […]

mit der neuen Live-LP von den Sex Pistols.

// Es gibt Live-Alben, die die rohe Energie eines Konzerts einfangen – und dann gibt es Live In The U.S.A. 1978: Dallas 10th January, Longhorns Ballroom. Diese limitierte Vinyl-Edition der legendären Sex Pistols ist keine sterile Aufnahme, kein glattgebügeltes Produkt für den Massenmarkt. Nein, sie ist das akustische Äquivalent eines Faustschlags, ein brutales, ungefiltertes Dokument einer Band, die in diesem Moment bereits am Rand des Zusammenbruchs stand – und genau deshalb so verdammt gut klang. Wenn die Nadel auf das makellose weiße Vinyl trifft und das knisternde Intro/Radio Ad erklingt, fühlt man sich sofort in eine andere Zeit katapultiert. Es ist der 10. Januar 1978, Texas, der Longhorns Ballroom – eine eigentlich für Country-Acts vorgesehene Location, in der sich nun eine zerrissene, aber furchtlose Band durch eine Setlist kämpft, die Punkgeschichte geschrieben hat. God Save The Queen explodiert förmlich aus den Lautsprechern, eine höhnische, sarkastische Abrissbirne gegen das Establishment.

Johnny Rottens Stimme ist ein dreckiges, wütendes Grollen, das die Anspannung und Verachtung spürbar macht. I Wanna Be Me folgt direkt – ein Song, der fast trotzig klingt, als wüsste die Band bereits, dass ihre Zeit gezählt ist. Das rohe, ungeschönte Live-Feeling macht diese Aufnahme so besonders. Der Sound ist dreckig, verzerrt, ungehobelt – genau das, was ein echtes Sex-Pistols-Konzert ausmacht. New York und EMI werden mit einer fast manischen Energie gespielt, während Bodies mit seiner brutalen Direktheit eine Gänsehaut verursacht. Man spürt die aggressive Stimmung im Raum, hört das Chaos zwischen Band und Publikum. Hier gibt es keine glatten, nachproduzierten Studio-Tricks – jede Unvollkommenheit, jeder schräge Ton gehört genau so dazu. Die B-Seite ist ebenso gnadenlos. Belsen Was A Gas ist eine provokante Wucht, bevor Holidays In The Sun mit seinem stampfenden Rhythmus und den bedrohlichen Gitarrenriffs den Puls hochtreibt. Pretty Vacant kommt mit einer fast schon ironischen Leichtigkeit daher, während Anarchy In The UK – der Song, der Punk für immer verändert hat – als pure Eskalation durch die Lautsprecher donnert. Der finale Track No Fun ist dann das ultimative Statement: eine höhnische, nihilistische Hymne, ein verzweifelter Mittelfinger an die Musikindustrie und die Erwartungen der Zuhörer. Was dieses Album so besonders macht, ist nicht die musikalische Qualität – sondern die Geschichte, die es erzählt. Wenige Tage nach diesem Auftritt lösten sich die Sex Pistols auf, Johnny Rotten verließ die Band, und eine Ära ging zu Ende. Live In The U.S.A. 1978 ist somit nicht nur ein Live-Mitschnitt, sondern ein historisches Dokument. Es ist der Sound einer Band, die sich selbst zerstörte – aber dabei eine der größten Rebellionen der Musikgeschichte hinterließ. Das limitierte weiße Vinyl ist dabei nicht nur ein optisches Highlight, sondern ein Symbol: makellos in der Erscheinung, chaotisch und ungebändigt im Klang. Wer die rohe Essenz des Punk spüren will, wer erleben möchte, wie es sich anfühlt, am Abgrund zu tanzen – der braucht dieses Album in seiner Sammlung. Live In The U.S.A. ist nicht einfach nur Musik. Es ist ein Stück Musikgeschichte, festgehalten auf Vinyl, das niemals altern wird.